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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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Krieges geboren wurde und nur dreißig Jahre alt geworden ist, der hat wirklich Pech gehabt. Aber auch nur, wenn er in deutschen Landen lebte: Der Rest der Welt bekam von dem Gemetzel nichts mit.
    Aber spätestens im 20 . Jahrhundert herrschte doch ständig Krieg, oder? Tatsächlich: In diesem Jahrhundert kamen mehr Menschen in Kriegen um als je zuvor. Und trotzdem. Der amerikanische Psychologe Steven Pinker hat unter dem Titel «The better angels of our nature. Why violence has declined» (im Deutschen unter dem weniger treffenden Titel «Gewalt» erschienen) ein hoffnungsvolles Buch geschrieben. Auf über eintausend Seiten weist der Amerikaner nach, wie die Gewalt im Alltag und in der Gesellschaft über die Jahrhunderte hinweg stetig abgenommen hat. Noch vor hundert Jahren gab es bei uns mehr Morde, mehr Überfälle, mehr häusliche Gewalt als heute.
    Wer dieser Tage einem Verlag ein Kinderbuch vorschlägt, wird nach der Story gefragt. Wenn man dann antwortet: «Tja, ich dachte an einen Jungen und seine Schwester, die von ihren Eltern im Wald ausgesetzt werden», ist es nicht unwahrscheinlich, dass man skeptische Blicke erntet: «Wie bitte, wollen Sie die Kinder traumatisieren?» – «Warten Sie: Die beiden werden im Wald von einer Frau gefangen gehalten, die den Jungen mästen und dann essen will. Zum Glück kann seine Schwester die Frau in den Ofen schubsen, wo sie verbrennt.» – «Und Sie meinen, das ist etwas, was Kinder lesen sollten?»
    Das Beispiel zeigt, wie selbstverständlich früher Gewalt im Alltag der Menschen war; sie hielt sogar im Märchen Einzug. Ob man das gutheißt, steht auf einem anderen Blatt.
    Selbst für das blutrünstige 20 . Jahrhundert stellt Pinker nüchtern fest, dass die Menschen den größten Teil der Zeit in Frieden lebten: Vier Jahre dauerte der Erste Weltkrieg und knappe sechs Jahre der Zweite Weltkrieg. So verbleiben rund neunzig Jahre dieses Jahrhunderts, in denen die Menschen in Deutschland einigermaßen in Frieden lebten, selbst wenn man die gesamte NS -Zeit mit ihrem Terror abzieht, bleiben noch 84  Jahre Frieden.
    Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte in keinster Weise Kriege verharmlosen, besonders nicht den Zweiten Weltkrieg. Doch ich bin der Ansicht, dass der Historiker nicht nur Kriegsberichterstatter sein sollte – sonst erfahren wir nie von den guten Kräften, die in den Menschen schlummern. Hoffnung und Optimismus sind das Einzige, was uns weiterbringt.
     
    Neben der endlosen Abfolge von Kriegen gibt es einen weiteren Grund, warum viele Menschen sich scheuen, sich mit Geschichte zu beschäftigen: Es ist der Berg an Jahreszahlen, der zu jedem historischen Ereignis gehört. Lehrer lieben Jahreszahlen, da sie sich so schön abfragen lassen. Dabei verheimlichen sie, dass Jahreszahlen nur ein vermeintlich genaues Instrument für eine zeitliche Einordnung und oftmals viel vager sind, als wir gemeinhin annehmen. Nicht mal Jesus wurde an seinem Geburtstag geboren, sondern rund acht Jahre später, trotzdem baut unser ganzer Kalender auf seinem ersten Geburtstag auf. Eigentlich sind wir also alle acht Jahre jünger!
    Jahreszahlen ergeben schon deshalb keinen Sinn, weil die längste Zeit überhaupt nicht klar war, was und wie lang ein Jahr überhaupt ist. Schon die alten Griechen wussten zwar, dass sich die Erde um die Sonne dreht und legten fest, dass ein Jahr die Zeit ist, die unser feiner, emsiger Planet für diese Runde braucht, ohne auch nur einmal für ein kleines Päuschen rechts ranzufliegen.
    Allein, ein Kalenderjahr zu erfinden, das genau der Zeitspanne einer Erdfahrt um die Sonne entspricht, geriet schwerer als gedacht. Sie kennen das Problem: Ostern suchen wir Schokoladeneier im Schnee, im Winter fahren wir im Skigebiet über Matschwiesen ins Tal, dafür herrschen beim Grillfest im August derart frostige Temperaturen, dass man sich in Skiklamotten auf die Terrasse setzt. Im Sommer ist es zu kalt, im Winter zu warm. Es ist bis heute scheinbar nicht gelungen, einen Kalender zu erfinden, an den sich die Jahreszeiten halten.
    Schon Julius Cäsar war von den ungenauen römischen Kalendern so genervt, dass er sich einen exakten Kalender schreinern lassen wollte, denn bis 56  v. Chr. hatten sich die Jahreszeiten so extrem verschoben, dass sich ein Jahr auf 445  Tage verlängert hatte. Dieses Jahr ist als
Annus confusionis
in die Geschichte eingegangen – und wir müssen nicht das große Latinum haben, um das Wort
konfus
herauszulesen.
    Cäsars Idee kam
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