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Verschwörung auf Burg Schreckenstein

Verschwörung auf Burg Schreckenstein

Titel: Verschwörung auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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übergebe ich das Wort an Fräulein Doktor Adele... ks... Horn“, schloß er.
    Die Leiterin von Rosenfels — der Nase nach konnte sie eine Verwandte von ihm sein — trat vor und begann mit scharfer, heller Stimme: „Liebe Mädchen von Rosenfels und Jungen von Schreckenstein! Dank der Großzügigkeit von Graf Schreckenstein, dem ich hiermit in unser aller Namen für die herzliche Aufnahme danken möchte, sind unsere Schulen jetzt unter einem Dach vereint. Zwei Schulen von sehr unterschiedlichem Charakter. Das wirft manche Probleme auf. Um diese Probleme möglichst klein zu halten, haben Direktor Meyer“ — sie deutete auf den Rex — „und ich eine vorläufige Hausordnung aufgestellt.“ Sie hob das Blatt, das sie in der Hand hielt, unter ihre Nase und las vor.

    „Erstens: Beide Schulen werden, wie bisher, getrennt geführt.
    Zweitens: Nur die Mahlzeiten werden gemeinsam durchgeführt.
    Drittens: Die Jungen dürfen den Trakt der Mädchen nicht betreten; die Mädchen haben sich außerhalb der Essenszeiten nicht im Jungentrakt aufzuhalten.
    Viertens: Sport und Freizeit werden getrennt gestaltet. Gemeinsame Unternehmungen, wie Musizieren, Vorträge, Aufführungen oder Ansehen eines ‚wertvollen’ Fernsehspiels, werden nach Absprache geregelt.
    Fünftens: Nächtliche Unternehmungen, sogenannte ‚Streiche’, der Mädchen und Jungen gemeinsam oder gegeneinander, sind untersagt. Die Nachtruhe darf nicht gestört werden!“

    Ein Raunen ging durch den Saal. Auch Lehrer wunderten sich. Doktor Waldmann schüttelte bekümmert den Kopf. Dampfwalze, der vorne stand, hob die Hand.
    „Hast du eine Frage?“ erkundigte sich Fräulein Doktor Horn. Dampfwalze nickte: „Was ist, wenn ich mal husten muß, daß alles aus den Betten fällt? Ich muß nachts manchmal husten.“
    Schallendes Gelächter brach los. Fräulein Doktor Horn sah zum Rex hinüber. Der machte eine beruhigende Handbewegung und sagte: „Wir haben zwar einige recht laute Knaben hier, aber auch sehr dicke Mauern.“
    Fräulein Doktor Horn nickte dankbar, sagte noch ein paar abschließende Worte und wies auf einen Stuhl neben der Treppe, wo die eben verlesene Hausordnung vervielfältigt auflag. Das dicke Fräulein Böcklmeier, eine der nettesten Lehrerinnen von Rosenfels, öffnete beide Flügel der Verbindungstür; die Schulversammlung war geschlossen.
    „Keine Streiche mehr — die spinnt ja!“ schimpfte der kleine Kuno und nahm sich ein Blatt.
    „Gefängnisordnung!“ knurrte Musterschüler Strehlau.
    „Es ist nicht mehr wie früher!“ klagte Fritz und trat vom blankgewachsten Holz der Treppe auf die Steinfliesen des Nordflügels.
    „Wir lassen uns doch hier nicht verbieten, wo wir rumlaufen!“ sagte Hans-Jürgen, der Dichter, ziemlich laut. „Das ist unsere Burg und kein Hühnerstall mit Vorhängeschlössern!“
    Beni nahm eine Hausordnung und zerriß sie sofort: „Ich versteh den Rex nicht. So klein beizugeben!“
    Stephan klopfte ihm auf die Schulter: „Abwarten. Er weiß genau, daß es anders kommt. Er kennt uns ja.“
    Mücke, der Schlagfertige, sagte gar nichts.
    Ingrid, seine Schwester, die den Saal am anderen Ende zusammen mit Beatrix und Esther verließ, meinte: „Wißt ihr, was ich jetzt nicht sein möchte —die Horn.“
    „Die kneten sie museumsreif“, pflichtete ihr Martina bei, die hinter ihnen ging.
    „Und da wollen wir nach Kräften mithelfen!“ meinte Renate. Doch Beatrix winkte ab: „Erst mal abwarten, wie sich die Herren Ritter verhalten. Uns gegenüber.“
    Und sie gingen in ihre neuen Zimmer mit den großen Kachelöfen.
    Fräulein Böcklmeier schloß die Verbindungstür ab.
    Untätig aber unruhig standen die Ritter im Nordflügel herum.
    „Hat die tatsächlich abgeschlossen!“ wunderte sich Pummel. Doch sein Freund Eugen lachte nur: „Sei doch froh. Hier ist die Burg — drüben der Hühnerstall.“
    Die Umstehenden nahmen den Ausspruch begeistert auf und gaben ihn weiter, als handle es sich um eine Parole.
    Kurz vor dem Abendessen wurde die Verbindungstür wieder aufgeschlossen. Die Ritter saßen schon im Eßsaal, wo es mit den Tischen von Rosenfels enger zuging, als bisher. Witzbold Klaus saß so, daß er die Tür zum Gang im Blickfeld hatte.
    „Was ist denn heut für ein Feiertag?“ rief er plötzlich. „Da kommt ja eine Prozession!“
    Tatsächlich. Zwei und zwei, wie die lieben Kleinen im Kindergarten wurden die Mädchen von Fräulein Doktor Horn hereingeführt. Noch keine zehn hatten den Eßsaal betreten,
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