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Verschleppt ins Tal Diabolo

Verschleppt ins Tal Diabolo

Titel: Verschleppt ins Tal Diabolo
Autoren: Stefan Wolf
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Die Panzerfaust war
zwar zurückgeblieben in dem Caramba, aber Olaf hatte die Pistole und Stritzi
lud soeben seine MP, indem er das Magazin wieder hineinschob und die Waffe
schussfertig machte.
    „Pass auf sie auf, Olaf. Ich
erkunde mal, wie wir reinkommen.“
    Er schulterte die Waffe, was
zweifellos albern war — denn kein böser Feind ließ sich blicken — nahm
Charlottes Handy — das einzige Fernsprechgerät an Bord — und stieg aus.
    „Hier schmeckt schon die Luft“,
rief er. „Und dann erst der Wein! Mit zehn Millionen unterm Hintern ist gut
Ferien machen.“
    Olaf drehte sich um zu Tim.
„Heh, Eugen-Marcel! Liegt vielleicht irgendwo ein Schlüssel fürs Haus? Unterm
Geranientopf oder unter der Fußmatte?“
    „Sehen Sie einen Geranientopf
oder eine Fußmatte? Meine Eltern nehmen alle Schlüssel mit. Immer.“
    „Wehe, wir finden doch einen.
Das kostet dich dann fünf Vorderzähne.“
    Armleuchter!, dachte Tim.
    Stritzi latschte los. Er prüfte
die Eingangstür, ging dann seitlich am Haus nach hinten. Olaf sah gespannt zu.
    Tim beugte sich zu Charlotte.
Sein Wispern war leiser als ein Hauch. „Täuschen Sie einen Anfall vor. Eine
Kolik oder so.“
    Die Frau war beherzt. Ihr
Schrei war grell, aber nicht zu laut. Olaf fuhr herum. Charlotte krümmte sich,
keuchte, wimmerte, wurde noch krummer und rutschte von der Bettcouch zu Boden.
Scheinbar entsetzt starrten Tim und Gaby auf ihre zuckenden Bewegungen.
    „Helfen Sie doch!“, rief Gaby.
„Sie hat eine Kolik.“
    „Nein!“ Tim war was Besseres
eingefallen. „Das ist Epilepsie (Krämpfe mit Bewusstlosigkeit). Mein
Vater hat mir erzählt, dass sie daran leidet. Jetzt... jetzt ist sie
ohnmächtig. Verdammt, sie kann sich die Zunge abbeißen.“
    Charlotte spielte perfekt nach
seiner Regie, mimte Bewusstlosigkeit mit verdrehten Augen und biss wie wild die
Zähne aufeinander.
    Olaf war aufgestanden und kam
näher. „Schiebt ihr was zwischen die Zähne!“
    „Wir müssen sie aufs Bett
legen“, haspelte Tim. „Sie verletzt sich sonst. Sie schlägt mit dem Kopf ans
Tischbein.“ Charlotte tat wie geheißen. Später konnte sie stolz eine kleine
Beule vorweisen.
    Olaf trat noch näher. „Legt sie
hoch.“
    „Allein und mit einer Hand
schaffe ich das nicht“, entgegnete Tim. „Sie können ruhig mal mit anfassen.“
    Jetzt war Olaf da. Er behielt
die Pistole in der Hand, aber mit der anderen packte er Charlotte am Arm, um
sie am oberen Ende auf die Bettcouch zu zerren.
    Tim beugte sich mit
ausgestrecktem linken Arm über Charlottes Beine. Gleichzeitig zog er die rechte
Hand aus der Stahlfessel. Eine Karatefaust, hart wie ein Schlagring, traf Olaf
zwischen den Augen. Er flog gegen die WC-Kabine und ließ die Pistole fallen.
Aus der Nase schoss ein Blutstrom. Sie war gebrochen. Aber k.o. war der
Gangster nicht.

    Tim bückte sich und angelte
nach der Pistole, die unter die Küchenspüle geschlittert war. Ein Fehler, der
zwei oder drei Sekunden kostete. Olaf nutzte sie und hechtete zur geöffneten
Beifahrertür. Tim schnellte hinterher. Olaf war schon fast draußen.
Zurückreißen konnte Tim den Kerl nicht mehr. So gab’s dann zum Abschied nur
einen knallharten Tritt ins Kreuz. Olaf flog auf die Steinstufen, die zum Haus
hinaufführten, schlug auf mit Knien, Händen und Stirn. Jetzt brüllte er.
    Tim saß schon am Lenkrad. Der
Zündschlüssel steckte. Erster Gang und los! Das Wohnmobil bewegte sich
schwerfällig.
    „Frau Lampe!“, rief Tim.
„Kommen Sie her! Sie müssen fahren. Ich habe keinen Führerschein und mit dieser
Formel-1-Kiste kenne ich mich nicht aus.“
    Charlotte kam. Erst schloss sie
alle Türen. Sie zitterte. Tim überließ ihr den Fahrersitz. Sie verschaltete
sich, kam in den ersten statt in den dritten Gang und der Motor heulte auf. Ihr
Zittern ließ nicht nach.
    „Sie haben wunderbar gespielt“,
lobte Tim, um sie zu beruhigen. „Ohne Sie wäre nichts gegangen.“
    „Aber jetzt bin ich fix und
fertig. Wohin soll ich denn fahren?“
    „Erst mal einfach nur weiter.“
    Gaby kniete auf dem Bett und
äugte durch die Jalousie des Rückfensters; „Stritzi kümmert sich um Olaf. Der
ist total alle. Jetzt nimmt Stritzi seine MP und... Uhhhhhh! Der zielt auf
uns.“
    „Auf den Boden!“, rief Tim.
„Flach auf den Boden, Gaby! Und Sie ducken sich, Frau Lampe.“
    Gaby lag bereits auf dem
Teppich — mit Pauline im Arm. Charlotte krümmte sich wie eben als Epileptikerin
und spähte durchs Lenkrad.
    Stritzi schoss nicht.
    Das Wohnmobil
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