Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben
Autoren: Carla Berling
Vom Netzwerk:
also über dem Knick, wenn man die Zeitung einmal zusammenfaltet, den besten Platz hat, und dass Fotos, die man rechts platziert, eher beachtet werden als die auf der linken Seite.
    Der Job verträgt sich prima mit dem Familienleben, denn ich kann die Kinder zu Hühner- und Hasenausstellungen, Feuerwehrübungen und Schulfesten mitnehmen. Ich leihe mir von Freunden, Nachbarn und Verwandten das Auto, und mein Schwager borgt mir monatelang seine Kamera. Es ist, wieder einmal, der Anfang zu einem neuen Leben.
    Ich lerne, mit der Kamera und mit dem Computer umzugehen, lese Fachbücher über den Journalismus, studiere die Feuilletons der großen Zeitungen und lerne, lerne, lerne.
    Alles, was ich bisher getan habe, hilft mir bei meiner neuen Aufgabe: Die Kontakte aus der Zeit im Restaurant verhelfen mir zu Interviews. Durch die Modenschauen, bei denen ich im Bikini vor vierhundert Leuten im Kurhaus herumgelaufen bin, habe ich keine Probleme, mich angezogen vor eine Menschenmenge zu stellen und zu fragen, was ich wissen will. Die Zeit bei der Versicherung hat mich Konsequenz und Hartnäckigkeit gelehrt, mein Leben mit den Kindern Geduld und Verständnis.

Mein Talent ist Tausende wert!
    Mein erstes Buch schreibe ich tatsächlich 1999: Nicht den Roman, der nach wie vor im Schrank liegt, sondern ich schreibe ein Sachbuch. Allein die Formulierung: »Ich schreibe ein Sachbuch« klingt nach erfolgreicher Journalistin, finde ich, und so erzähle ich es auch jedem, der mir zuhört.
    Die Idee ist entstanden, als ich im Laufe der letzten Jahre bei der Zeitung viele Menschen mit Geldsorgen kennengelernt habe und erkannte, dass nicht alle mit ihren Geldsorgen so gut umgehen können, wie ich es gelernt habe. Nicht nur Denkanstöße will ich geben, sondern etwas Handfestes verfassen, mit einem Speiseplan und einer Einkaufsliste für einen ganzen Monat, preiswerten Freizeittipps für Familien, Vorschlägen für Geschenke und Garderobe. Vielleicht können meine Leser von meinen Erfahrungen profitieren?
    Das wird mein großer Durchbruch, da bin ich sicher. Das Buch wird in den Schaufenstern der Buchhandlungen liegen, es wird die Bestsellerliste im Spiegel anführen, und der widerliche Herr Diekmann von der Sparkasse wird statt des arroganten Gesichts demnächst einen Bückling vor mir machen. Das hat es doch noch nie gegeben, ein Buch über das Leben ohne Geld! Denke ich mir jedenfalls.
    »Auch ohne Moos was los« soll es heißen.
    »Ein Buch, aha«, konstatiert meine Schwester, als ich ihr und meinem Schwager davon erzähle. Dann sehen sie sich mit diesem Blick an, der besagt: »Jetzt dreht sie ganz durch.«
    Davon lasse ich mich nicht aufhalten. Ich fühle mich sicher: Schreiben habe ich ja nun gelernt, von der Pike auf. Meldung, Bericht, Kommentar, Glosse, Reportage, Serie, Kolumne – mein Repertoire ist beachtlich, finde ich. Sie haben mich bei der Tageszeitung alles lernen lassen, und ich habe es dankbar aufgesogen und gespeichert.
    Nach sechs Wochen ist das Buch fertig. Ich pfeife endlich wieder vor Stolz über meine Leistung. Einem befreundeten Mann, Akademiker, Pädagoge, erzähle ich: »Ich habe ein Buch geschrieben!»
    »Nein», sagt er kühl. »Ein Buch ist es erst dann, wenn ein Verlag es druckt.» Ich ducke mich schüchtern.
    Die Verlagssuche beginnt.
    Es ist ein Sachbuch, also brauche ich einen Sachbuchverlag. In der Stadtbücherei setze ich mich in eine stille Ecke und schreibe Verlagsadressen aus Sachbüchern ab. Dann verschicke ich dreißig freundliche Briefe mit dem Angebot, mein Werk zu veröffentlichen. Selbstbewusst weise ich darauf hin, dass dieses Angebot mit gleicher Post an dreißig Verlage geht – wer mir zuerst das beste Angebot mache, bekomme den Zuschlag, schreibe ich. Jawohl.
    Das Warten beginnt. Jeden Tag schließe ich den Briefkasten mit dem Gefühl auf, dass heute, jetzt, sofort das Angebot von Rowohlt, Piper oder Suhrkamp dabei ist. Dort würde ich nämlich am liebsten veröffentlichen. Eichborn ginge auch.
    Wochen vergehen, der ersehnte Brief bleibt aus. Doch das entmutigt mich nicht, im Gegenteil, es gibt schließlich nicht nur diese dreißig Verlage. Ich schicke mein Anschreiben an dreißig weitere.
    Endlich, nach Monaten, der erste Brief von einem Verlag. Eine Ablehnung. Und die kommen nun täglich – eine, fünf, zwanzig, vierzig; Formbriefe, unpersönlich und allgemein formuliert. Die haben offenbar gar nicht verstanden, was ihnen da angeboten wurde.
    Ich gebe nicht auf. Inzwischen habe ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher