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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall
Autoren: Brian Clegg
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Erde – 18  Grad Celsius und läge somit ungefähr 33  Grad Celsius (oder 60  Grad Fahrenheit) unter dem derzeitigen Mittelwert.
    Ebenso dürfte die Erde nicht viel kleiner sein, um über ausreichend Sauerstoff für die Entwicklung von Leben zu verfügen. Hätten wir nicht unseren ungewöhnlich großen Mond, der als riesiges Gyroskop fungiert und uns stabilisiert, wären die klimatischen Bedingungen auf der Erde niemals stabil genug gewesen, um Leben entstehen zu lassen. All dies scheint sich zu einem Dasein zu summieren, das so sorgfältig ausbalanciert ist, dass sich die Frage aufdrängt, wie dies vonstattengegangen sein könnte.
    Der Frage auf den Grund zu gehen, warum die Erde diese Feinabstimmung aufweist, die die Existenz von Leben ermöglicht, stellte eine gewisse Herausforderung dar. So wies zum Beispiel Fred Adams von der University of Michigan in Ann Arbor anhand eines ausgesprochen simplen Modells der Sternentstehung nach, dass ungefähr ein Viertel aller möglichen Universen über Energiequellen verfügt, die die Entstehung von Leben zu fördern imstande wären. Was jedoch nicht bedeutet, dass in diesen Universen auch alle anderen Parameter gegeben wären, die Voraussetzung für die Entstehung von Leben sind.
    Wir leben in einer derart perfekten Ökosphäre – nicht zu heiß und nicht zu kalt, sondern wohltemperiert –, dass es für viele von uns längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, in einem maßgeschneiderten Universum beheimatet zu sein, dessen Umweltbedingungen scheinbar eigens an den Bedürfnissen des Menschen ausgerichtet wurden. Dies stellt zweifellos die Sichtweise christlicher Kreationisten dar, die glauben, die in der Genesis verzeichnete Schöpfungsgeschichte sei die einzig wahre. Den Schöpfungsakt von den genau aufeinander abgestimmten Umweltbedingungen abzuleiten, die die Entwicklung intelligenten Lebens erst ermöglichen, wird als «starkes anthropisches Prinzip» bezeichnet. Dieses besagt, dass die fundamentalen Parameter unserer Existenz in einer Weise gestaltet sind, die nur den Schluss zulässt, dass es hinter den Kulissen unseres Daseins irgendeine übergeordnete Macht geben muss, die die Fäden zieht.
    Diese Theorie stößt selbst unter den Wissenschaftlern auf recht wenig Gegenliebe, die mit dem schwachen anthropischen Prinzip konform gehen, das einfach besagt: «Es gibt uns, folglich müssen die fundamentalen Parameter unserer Existenz dergestalt beschaffen sein, dass unser Dasein möglich ist, wären wir doch andernfalls nicht hier und somit in der Lage, diese zu beobachten.» Darin liegt eine unbestreitbare Logik, auch wenn das schwache anthropische Prinzip in Wirklichkeit einen Zirkelschluss darstellt. Realistisch gesehen ist es als wissenschaftliche Theorie unbrauchbar, lässt es sich doch auf die Kernaussage reduzieren: «Wir müssen zu existieren in der Lage sein, weil es uns gibt.»
    Begnügen wir uns vorerst mit der Erkenntnis, dass unser Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen, und unser kausalitätsgesteuertes Denken im Laufe der Geschichte eine Vielzahl unterschiedlichster Mythen hervorgebracht haben – von denen einige eine beängstigende Komplexität aufweisen –, um die Entstehung des Universums zu erklären. Daneben wartet die Wissenschaft mit ihren Erklärungen auf; bevor wir jedoch die Brücke schlagen von den kosmologischen Mythen zu den wissenschaftlich fundierten Erklärungen, sollten wir den Gegenstand unserer Betrachtungen genau kennen und wissen, was das Universum eigentlich ist.

[zur Inhaltsübersicht]
    3. Was und wie groß?
    Wehe dem, den ich in meiner Abteilung dabei erwische, wie er über das Universum redet.
    Ernest Rutherford (1871–1937)
    Zitat aus «Sage: A Life of J. D. Bernal»
(Maurice Goldsmith)
    Was meinen wir mit «das Universum»? Wie groß ist dieses Gebilde? Wie lange existiert es schon? All dies sind grundlegende Fragen, deren Antworten oftmals als selbstverständlich betrachtet werden. So finden wir zum Beispiel in vielen Büchern und auf Websites den Hinweis, dass das Universum etwa 13 , 7  Milliarden Jahre alt ist, erfahren jedoch nur in den seltensten Fällen, woher diese Zahl stammt oder woher die Zweifel rühren, die ihr anhaften. Doch wenn wir nicht wissen, welches die Vorläufer der derzeit gängigsten Theorie waren und wie diese ominösen 13 , 7  Milliarden Jahre zustande kamen, sind wir nicht in der Lage, uns mit der Wissenschaft auseinanderzusetzen, die sich mit der vor dem Urknall liegenden
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