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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen
Autoren: Karl Schroeder
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leichten Brise. Durch das Innere flitzte ein Schwarm Wasserfische, die wie Diamanten funkelten.
    Es war unmöglich, alles auf einen Blick zu erfassen, und so wäre Hayden der Aufruhr fast entgangen. Nur durch eine Bewegung im Augenwinkel alarmiert, beugte er sich über die Reling, spähte nach links um die Rundung der Habitatmauer herum und entdeckte ein ungewöhnlich dichtes Netz von Kondensstreifen. Die Spuren ließen sich zur Sonne zurückverfolgen, und in diesem Moment lösten sich drei helle Gebilde aus der Wolke und rasten in einer Richtung davon.
    Eigenartig.
    Er überlegte noch, was da wohl vorging, als abermals Schwerkraftalarm gegeben wurde. Hayden stieß sich vom Geländer ab und rannte auf die Hauptstraße
zu. Er konnte nicht riskieren, dass jemand anderer die Bikes startklar machte, nachdem er Miles versprochen hatte, zur Stelle zu sein.
    Die Treppe zu den Schwerkraftgeneratoren zweigte von der Straßenmitte ab. Schwerkraft wurde vom Staat bereitgestellt, und die Habitatväter hatten darauf bestanden, die zugehörigen Einrichtungen für jedermann sichtbar und zugänglich zu machen. Daher war Hayden sehr überrascht, als er die Stufen hinuntersprang und in dem kalten, zugigen Maschinenraum niemanden vorfand.
    Bike Nummer Zwei hing noch an seinem Kranarm über der offenen Luke. Es war kein Motorrad im herkömmlichen Sinn, wie es unter Schwerkraft eingesetzt wurde; dieser Turbojet war einfach eine Blechtonne, vorne und hinten offen, mit einem Propeller an einer Seite und einem Alkoholbrenner in der Mitte. Man setzte den Propeller mit zwei Pedalen in Bewegung, dann zündete man den Brenner, und schon ging es los. Haydens eigenes Bike lag halb zerlegt in der Ecke. Er hatte vorgehabt, es heute Abend zum Laufen zu bringen.
    Wenn man Bike Eins und Zwei startete und durch die Luke hinabließ, produzierten sie genügend Schub, um Gavin wieder auf respektable fünf Umdrehungen pro Minute zu beschleunigen. Das war ein- bis zweimal pro Tag erforderlich, deshalb war normalerweise immer jemand im Maschinenraum, um die Bikes aufzutanken oder Wartungsarbeiten durchzuführen. Bei Schwerkraftalarm musste in Sekundenschnelle jemand hier sein, um eines der Flugzeuge in weniger als einer Minute startklar zu machen.

    Der Wind pfiff durch die schrägen Wände. Hayden hörte keine Stimmen, keine eiligen Schritte.
    Nach wenigen Sekunden schallte jedoch etwas anderes von unten herauf. Irgendwo in ein oder zwei Kilometern Entfernung knallte es in unregelmäßigen Abständen.
    Das Geräusch war unverwechselbar: Gewehrschüsse.
     
    Heftiges Dröhnen erschütterte den Maschinenraum. Hayden warf sich bäuchlings zu Boden und schaute gerade rechtzeitig durch die Luke, um nur wenige Meter unter sich ein Bike vorbeischießen zu sehen. Slipstreams goldene Flagge blitzte kurz auf. Gleich darauf folgte ein zweites mit Aeries grüner Standarte. Dann hatte sich das Habitat nach oben weggedreht, und er sah nur noch leeren Himmel. Das Schießen ging weiter, aber der Lärm war durch Gavins Masse nur gedämpft zu hören.
    Jetzt ließen sich von oben laute Schritte und Stimmen vernehmen. Dann krachten Schüsse in so unmittelbarer Nähe, dass Hayden zusammenfuhr. Die Salven klangen abgehackt und unkoordiniert, das Gegenfeuer aus der Ferne hörte sich gleichmäßiger und gemessener an.
    Als er die Stufen wieder hinauflief, pfiff etwas an seinem Ohr vorbei und krachte mit lautem »Dong« gegen die Wand. Splitter spritzten auf, und Hayden ließ sich auf Hände und Knie fallen, obwohl er genau wusste, dass ihm das nichts nützen würde. Wenn dieser Teil des Habitats erst vollends ins Blickfeld des unbekannten Schützen rotierte, würden die Kugeln die Planken von unten durchschlagen.

    Er trat auf die immer noch leere Straße hinaus und rannte nach rechts, wo er Schüsse gehört hatte. Ein schmales Gässchen führte zur zweiten Ringstraße des Habitats. Er schlitterte um die Ecke, wandte sich dem Mutsteg zu - und sah Leichen.
    Sechs Mann hatten sich an das Geländer gestellt, um Schüsse abzugeben. Jetzt lagen sie samt und sonders zusammengesunken oder alle viere von sich streckend auf den Planken und hatten die Gewehre achtlos von sich geworfen. Das Holzgeländer und die Bodenbretter waren an Dutzenden von Stellen gesplittert, und alles war voll Blut.
    Hinter dem Geländer glitt etwas in Haydens Blickfeld, und er blinzelte verdutzt. Keine zweihundert Meter unter ihm schwebten majestätisch langsam die rot-goldenen Segel eines
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