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VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden

Titel: VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
Autoren: Kathy Reichs
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sie erst seit sechs Monaten von meiner Existenz, so wie Kit.
    Tante Tempe hat einen echt spannenden Job. Sie identifiziert Leichen. Kein Witz. Egal ob ein toter Körper verbrannt, verfault oder mumifiziert ist. Von Maden zerfressen oder nur noch ein Skelett. Tante Tempe stellt fest, wer das ist. War. Dann versucht sie gemeinsam mit der Polizei herauszufinden, was mit ihr oder ihm passiert ist.
    Cooler Job, wenn man einen robusten Magen hat. Hab ich.
    Das Wissen um die Verwandtschaft mit meiner Tante hat mir geholfen, mich selbst zu verstehen. Warum ich auf jede Frage eine Antwort finden muss. Warum ich mich lieber mit fossilen Raubvögeln oder der globalen Erderwärmung beschäftige, als shoppen zu gehen.
    Ich kann nichts dafür. Das liegt an meiner DNA.
    Tante Tempe hat sich darauf spezialisiert, Knochen zu analysieren und aus ihrem Zustand spezifische Schlussfolgerungen zu ziehen. Warum sollte ich also meine Begabung nicht dazu nutzen, die Schale von Weichtieren zu reinigen?
    Denn Muscheln sind im Grunde nichts anderes als Knochen.
    Ich nahm den kabellosen elektrischen Minischleifer aus meinem Werkzeugkasten, befestigte den Bürstenkopf daran und entfernte behutsam die Verschmutzungen, die an der Schalenoberfläche hafteten. Danach tauschte ich den Bürstenkopf gegen einen kleinen Schleifstein aus, um die Verkrustungen abzuschmirgeln.
    Nachdem die größeren Seepocken verschwunden waren, schloss ich mein Sandstrahlgerät an meinen Druckluftkompressor an und benetzte die Muschel vorsichtig mit Aluminiumoxid.
Als Nächstes benutzte ich einen Dentalreiniger, um die hartnäckigsten Partikel zu beseitigen. Ich spülte den verbliebenen Sand mit einer Munddusche ab und nahm ein weiteres Mal mein Multielektrogerät zur Hand, diesmal mit einem Polierkopf. Fertig.
    Eine glänzende ovale Muschel lag vor mir auf dem Tisch. Außen braun getupft, innen purpurn. Zehn Zentimeter lang. Die zahlreichen radialstrahligen Rippen ließen keinen Zweifel aufkommen.
    Ich schaute vorsichtshalber noch mal in meinem Handbuch der Küste South Carolinas nach. Richtig, die Dinocardium robustum, eine Herzmuschel.
    Rätsel gelöst. Ich legte die Muschel auf den entsprechenden Haufen und streckte meine Hand erneut in den Eimer. Leer.
    Zeit für eine andere Beschäftigung.
    Ich beschloss, mir einen kleinen Snack zu machen. Die Auswahl war äußerst dürftig, da Kit schon seit über einer Woche nicht mehr eingekauft hatte. Ich unterdrückte einen Anflug von Verärgerung. Der Supermarkt befand sich dreißig Minuten entfernt auf James Island, da kam er schließlich nicht jeden Tag vorbei.
    Wir leben hier wie Schiffbrüchige. Es ist wirklich ein Elend.
    Also begnügte ich mich mit ein paar Karottenstangen, die nicht mehr ganz frisch waren, und konnte der Versuchung nicht widerstehen, mir eine Cola Light aufzumachen. Ich bemühe mich durchaus, mich gesund zu ernähren – Hauptsache, ich kriege genug Koffein. Ich brauche das.
    Ich warf einen Blick auf mein Handy. Schon ziemlich spät, und sie waren immer noch nicht da. Auch keine SMS.
    Ich ging meine verschiedenen Möglichkeiten durch. Nix in der Glotze – immer nur dasselbe. Der Stapel meiner ungelesenen
Bücher lockte mich nicht. Das Internet langweilte mich. Nichts Neues auf Facebook.
    Keine Hausaufgaben an diesem Wochenende. Es war Ende Mai, und den meisten Lehrern fiel es offenbar ebenso schwer wie den Schülern, das Jahr anständig zu Ende zu bringen.
    Ich saß hier fest. Als Vierzehnjährige kann ich mich ja nicht einfach ins Auto setzen und von hier verschwinden. Und wo sollte ich auch hinfahren? Etwa in die Stadt, um dort mit meinen Freunden abzuhängen? Toller Witz! Alle, die mich mögen, sind ebenfalls einsame Inselbewohner. Blieben also die Möglichkeiten vor Ort, die, gelinde gesagt, begrenzt sind.
    Aber trotzdem – wo steckten sie bloß?
    Habe ich schon erwähnt, dass wir die entlegenste Wohnanlage in Charleston bevölkern? Auf der ganzen Welt? Niemand, absolut niemand wohnt in unserer Nähe. Auf den meisten Karten ist nicht einmal verzeichnet, dass Morris Island überhaupt bewohnt ist. Unsere komplette Nachbarschaft besteht aus zehn Wohneinheiten, die sich alle innerhalb eines 130 Meter langen Gebäudes aus Stahlbeton befinden. Insgesamt vierzig Leute. Das ist alles.
    Von hier aus sind es zwanzig Minuten mit dem Auto, ehe man das erste Straßenschild erblickt. An diesem Punkt ist man der Zivilisation noch fern, aber immerhin auf dem richtigen Weg. Normalerweise verlassen meine Freunde
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