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Versprochen

Versprochen

Titel: Versprochen
Autoren: Sophie Lang
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Angst, sie sind seit Menschengedenken erloschen. Manche sagen, der See hat eine direkte Verbindung zum Meer. Das finde ich jedes Mal zum Fürchten, wenn ich mir das vorstelle.“ Das finde ich auch, sage aber nichts. Schweige ihn weiter an.
    Es bleibt nicht bei diesem einen Berg, der vor vielen tausend Jahren einmal Feuer gespuckt hatte. Plötzlich kommt mir die Landschaft bekannt vor. Ich war schon einmal hier! Ich spüre Kälte in meinem Nacken.
    Was war das? Eine Erinnerung? Kann das sein?
     Nie gab es auch nur ein winziges Kräuseln auf dem totenstillen Ozean meiner Vergangenheit. Meine Vergangenheit schwieg, war ruhig, alle Erinnerungen erloschen, unabrufbar gelöscht, weil sie sie mir genommen haben. Bis zu diesem Moment!?
    Ich habe mich an etwas aus der Zeit vor der Sektionierung erinnert. An etwas aus der Zeit, vor der smaragdgrünen Flüssigkeit, die sie mir in den Kopf gespritzt haben und die alle meine Erinnerungen wie Schwefelsäure weggeätzt hat. Ich frage mich, warum sie sich uns an diese Flüssigkeit erinnern lassen.
    Ich erinnere mich an die Vulkane. Die Erinnerungen sind noch da, sind nicht gelöscht, weggeätzt. Sie sind noch da und warten nur darauf, dass ich einen Weg zu ihnen finde.
    Die smaragdgrüne Injektion, hat gar nichts gelöscht. Sie hat lediglich den Weg versperrt. Stahltüren in meinem Kopf eingebaut und verriegelt. Ich werde sie in Stücke reißen. Ich werde mich wieder an mich erinnern. Jetzt da ich weiß, dass sie noch da sind, werde ich mich an alles wieder erinnern. An alles was war. Wer ich war.
    In den Tälern zwischen den Vulkanen entdecke ich Dörfer und an den Hängen schier endlose gerade Reihen von Sträuchern.
    „Wir nennen diese Dörfer nur die Vitaminkapseln. Die Böden der Vulkane sind die fruchtbarsten. Die Wärme ist selbst nach tausend Jahren noch zu spüren. Du gräbst drei Meter tief und kannst dir in dem Loch einen Tee kochen. Hier wachsen die süßesten Früchte und hier reift der beste Wein.“
    Der Helikopter fliegt einen Bogen und ich habe die Möglichkeit mehr zu sehen von dem Bergdorf, das unter uns liegt. So überschaubar, friedlich und geschützt. Der alte Kirchturm überragt alles andere. Er ist das unangefochtene Zentrum des Dorfgeschehens. Frauen in schwarzen Roben stehen dort auf dem Kirchplatz und schauen zu uns empor. Kinder winken uns fröhlich vom daneben liegenden Schulhof zu. Niemand scheint hier vor irgendetwas Angst zu haben.
    Plötzlich werden die Fenster des Helikopters undurchsichtig, wie das vom Wasserdampf beschlagene Glas unter der Dusche in meinem Skygate. Meine Dusche, mein geheimer Zufluchtsort.
    Was soll das? Jetzt fühle ich mich wie eine Gefangene. Vielleicht bin ich das ja auch. Eine Gefangene, und der Helikopter ist der Gefangenentransport. Und er? Er ist der Aufseher, mein Wächter, der Aufpasser, damit ich nicht flüchte. Was totaler Quatsch ist. Wie sollte ich das anstellen?
    „Eine reine Sicherheitsmaßnahme“, sagt er. Meint er die Glasscheibe? Er hat sich mir gegenüber in seinen Sitz geschnallt und sieht mich von unten bis oben an. Seine Blicke sind mir unangenehm.
    Ja, ich fühle mich tiefer und tiefer wie eine Gefangene, seine Gefangene oder wie ein erworbener Besitz. Sein Besitz. Ich schließe meine Augen. Vielleicht hilft es mir dabei meine desolate Lage auszublenden? Ich versuche ein wenig zu schlafen.
     
    Alles bewegt sich. Ich weiß nicht wie lange ich weg war. Mir kommt es vor wie ein paar Sekunden, aber vor den undurchsichtigen Scheiben ist es schon Dunkel. Der ganze Helikopter und seine Passagiere (mich eingeschlossen), werden von heftigen Turbulenzen durchgeschüttelt.
    Reine Sicherheitsmaßnahme , geht es mir durch den Kopf und ich blicke durch den schmalen Spalt meiner fast geschlossenen Lider, und ich sehe wie er sich mit seinen Fingern an seinem Sitz festkrallt und seine Gesichtsmuskeln angespannt sind.
    Gerne würde ich eine fiese Bemerkung fallen lassen, aber die Turbulenzen rütteln mich durch und ich spüre meine Verletzung wiedererwachen und sie zwingt mich in die Defensive. Es tut höllisch weh!
    Ich will den Schmerz einfach runterschlucken, aber es geht nicht. Er ist zu heftig. Ich schließe meine Augen, beiße mir fast die Unterlippe entzwei und der Schmerz, er verbrennt mich, meinen Bauch, als habe jemand Säure darauf geschüttet, die durch meine Haut sickert und mein Inneres auffrisst.
    Ich bin es gewohnt Schmerzen zu ertragen, aber die Schmerzskala von eins bis zehn, schlägt zu weit nach
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