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Verwunschen

Verwunschen

Titel: Verwunschen
Autoren: Ulrike Schweikert
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feucht an ihren nackten Armen entlang.
    Mona ließ die Finger über raue Steinwände gleiten und tastete sich vorsichtig Stufe für Stufe hinab, bis ihre Finger an etwas stießen. Eine Erhebung auf Plastik mit einem Knopf in der Mitte. Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und drückte auf den Schalter. Eine Lampe flammte an der Decke auf und hüllte den Kellerraum in orangefarbenes Licht.
    Sie sahen einander an. Dann eilten sie weiter, bis sie die Tür zur Küche erreicht hatten.
    Mona betete, der Schüssel möge passen, und auch Patrick wirkte angespannt, als er ihn vorsichtig in das Schloss schob. Er holte tief Luft, ehe er ihn umdrehte. Sie konnten beide das Klicken hören, mit dem sich das Schloss entriegelte. Mona musste ein Aufschluchzen unterdrücken, als sie unendlich erleichtert hinter ihrem Bruder die Speisekammer durchquerte und in die Küche trat.



A ls Erstes liefen sie nach oben, um Cera zu befreien. Der Schlüssel von Großmutters Schlafzimmer steckte außen und ließ sich problemlos drehen. Cera stürzte ihnen laut bellend entgegen und leckte aufgeregt ihre Hände. Die Zwillinge waren so erleichtert, wieder zusammen und frei zu sein, dass sie lieber nicht so genau darüber nachdachten, wer oder was sie dort oben eingesperrt haben mochte. Gemeinsam gingen sie nach unten, doch wohl fühlten sie sich im Haus nicht.
    »Komm lass uns ein wenig draußen die Gegend erkunden«, sagte Mona und eilte ans Fenster. »Die Sonne ist wieder rausgekommen.«
    Ihr Bruder nahm den Vorschlag mit Erleichterung an, und da von Myrnas Nachbarin Brenda noch nichts zu sehen war, zogen sie den Riegel an der Haustür zurück und traten ins Freie. Mona seufzte auf, als die Sonne warm über ihre Haut strich. Es war so hell und grün hier, dass die unheimlichen Begebenheiten in dem alten Haus rasch ihren Schrecken verloren – zumindest für den Augenblick.
    Sie beschlossen, einen Rundgang bis zur alten Burgruine zu machen. Dahinter gingen die Ländereien der O’Connors in unwegsames Gelände über, mit moorigen Senken, Felsen und dornigem Gestrüpp.
    Mona blieb auf dem Kiesweg stehen und sah sich aufmerksam um. Immerhin waren zwei Jahre vergangen, seit sie ihre Großmutter das letzte Mal in Irland besucht hatten.
    Unten am Ende der Einfahrt erhob sich der Stumpf eines runden Turms, und man konnte noch einige Meter weit die Mauer erahnen, die sich im Mittelalter als äußerer Ring um den ganzen Hügel gezogen hatte. Doch nicht nur die Burgmauern waren verfallen, auch das Haus und die Auffahrt wirkten vernachlässigt. War das schon immer so gewesen und ihnen früher nur nicht aufgefallen?
    Die Zwillinge folgten dem schmalen Pfad in den Garten, den sich die Natur bereits zu Teilen zurückerobert hatte. Das hintere Tor war halb geöffnet und hing schief in den verrosteten Angeln. Cera lief voraus, zögert dann aber und drehte sich um. Sie bellte kurz und hob die Lefzen, um ein Knurren hören zu lassen. Mona und Patrick fuhren herum, konnten aber nichts entdecken, was die Hündin beunruhigt haben könnte. Aufmerksam ließen sie ihre Blicke schweifen. Nichts!
    Mona eilte zu Cera und streichelte sie beruhigend. »Was hast du nur? Hier ist doch keiner außer uns.«
    »Das ist so nicht richtig«, sagte Patrick langsam und deutete nach vorne, wo zwischen Dornengestrüpp die Reste der inneren Burgmauer zu sehen waren. Dahinter ragten die Ruinen eines mächtigen eckigen Turmes und mehrerer kleinerer Gebäude auf. Doch zwischen den grauen Steinblöcken bewegte sich etwas. Dann vernahmen sie ein Wiehern.
    »Das müssen wir uns anschauen!« Patrick fasste seine Schwester am Ärmel.
    Gemeinsam liefen sie den Pfad entlang und duckten sich dann hinter die kaum noch hüfthohe Mauer. Dahinter lagen einige seit langem ungenutzte Nebengebäude der Burg, die zu den Stallungen gehört hatten. Doch nun schien sich zumindest in einem davon jemand eingenistet zu haben. Rauch quoll aus dem Schornstein.
    »Hat Grand es etwa vermietet?«, murmelte Mona.
    Patrick hob die Schultern. »Glaub ich nicht, warum sollte sie?«
    Dann entdeckten sie im Hof das Mädchen. Es war kleiner als sie, mit dichtem rotem Haar, dunklen Augen und schmalen Gliedmaßen. Obwohl es nicht sehr warm war und der Wind in kräftigen Böen über die Hügel fuhr, trug sie nur ein kurzärmliges Top und einen knielangen bunten Rock. Ihre bloßen Füße steckten in schmutzigen Turnschuhen. Sie band sich ihre wilden Locken mit einem knallgrünen Stoffstreifen zusammen und pfiff eine
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