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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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dennoch gut an. Verständlich: Angenommen, man sitzt zum Ende des Jahres panisch zu Hause, sortiert Belege für die Steuererklärung, schreibt im Akkord Neujahrsgrußkarten und weiß noch nicht, auf welche Silvesterparty man überhaupt gehen soll – und dann erfährt man in der Tagesschau, dass das Jahr wegen grober Abweichung von den Jahreszeiten um elf Wochen verlängert wird. Ja Mensch, da kann man doch nur dankbar sein! Elf Wochen geschenkt, um endlich einmal alles zu schaffen, was man sich vorgenommen hat!
    Das Problem mit allen Kalendern: Die Erde hat die schrullige Angewohnheit, die Sonne in einer sehr krummen Zeitspanne zu umfliegen, in 365  Tagen, 5  Stunden, 49  Minuten und zwölf Sekunden. Würde man die fünf Stunden und die paar Minuten einfach an jedes 365 -Tage-Jahr ranhängen, bis die Erde ihre Runde endlich ganz beendet hat, müssten wir Silvester bei einem sehr frühen Frühstück die Raketen steigen lassen und einen Sekt trinken. Auch wenn das für einige ganz normal sein mag, sinnvoll ist es sicherlich nicht.
    Zum Glück hatte schon Cäsars Kalenderbeauftragter Sosigenes die Idee, diese paar Stunden einfach zu sammeln, bis sie nach vier Jahren zusammengerechnet einen Extratag ausmachen: So entstand das Schaltjahr. «So, so, Sosigenes, du bist wohl ein ganz Schlauer», soll Cäsar gemurmelt haben. Also, falls Sie am 29 . Februar Geburtstag haben und deshalb nur alle vier Jahre Geschenke bekommen: Cäsar ist schuld, er hat den Kalender beauftragt und ihm seinen Namen gegeben:
Julianischer Kalender
. Genau genommen müsste er zwar nach seinem Erfinder Sosigenischer Kalender heißen, aber wer zahlt, bekommt auch die Ehre.
    Trotzdem war auch dieser Kalender nicht exakt, sondern elf Minuten zu lang. Das ist bei den alten Römern nicht mehr groß ins Gewicht gefallen. Doch viel später, im Mittelalter, fehlten die elf Minuten auf dramatische Weise. Wer jahrelang jedes Jahr elf Minuten verpulvert, die nicht ihm, sondern dem nächsten Jahr gehören, der hat nach einem Jahrtausend schon eine ganze Woche geklaut. Und tatsächlich: Bis zum Ende des Mittelalters waren wieder die Jahreszeiten verrutscht. Deshalb mussten die Bürger im Jahr 1582 eine ganz andere Kalendererfahrung machen als einst die Bürger Roms. Ihnen wurde mitgeteilt, dass auf Donnerstag, den 4 . Oktober, Freitag, der 15 . Oktober folgen würde. Zehn Tage einfach so futsch! Was für ein Stress! Zehn Tage, die holt man nicht einfach so auf, die Hektik vererbt man seinen Kindern, Generation für Generation. Ich glaube, diese 240  Stunden fehlen uns noch heute.
    Aber im Ernst, durch das Überspringen von zehn Tagen und eine Verfeinerung der Schaltjahre ist der im Jahr 1582 erlassene Kalender so genau, dass er bis heute gilt.
Gregorianischer Kalender
heißt er, benannt nach Papst Gregor  VIII . Wir benutzen ihn täglich. Seine verbleibende Ungenauigkeit beträgt nur noch vier Sekunden. Erst im Jahr 3000 kommt da ein Tag Abweichung zusammen.
    Bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders gab es in Deutschland schon Protestanten, die ihrem Namen alle Ehre machten und sofort aufbegehrten. Ohne uns, macht euren neuen Kalender doch alleine! So feierten Protestanten und Katholiken Ostern einige Jahre lang zu unterschiedlichen Zeiten. Gibt dann ja auch weniger Staus. Das hat man in Deutschland mit den versetzten Ferien beibehalten.
    Die Chinesen haben sich noch länger verweigert und sind erst mehrere Jahrhunderte später zu dem neuen Kalender übergelaufen.
    Natürlich ist es praktisch, wenn alle denselben Kalender benutzen, wenn man in einem Café den nächsten Termin absprechen möchte. Wobei ich als Geschichtsbesessener finde, dass es einen großen Reiz hat, im Jahr 2013 eine Lufthansa-Maschine in Frankfurt zu besteigen und nach fünf Stunden Flug auf dem Flughafen, dem
Imam Khomeini Airport
in Teheran, im Jahr 1435 zu landen. Denn nach dem islamischen Kalender befände ich mich in diesem Jahr. Hat man ein Faible fürs Technische, könnte man sich dann freuen, dass es bereits im Jahr 1435  Handys gibt.
    Auch die Kommunisten fragten sich nach der Oktoberrevolution 1917 , wieso sie einen Kalender benutzen sollten, der auf der Geburt des Sohnes Gottes beruht, wo man doch mit dieser Religion nichts zu tun haben wollte. Der Mut reichte allerdings nicht dafür, einen stalinistischen Kalender einzuführen, gäbe es ihn, befände sich die Linkspartei heute im Jahr 135 n. Stalins Geburt.
    Warum erzähle ich das Kuddelmuddel um die Kalender, die
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