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Vincent van Gogh und Paul Gauguin

Vincent van Gogh und Paul Gauguin

Titel: Vincent van Gogh und Paul Gauguin
Autoren: Phil Humor
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schmiedet, auf eine Art, wie es nur ein Einziger vermag. Du aber, Vincent, du schmiedest etwas Einzigartiges: bleibe dabei! Lass dir nicht raten, Dutzendware zu schmieden. Auch wenn sich das gut verkaufen ließe.“

    Armand kreuzt die Arme, lehnt sich zurück und grinst. Selten, dass er grinst; er ist nicht mürrisch, aber als hätte das Leben nichts Außergewöhnliches für ihn parat – solch ein Desinteresse zeichnet ihn aus. Beim Zeichnen, Malen lastet dieser Ausdruck auf mir, es ist, als säße ich mir gegenüber beim Malen – bin beides zugleich: Maler und Modell. Das geht mir bei Landschaften ebenso. Ich bin die Zypresse, der Stern, der Sämann. Doch die Sonnenblumen – zu der Annäherung, Wesengleichsetzung kam es nicht in dem üblichen Maße. Zu denen insbesondere, in ihrer Unverfälschtheit, zöge es mich – doch sobald ich sie anschaue, will es mir scheinen, als entzögen sie sich meiner Düsternis, schützen sich mit dem Anschein, als ob sie gar nicht so hell, so gelb seien – verschmutze ich mit meinem Blick das Reine, Göttliche? Ich schließe die Augen.

    „Du arbeitest zu viel. Was drängt dich?“ Armand sieht mich an. Meist schaut er vorbei – so als ob sein Blick das Ziel nicht treffen wolle.

    Paul Gauguin erhebt sich. „Ich packe meine wenigen Sachen. Bis Weihnachten wollte ich nicht bleiben. Ich spüre es, wenn der Sturm aufzieht. Die Äste brechen dann, doch noch sind es nur die Zweige, die sich bewegen müssen, ob sie nun die Absicht hätten oder es vorzögen, unbewegt zu bleiben. Ich aber habe einen Willen, kann mich dem Bewegtwerden durch den Sturm entziehen durch Abreise.“

    „Ich weiß, welchen Sturm du meiden willst. Ihr beide seid wie unterschiedlich temperierte Luftmassen. Hitzig, kühl – es war für mich als Postmeister hochinteressant zwei solcher Herren kennenzulernen, die sich in Regionen aufzuhalten pflegen, wo mein dahintrottender Verstand nicht heimisch ist. So wie dieser Gaul mit seiner Pferdekutsche nicht die Berghänge erklimmen sollte in Art einer Bergziege – und dennoch habe ich euch mit Bewunderung verfolgt, wie ihr schwindelnste Gedankenhöhen ohne Anlauf hinaufgeschossen seid. - Nenne ich den Absinth als Begründung für mein unstandesgemäßes Schwadronieren?“

    Ich proste ihm zu. Habe kaum Freunde. Bin froh, dass Joseph mir offener begegnet als seine Frau, der ich nicht ganz geheuer bin.

    Hätte ich Paul Gauguin doch ziehen lassen. Es zog ihn fort, als sei er ein Schwarm Wildgänse und die Kälte sei auf dem Vormarsch. So aber brach die Kälte ein über uns beide. Ich litt den Rest meines Lebens unter der Eskalation, die ich nicht imstande war aufzuhalten mit meinem Gemüt, sondern …

    Lieber Theo, ich weiß nicht, ob ich dir diesen Brief senden werde. Er ist verknüpft mit einem der stärksten Malwerke. Ich hielt es als Bild in der Hand und saß inmitten des Bildes. Unter dem Gelb, in Licht gekleidet. Warum leide ich? Entbehrung. Dein Geld nehme ich und ich nehme Gottes Wohltaten – was kann ich erwidern? Düsternis. Die vage Hoffnung, es möge mir gelingen Himmel, Horizont und Irdisches zusammenzunähen, zusammenzufesseln, zu verschmelzen im Farbenrausch, der aber sachlich zu sein hat, zweckdienlich. Keine Auflösung dulde ich, will gewahrt lassen das Formhafte.

    Ich sprach von den drei Feldwegen. Ein Weg führt ins finanziell Erfolgreiche, ein anderer zur Seelenruhe, und der dritte, meiner, stachelt meine Seele auf zu Erkenntnis, Einfühlung, Erleben, was nicht unproblematisch ist. Denn ich gestehe: Ich werde das, was ich male.

    Sicherlich, ich könnte querfeldein über die Wiesen und Felder weglos meinen Weg gehen, doch ist es dieser eine Feldweg, der – zumindest in meiner Sichtweise – hoch hinauf zu den Sternen führt.

    Im Leben bin ich gescheitert, es ist, als sei mein Leben aufgesogen worden von meinen Bildern. Bin inmitten von ihnen. Bin den Weg gegangen, wo meine stärksten, großartigsten Bilder auf mich gewartet haben.

    In Liebe Dein
    Vincent
    ENDE
     
    Story auch enthalten im Buch:

    Märchen Mythen Malerei
    Storys Theaterstücke Gedichte Drabbles
    ISBN 978-3-942594-33-2
    328 Seiten, Taschenbuch, EUR 11,11
    Als E-Book EUR 0,98

    Ich verwende in meinen Texten und Büchern gerne Philosophie und Humor.
    Deswegen: Phil Humor
    http://www.phil-humor.de

    Weitere Bücher von mir:

    Jesus und das Thomasevangelium
    Historischer Roman
    ISBN 978-3-940445-82-7
    170 Seiten, Taschenbuch, EUR 10,90
    Als E-Book EUR 0,99

    Anna Boleyn und
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