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Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Titel: Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Carlson
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meiner Seite zu haben. Denn ich hatte keine Ahnung, wohin das alles noch führen mochte. »Die Wandlung war der reine Wahnsinn. Aber wie es zu der Verletzung gekommen ist, daran erinnere ich mich nicht.« Dann korrigierte ich mich. »Nein, das ist nicht ganz richtig. Ich habe eine klare Erinnerung an den Schmerz. Aber aus welchem Grund auch immer kann ich mich kaum an die Wiederkehr erinnern.«
    Mein Vater lehnte sich zurück. »Es ist nicht ungewöhnlich, wenn man sich bei der ersten Wiederkehr von seinem Wolf abkoppelt. Deine Wandlung war ein unerwartetes, traumatisches Ereignis. Ich sagte es ja schon: Wenn man dagegen ankämpft, kann es wirklich qualvoll werden. Deine Wölfin hat wahrscheinlich die Kontrolle übernommen, während deine menschliche Seite in einem Schockzustand verharrt ist. So was passiert. Es ist nicht gerade der ideale Ablauf, aber es passiert.«
    Ein bisschen war ich überrascht von seiner Reaktion. Aber ich war auch unendlich froh, dass er offenbar nicht vorhatte, mich so lange ans Bett zu ketten, bis ich mehr Kontrolle über die Vorgänge hätte. »Es hat sich nicht so angefühlt, als hätte ich einen Schock gehabt. Aber ich schätze, es ist durchaus möglich. Am Ende war es, als würde meine Wölfin einen Schalter zwischen uns umlegen und mir die Kontrolle zurückgeben. Bis dahin war ich sozusagen nur der Beifahrer. Kaum hatte ich das Steuer wieder übernommen, habe ich nur eine Nase von meiner Wunde nehmen müssen, und schon war ich ohnmächtig.« Der erste schwierige Augenblick in meinem Dasein als Werwölfin, und ich verlor die Besinnung, als gäbe es nichts Erstrebenswerteres.
    Mein Vater musterte mich einen Moment schweigend. Dann strich er sich mit einer Hand durch das Haar. Das tat er schon mal, wenn er gestresst war – sehr gestresst. Denn Stress so zu zeigen, verbot er sich normalerweise. »Tja.« Er räusperte sich. »Ich weiß nicht so genau, was da passiert ist. Aber es kann viele Jahre dauern, die Herrschaft über seinen Wolf zu erringen. Wenn deine Wölfin dir die Kontrolle freiwillig zurückgegeben hat, dürfen wir hoffen, dass du damit keine Probleme haben wirst.« Er beugte sich vor und musterte mich noch aufmerksamer. »Das ist ein Zeichen dafür, dass deine menschliche Seite stark ist, und das ist eine verdammt gute Sache!«
    Von Werwölfen wurde gefordert, dass sie unter Beweis stellten, den inneren Wolf in der Gewalt zu haben. Erst danach durften sie wieder in die Gesellschaft der Menschen zurückkehren. Der innere Wolf wollte, ja, forderte instinktiv die alleinige Vorherrschaft. Die menschliche Seite musste stark genug sein, um die Wolfstriebe zu jeder Zeit im Zaum zu halten. Ausnahmslos.
    Ich nagte an meiner Unterlippe.
    Ganz so ideal war es ja nun nicht abgelaufen. Ich wusste nur eines: Ich hatte meine Wölfin davon abgehalten, den Farmer zu töten. Aber ich hatte keine Ahnung, was zu tun wäre, sollte es erneut so weit kommen. Dennoch gab ich mich damit zufrieden, das Thema vorerst fallen zu lassen, und fragte stattdessen: »Woher wusstest du, dass ich mich wandle? Wie hast du mich gefunden?« Ich bin im Wolfshabitat aufgewachsen. Also wusste ich auch eine Menge über Wölfe. Aber man hatte mich auch über viele Dinge im Dunkeln gelassen.
    Ehe mein Vater antworten konnte, stürmte mein Bruder ins Zimmer. Seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er noch ein Stück gewachsen. »Wir haben dich gefunden, weil du stinkst,und Gestank ist leicht zu verfolgen.« Er warf sich neben mich aufs Bett und drängte mich ganz selbstverständlich zur Seite.
    »He, schön vorsichtig, du Riesenochse! Ich erhole mich hier von einer schweren Verletzung.« Kichernd zog ich das kaum noch schmerzende Bein an, um ihm Platz zu machen. Aber auch das reichte nicht. Denn er war ein Riesenkerl und das Bett geradezu winzig.
    »Dann bist du wohl nicht sonderlich stark, du schwaches Mädchen! Wäre es nämlich mein Bein, dann wäre es jetzt längst wieder so gut wie neu.« Grinsend offenbarte er seine Zähne und Grübchen. Meine ewige Konkurrenz.
    »Du hast leicht reden«, erwiderte ich. »Dir wurde nicht gerade von einem wütenden Farmer fast das Bein abgeschossen.« Ich beugte mich zu ihm hinüber und versetzte ihm spielerisch einen Stoß. Tyler rührte sich kein Stück. Mit seinen eins sechsundneunzig und seinen Muskelpaketen sah er aus, als wollte er als Catcher für die WWE in den Ring steigen. Tyler sah unserem Vater ähnlich. Gut, das taten wir beide – nur hatte Tyler blondes Haar,
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