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Verwunschen

Verwunschen

Titel: Verwunschen
Autoren: Ulrike Schweikert
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erkennen, aber bisher riechen die Papiere nur unterschiedlich verstaubt und sehen für mich alle gleich aus.«
    Brock lachte. »Als ob es Papier und Tinte nicht gleichgültig wäre, was mit ihnen vereinbart wird!«
    »Offensichtlich«, seufzte Finola und drehte sich mit verzweifelter Miene einmal um ihre Achse. Dann blieb sie unvermittelt stehen und fixierte den Kobold. »Aber du kannst lesen! Du müsstest den Vertrag finden können.«
    »Ja, vermutlich«, gab Brock zögernd zu. »Und dann? Was hast du mit ihm vor?«
    »Ihn ins Feuer werfen und zu Asche verbrennen!«, rief Finola leidenschaftlich. »Denn wenn es ihn nicht mehr gibt, wird sich für uns nichts ändern, und es kann alles bleiben, wie es immer war.«
    Brock wiegte den Kopf hin und her. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Du willst mir also nicht helfen? Das ist wieder typisch für dich. Du elendiger Wicht, du Verräter, du …«
    Brock legte ihr die Hand auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen, doch Finola biss ihn herzhaft in den Finger.
    »Aua, jetzt hör doch zu, du Flammenkopf. Ich will dir ja helfen. Ich weiß nur nicht, ob es etwas bewirkt, wenn wir den Vertrag einfach verbrennen.«
    »Was dann?«
    Brock kaute auf seiner Lippe, während er einmal am Rand des Schreibtisches entlangschritt und den Blick langsam über die Schriftstücke schweifen ließ. Endlich hielt er inne und fixierte die hübsche Koboldin mit dem flammend roten Haar. »Wir sollten ihn Fürst Sainúil bringen.«
    Finolas Miene hellte sich auf. »Ausgezeichnete Idee, Brock. Er wird wissen, was zu tun ist. Seine Fürstlichkeit ist schlauer als wir alle. Wenn jemand das uns drohende Unheil noch abwenden kann, dann sind es die Elfen.«
    Sie ließ sich auf die Knie sinken und nahm ihre Suche wieder auf. »Jetzt müssen wir das verräterische böse Ding nur noch finden.«
    Eine Weile suchten sie in stummer Einigkeit. Finola hielt Brock immer wieder eine Seite unter die Nase, die ihrer Meinung nach mit ihren Schriftzeichen und Zahlen verderbt genug aussah.
    Doch der Kobold schüttelte jedes Mal den Kopf und murmelte geheimnisvolle Wörter wie »Heizkostenabrechnung« und »Hypothek« oder »Kontoauszug« und »Mahnungsschreiben«, mit denen Finola nichts anfangen konnte.
    Die Nacht neigte sich bereits dem Ende zu und die Koboldin hatte längst die Lust an der Suche verloren. Sie saß auf der Schreibtischkante, ließ die Beine baumeln und kämmte ihre widerspenstigen roten Locken. Erst als Brock einen kleinen Schrei ausstieß, hielt sie inne.
    »Ich glaube, ich habe es gefunden«, sagte er mit einem Zittern in der Stimme und hielt Finola drei zusammengeheftete Blätter hin, die ihrer Meinung nach nicht anders aussahen als die anderen. Sie rochen auch nicht besonders verabscheuungswürdig, obgleich sie immer noch überzeugt war, das müssten sie, nachdem auf ihrem Rücken so viel Böses notiert war.
    »Bist du dir sicher?«, erkundigte sie sich daher zweifelnd.
    Brock nickte feierlich. »Ja. Hier oben steht es: KAUFVERTRAG «, buchstabierte er.
    »Sie will verkaufen, nicht kaufen«, gab Finola ärgerlich zurück.
    »Ja, ich weiß, dennoch heißt das so. Mrs Myrna O’Connor wird als die Verkäuferin benannt und Mr John A. Mulcahy, der Eigentümer des Ashford-Castle-Hotels, als Käufer.«
    »Dieser Amerikaner«, stieß Finola zwischen den Zähnen hervor, und es klang wie ein Fluch.
    »Er stammt aus dem irischen Wexford«, korrigierte Brock.
    »Ja, aber dann ist er nach Amerika gegangen!«
    »Und reich geworden. Stimmt, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Hier in dem Vertrag ist aufgelistet, was er von Mrs O’Connor zu kaufen gedenkt, um seine Hotelanlage um einen Tennisplatz und eine Schwimmhalle mit einen großzügigen Wellnessbereich – was immer das auch sein soll – zu erweitern: Der Kaufvertrag erstreckt sich über die der Familie O’Connor verbliebenen Ländereien vom Ufer des Lough Corrib bis zur Landstraße, vom Birkenhain auf dem Hügel bis hinunter zum Bach, einschließlich der Ruine von O’Connor Castle. Mit allem was darauf und darunter ist!«
    Finola stöhnte und barg das Gesicht in den kleinen Händen.
    Als sie den Kopf wieder hob, wiederholte sie entgeistert: »Mit allem, was darunter ist. Die Feengrotte und die verwunschene Quelle der Sehenden, das flüsternde Labyrinth und die Säulen der Klänge. All das würde in seine Hände geraten und von seinen Baggern und Bulldozern zerstört werden.«
    Brock nickte mit ernster Miene. »Ja, hier steht, er darf die Ruine
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