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Von jetzt auf gleich

Von jetzt auf gleich

Titel: Von jetzt auf gleich
Autoren: Caprice Crane
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an meinen Gefühlen, Ansichten etc., und mein lieber Stiefvater kam mit der Lösung daher (die einfach schrecklich war, aber mein kindisches Benehmen war mir so peinlich, dass ich es nicht mehr rückgängig gemacht habe): Sie würden mir eine Kopie jeder einzelnen E-Mail schicken, die sie einander schrieben. Meistens hatten diese Mails nicht das Geringste mit mir zu tun und bewegten sich auf einer Skala von profan über lächerlich bis hin zu »Oh Gott, das geht mich nichts an, warum nur, warum wollt ihr, dass ich das lese?!?«
    Zum fünfzigsten Mal entschied ich, dass ich dem einen Riegel vorschieben würde. Ich griff zum Hörer und rief meine Mom an, die mich erst mal in der Leitung hängenließ, während sie in schrecklichem Spanisch ungefähr sechs Minuten lang mit der Haushälterin sprach, die es seit über zehn Jahren in diesem Haus aushielt, wofür es nur eine mögliche Erklärung gab: eine gläubige Katholikin, sie musste scharf auf die Heiligsprechung sein. Als meine Mutter ihre Aufmerksamkeit schließlich wieder dem Telefon schenkte, fragte sie mich, ob Dirk, mein Freund, mit zum Thanksgiving-Dinner kommen würde.
    Der Ordnung halber: Ich hätte nie gedacht, dass ich mal mit einem Typen ausgehen würde, der Dirk heißt (oder Kip oder Chet), aber Dirk war auch nicht sein richtiger Name. Er hieß Michael Dirkston, es gab jedoch einige Michaels in seiner Schule, also wurde sein Nachname auf Dirks abgekürzt, dann wurde daraus Dirk, und dabei blieb es. Zuerst war Dirk nicht sehr begeistert von seinem Spitznamen, aber als er herausfand, dass Dirk ein schottisches Wort für ›langer Dolch‹ war, entschied er, dass das passte.
    »Nein, Mom«, sagte ich, »das habe ich dir doch schon gesagt. Dirk schafft es an dem Abend nicht. Er ist beschäftigt.«
    »Zu beschäftigt für dich?«, fragte sie, und ich konnte durch das Telefon hören, wie sie ihre Augenbrauen hochzog.
    »Ja, zu beschäftigt für mich.« Es lohnte sich nicht zu diskutieren.
    »Ich verstehe das nicht.«
    »Er hat seine eigene Familie, Mom.«
    »Für die Männer in meinem Leben hatte ich immer die oberste Priorität.« Jaaa, deshalb hatte ihr erster Ehemann sie verlassen, als ihre Tochter fünf Jahre alt war. »Und Dirk ist ein wunderbarer Kerl, Jordan. Hast du irgendwas falsch gemacht?«
    »Nein, ich habe nicht das Geringste falsch gemacht. Es sei denn, mit ihm zusammen zu sein wäre falsch. Er wird zu seiner Familie gehen.«
    Es wurde immer davon ausgegangen, dass es mein Fehler war, wenn etwas nicht genau nach Plan verlief. Außerdem kroch Dirk meiner Mutter in den Arsch und schmeichelte ihrem Ego jedes Mal, indem er von ihr als meiner Schwester sprach. Und er war Anwalt – er passte perfekt in den Rechtsanwalt/Doktor-Traum einer jeden Mutter für ihre Tochter –, also konnte er gar nichts falsch machen.
    Meine Mutter ist knapp 1,60 groß und wiegt ungefähr 50 Kilo. Sie ist die pure körperliche Perfektion. Ich bin 1,74 und das, was man normal nennen würde. Meine Mutter liebt es, mich darauf aufmerksam zu machen, dass sie sehr schmale Knochen hat, und so ist es auch bei ihrer Kopie, meiner Schwester Samantha. Die zwei tragen dieselben Klamotten, die ich mir nicht einmal anhalten würde, ohne Angst zu haben, dass die Nähte platzen. Keine von beiden versteht, wie ich so breite Knochen bekommen konnte. Und sie werden nicht müde, mir das immer wieder um die Ohren zu hauen.
    Ich war nicht wirklich unglücklich darüber, dass Dirk unser Familientreffen ausließ. Vorletztes Thanksgiving haben Sally und ihr dritter Ehemann mit dem Tranchiermesser Fechten gespielt, und bei einer geschickten Drehung hat Stewart versehentlich Walter in den rechten Unterarm gestochen. Walter scherzte, locker, wie er war, dass so lange kein Thanksgiving wäre, bis nicht einer niedergestochen wird. Beim letzten Thanksgiving war meine Mutter dank der Fülle von Neuigkeiten über den Nutzen für die Gesundheit auf einem fanatischen (sprich: psychotischen) Nuss-Trip und bestand darauf, dass jede Mahlzeit Nüsse enthalten müsse. Grüne Bohnen mit Mandeln? Gut. Süßkartoffeln mit gerösteten Walnüssen. Phantastisch. Pecan-Nusskuchen? Sicher. Aber Cashewnüsse in der Bratensoße? Einfach. Klar. Falsch. Und dann war da das Thanksgiving, als mein Cousin Jeff ein paar Sam Adamses zu viel getrunken hatte. Wir schauten uns die Cowboys an, während wir auf das Essen warteten. Gerade als der Aufstrich ausgelegt wurde, übergab sich Jeff genau neben der Füllung, und die optische
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