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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers
Autoren: Susan Wiggs
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nicht nur einbildete –, ja, er trug immer noch den kleinen silbernen Ring im Ohr. Sie selbst hatte das Loch gestochen, das musste dreizehn Jahre her sein.
    „Also sind Sie …“ Er studierte eindringlich den Rücken seiner linken Hand, auf den er, wie es aussah, etwas mit rotem Stift notiert hatte. „Sie sind also Olive Bellamy?“
    „Olivia.“ Sie betete, dass er sie erkennen würde, so wie sie ihn erkannt hatte, als jemanden aus der Vergangenheit, jemand wichtigen, jemanden, der großen Einfluss auf sein zukünftiges Leben gehabt hatte. Gott, jemand der riskiert hatte, aus dem Camp nach Hause geschickt zu werden, nur um ihm ein Ohrloch zu stechen.
    „Ja, tut mir leid. Olivia.“ Er betrachtete sie mit unverhohlenem männlichen Interesse. Ihren entsetzten Gesichtsausdruck hatte er offensichtlich missverstanden. „Ich hatte kein Papier zur Hand, als ich meine Nachrichten abgehört habe“, erklärte er, wobei er auf die rote Schrift auf seinem Handrücken zeigte. Dann runzelte er die Stirn. „Sind wir uns schon mal begegnet?“
    Sie gab ein ersticktes Lachen von sich. „Du machst Witze, oder? Das muss ein Scherz sein.“ Hatte sie sich wirklich so sehr verändert? Nun ja, ehrlich gesagt, ja. Es waren beinahe zehn Jahre vergangen. Sie hatte Tonnen an Gewicht verloren. Ihre Haare von Nussbraun zu Honigblond gefärbt. Ihre Brille gegen Kontaktlinsen eingetauscht. Aber trotzdem …
    Er starrte sie einfach nur an. Völlig ahnungslos. „Sollte ich Sie kennen?“
    Sie verschränkte die Arme, schaute ihm in die Augen und rief sich einen Satz in Erinnerung, an den er sich vielleicht erinnerte, denn er war eine der ersten Lügen, die sie einander erzählt hatten. „Ich bin deine neue beste Freundin“, sagte sie und sah zu, wie alle Farbe aus seinem sonnengebräunten Gesicht wich.
    Seine göttlichen blauen Augen verengten sich zu Schlitzen und weiteten sich dann in langsamem Erkennen. Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. Dann räusperte er sich.
    „Heilige Scheiße“, murmelte er. Seine Hand fuhr in einer unwillkürlichen Geste hoch und berührte den silbernen Ohrring. „Lolly?“
Camp Kioga – Verhaltensregeln
Es wird erwartet, dass jeder an allen Aktivitäten, die auf dem Plan des Camps aufgeführt sind, teilnimmt. Dabei ist auf angemessene Kleidung zu achten. Die Betreuer sind dafür verantwortlich, dass die Camper an allen geplanten Aktivitäten teilnehmen, außer sie können eine Entschuldigung der Camp-Krankenschwester oder des Direktors vorweisen.

1. KAPITEL
    Sommer 1991
    L olly.“ Der große, schlaksige Junge, der hinter ihr den schmalen Weg am Berg hinaufkletterte, sprach zum ersten Mal, seitdem sie das Camp verlassen hatten. „Was zum Teufel soll das für ein Name sein? Lolly.“
    „Die Art Name, die hinten auf mein Shirt gestickt ist“, antwortete sie und schnippte ihren braunen Zopf über die Schulter. Zu ihrer Bestürzung spürte sie, wie sie errötete. Verdammt, er war nur irgendein Junge, der nicht mehr getan hatte, als ihr eine harmlose Frage zu stellen.
    Falsch, dachte sie und hörte förmlich das passende Geräusch eines Gameshow-Buzzers in ihrem Kopf. Er war der vermutlich süßeste Junge von Eagle Lodge, der Gruppe für die Zwölf- bis Vierzehnjährigen. Und es war auch keine Frage, sondern mehr eine Bemerkungen gewesen, die zum Ziel hatte, sie zu verunsichern. Außerdem hatte er „zum Teufel“ gesagt. Lolly würde es niemals zugeben, aber sie mochte es nicht, wenn jemand fluchte. Immer wenn sie selber es versuchte, fing sie an zu stottern und wurde rot, sodass gleich jeder sehen konnte, wie uncool sie war.
    „Schon kapiert“, murmelte der Junge. Sobald der Weg nach einer Kurve etwas breiter wurde, drängte er sich mit einem unverständlichen Gemurmel an ihr vorbei, das vermutlich „Entschuldige bitte“ hatte heißen sollen. Er trottete davon, wobei er ein altes Lied von den Talking Heads vor sich hin pfiff.
    Sie waren auf der Paar-Wanderung, der ersten Aktivität des Sommers. Sie war dazu gedacht, sich mit der Anlage des Camps und den anderen Mitcampern vertraut zu machen. Gleich nach dem Aussteigen aus dem Bus waren sie zu Paaren zusammengestellt worden, während ihre Seesäcke und anderen Habseligkeiten schon in die zugeteilten Hütten gebracht wurden. Sie war an diesen Jungen geraten, weil sie als Letzte ausgestiegen war. Sie hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und abschätzig gesagt: „Ich bin deine neue beste Freundin.“
    Er hatte einen Blick auf sie
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