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Vom Geist der Dorsai

Vom Geist der Dorsai

Titel: Vom Geist der Dorsai
Autoren: Gordon R. Dickson
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sie bereit waren.“
    „Aber einfach nur den Tod nicht zu fürchten …“
    „Sie verstehen das nicht, weil Sie nicht hier geboren sind“, sagte sie. „Es ging darum, in der Lage zu sein, Entscheidungen mit endgültigeren Konsequenzen zu treffen, als Menschen mit weniger stark ausgeprägtem Willen dazu fähig sind. Amanda und die anderen zur Beschlußfassung befähigten Distriktvertreter setzten sich zusammen und berieten eine Reihe von Plänen. Sie alle brachten Verluste mit sich – und zu den Opfern konnten auch jene gehören, die die Pläne erörterten. Sie entschieden sich für den, der dem Distrikt die höchste Verteidigungseffizienz gegenüber dem Feind und die geringste Anzahl von Toten versprach. Und nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatten, waren sie alle bereit, falls notwendig zusammen mit jenen zu sterben, die während des Kampfes fallen würden. Die angreifenden Soldaten hatten keine solche Übereinkunft getroffen – und wiesen nicht diesen Mut auf.“
    Hal schüttelte den Kopf.
    „Das verstehe ich nicht“, sagte er.
    „Weil Sie kein Dorsai sind. Und weil Sie sich nicht in jemanden wie die erste Amanda hineinversetzen können!“
    „Nein“, sagte er, „das kann ich nicht. Sie haben recht.“
    Er sah sie an.
    „Wie ging es vor sich?“ fragte er. „Wie hat sie … wie haben sie es geschafft? Ich muß es wissen.“
    „Sie müssen es wissen?“ Sie beobachtete ihn ruhig und unbewegt.
    Ja“, erwiderte er. Es gab so viele Dinge, die ihm nach wie vor ein Rätsel waren, Dinge, die er ihr bisher noch nicht dargelegt hatte. Da war zum Beispiel sein Besuch hier in Foralie, insbesondere jener Augenblick, als er durch die Tür trat. Man sagte, einige der hochgewachsenen Männer aus der Familie Graeme, wie zum Beispiel Ian und Kensie, die beiden Zwillingsbrüder und Onkel von Donal Graeme, hätten den Eingang völlig ausgefüllt, von Schwelle zu Sturz, von der einen Seite zur anderen. Hal hatte barfuß auf der Schwelle verharrt, und seine Haare hatten den Sturz berührt, so wie es bei den Graemes gewesen war. Doch im Gegensatz zu ihnen stießen seine Schultern nicht an.
    Es war möglich, daß sich dies nach seiner vollständigen Genesung und einigen Jahren weiteren Wachstums änderte. Aber es spielte keine Rolle. Was ihn beschäftigte – und worüber zu sprechen er bisher noch nicht hatte über sich bringen können –, war das plötzliche, brennende Gefühl der Verwandtschaft mit den Graemes: jener Eindruck, der aus dem Nichts kommend in ihm aufgeflammt war, als er auf der Schwelle gestanden hatte, so unerwartet wie ein jäher Schlag.
    „Ich muß es unbedingt wissen“, wiederholte er.
    „In Ordnung“, sagte sie. „Dann erzähle ich Ihnen jetzt, was sich damals zutrug.“

 
Amanda Morgan
     
    Aus Stein sind meine Wände, und aus Balken das Dach,
    Doch viel stärker sind die Hände des Schöpfers mein.
    Das Dach mag brennen und meine Steine brechen.
    Kein Krieg kann verdunkeln ihren Schein.
     
    Lied des Hauses Fal Morgan
     
    Amanda Morgan erwachte plötzlich. Dunkelheit umgab sie, und ihre Finger tasteten automatisch nach dem Feuerknopf, der schweren Hand-Ergschleuder. Sie hatte den Schrei eines Kindes gehört – oder geträumt, ihn gehört zu haben. Sie richtete sich weiter auf, erinnerte sich an Betta im Nebenzimmer und hatte den absurden Gedanken, ihre Ururenkelin sei zur Welt gekommen, ohne daß man sie verständigt hatte. Also mußte der Laut ein Teil ihres Traums gewesen sein.
    Sie blieb noch ein paar weitere Augenblicke still liegen und hatte das Gefühl, als sei sie noch von den Geistern alter Feinde umgeben, die durch das schlafende Haus schwebten. Der Schrei war in dem Traum ertönt, den sie gehabt hatte. Und in diesem Traum hatte sie noch einmal den vor langer Zeit erfolgten Sturzflug erlebt: auf dem Tragkissen hockend und mit der Ergschleuder in der Hand hinab zum ersten Desperadolager. Damals war Dorsai eine noch weitgehend unerschlossene Welt gewesen, und bei den in den Bergen liegenden Camps hatte es sich um Basen der arbeitslosen Söldner gehandelt. Sie hatte die Frauen des Foralie-Distrikts schließlich gegen die Männer in den Kampf geführt, die ihre Häuser so oft überfallen hatten – wenn die Berufssoldaten Kriege auf anderen Planeten bestritten.
    Das letzte, was die Desperados von einem Trupp Frauen erwartet hatten, war ein Frontalangriff am hellichten Tag. Aus diesem Grund waren sie völlig überrumpelt worden. In ihrem Traum hatte sie noch einmal die aus ihrer
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