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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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bezieht sie eigentlich auf das von Napoleon unterworfene Deutschland, auch da noch ein Flickenteppich von Kleinstaaten, man könnte sagen, Stammesgebieten. Die Besatzer, die Truppen Napoleons, hasste man, empfand sie aber gleichzeitig als überlegen und kultivierter, nicht zuletzt, weil ihre Sprache komplexer war als die Geräusche, mit denen sich die Deutschen verständigten. Kein Wunder also, dass auch der deutsche Adel, ja alle, die etwas auf sich hielten, anfingen, französisch zu sprechen.
    Schwanitz’ These lässt sich allerdings ebenso gut auf die Germanen zur Zeit des Römischen Reiches übertragen. Die Römer waren unseren Vorfahren in jedem Fall überlegen, weit entwickelt und kultiviert. Trotzdem schafften auch sie es nicht, die Wildnis östlich des Rheins zu kontrollieren, im Gegenteil, ebenso wie die Taliban in Afghanistan, vereinigten sich die einzelnen Germanenstämme angesichts der Gefahr von außen. Die Germanen hatten den längeren Atem und besiegten die Römer schließlich vollends.
    Wie war das möglich, wo doch der technologische Abstand zwischen Germanen und Römern mindestens so groß war wie der zwischen Taliban und US -Truppen? Und nicht nur der. Werfen wir doch mal einen genaueren Blick auf die Lebensumstände unserer Vorfahren.
    Die Zeitschrift
Schöner Wohnen
war keine germanische Erfindung
    Der Lebensstandard der Germanen war für einen stilbewussten Metropolenbewohner wie den Gelehrten Plinius aus Rom ein Kulturschock. Es gab auf dem Gebiet des heutigen Deutschland keine einzige Brücke: Der Germane schwamm halt durch die Elbe, wenn es sein musste – und ertrank dabei, wenn es sich nicht verhindern ließ.
    Es gab bei uns nicht ein einziges mehrstöckiges Bauwerk, kein Open-Air-Theater wie das Kolosseum in Rom, keine gepflasterten Plätze, keine Marmorsäulen – nur Matsch. Ein Mann wie Plinius verbrachte seine Freizeit hingegen in einem Appartement, das auf einen eigenen Innenhof mit kunstvoll gestalteten Wasserbecken hinzeigte, einem
Impluvium
. Alle Räume waren gefliest, die Decken vertäfelt, voller Intarsien, der Putz mit Fresken bemalt, Schreibpulte und Beistelltischchen besaßen gedrechselte Füße. Plinius hatte höchstwahrscheinlich einen geschlossenen Ofen, wenn nicht sogar eine Fußbodenheizung mit Fernwärme, für die das Wasser damals zentral erhitzt und unter die Böden geleitet wurde. Er konnte an einem Stehpult arbeiten, sich auf einen Stuhl mit einer elastischen Sitzfläche aus geflochtenen Lederriemen niederlassen oder gleich in einem bequemen Korbsessel Platz nehmen und dabei durch die Balkontür auf den Feierabendverkehr hinabschauen. Kein Wunder, dass er angesichts dieses Luxus ein vernichtendes Urteil über die Germanen fällte: Sie würden in «elenden Hütten» leben.
    Diese elenden Hütten nennt man gemeinhin Langhaus, da sie einen Grundriss von ca. neun Metern Länge, aber nur fünf Metern Breite hatten. Dies entspricht noch heute dem Standardgrundriss vieler deutscher Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Vergessen Sie einfach den Partykeller und die oberen Etagen, und stellen Sie sich nur das Erdgeschoss vor, in dessen Außenwände große Löcher geschlagen sind, die mit Ästen und Lehmmatsch verputzt wurden – schon haben Sie das klassische Langhaus vor Augen. Diese primitive Bauweise hat sich in den Fachwerkhäusern zwischen Lüneburg und dem Harz im Prinzip bis heute erhalten. Nur lebte darin damals nicht ein Paar mit zwei Kindern, sondern ein Germane mit seiner Frau, mehreren Söhnen und Töchtern, Enkelkindern und den eigenen Eltern, dazu ein paar Brüder und Schwestern mit ihren Partnern, Kindern und Enkeln. Geschlafen wurde auf einer harten Bank, die sich an der kompletten Hauswand entlangzog.
    Damit es mit den Verwandten nicht zu langweilig wurde, wohnten auch sämtliche Tiere im Haus. Der Vorteil: Mit jeder Kuh sparte man Feuerholz, sie geben viel Wärme ab. Dennoch gab es natürlich ein offenes Feuer in der Raummitte, was mangels Abzug für enorme Raumentwicklung im Langhaus sorgte.
    «Sie schlafen viel, kein Wunder, ist doch das halbe Jahr bei ihnen Winter.» Dies war eine weitere Erkenntnis der Römer. Zumindest die endlosen feuchtnassen Winter haben wir uns bis in die Gegenwart erhalten.
    Germanisches Frühstück: Müsli
    Bei den Germanen gab es noch kein Brot, man kannte es zwar, aber seine Herstellung war zu aufwendig für den Alltag. Stattdessen aß man Müsli, eher eine Art Pampe (obwohl Müsli strenggenommen auch Pampe ist): geriebene
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