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Verschleppt ins Tal Diabolo

Verschleppt ins Tal Diabolo

Titel: Verschleppt ins Tal Diabolo
Autoren: Stefan Wolf
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übergeben“, sagte sie leise.
    „Was?“, fragte Olaf. „Was war
das?“
    „Frau Lampe hat gesagt“,
erwiderte Gaby, „dass sie sich leider in ihr Schicksal fügen muss.“
    „Vernünftige Frau. Bildung
macht wohl vernünftig, häh? Dann sind wir uns also einig.“
    Wegen der herabgelassenen
Jalousien sah Tim nichts von der Landschaft, aber immerhin bot sich ihm — an
Gaby vorbei — der Blick durch die Windschutzscheibe. Eine Landstraße. Offenbar
wenig Verkehr. Jetzt kam ein Motorradfahrer entgegen und donnerte vorbei. Berge
in der Ferne, natürlich die Alpen.
    Sie meiden Autobahn und
Schnellstraßen, dachte Tim. Sie halten sich abseits. Außerdem — die
pfingstliche Völkerwanderung in den Süden ist bereits vorbei. Die Urlauber sind
alle schon vor Ort. In zehn Tagen geht’s dann wieder in die andere Richtung mit
hundert Kilometer langen Staus, Wutausbrüchen, Unfällen zuhauf und unsäglichen
Verspätungen. Wer’s übersteht, schwört daheim, er hätte einen wundervollen
Urlaub verbracht — mal abgesehen von Hin- und Rückreise. Aber die Rückreise kümmert
Stritzi und Olaf bestimmt nicht. Das haben die nicht geplant.

21. Sonnenbrand auf feister Glatze
     
    Wieder einmal wurde ihm
schmerzlich bewusst, dass er fast kahlköpfig war. Ja, Erich Schulten hatte eine
Glatze. Außerdem war er ein hellhäutiger Typ, der zum Sonnenbrand neigte. Und
natürlich hatte er — als er überstürzt aufbrach, um seinen Plan zu
verwirklichen — keinen Hut mitgenommen, keine Mütze. Jetzt brannte die
italienische Sonne auf seine — Schultens — Glatze herab. Ihm war schon, als
werde sein Gehirn in kochendem Öl gesotten. Er spürte, wie der Sonnenbrand
glühte.
    Bäuchlings schob er sich hinauf
auf den Kamm eines niedrigen Hügels. Hier war kein wogendes Blumenmeer. Hier
war der Boden geröllig. Das geladene, aber gesicherte Gewehr wurde nebenher
geschleift. Er hätte es auch auf den Rücken nehmen können, befürchtete aber,
dass die Metallteile in der Sonne blitzten und verräterische Strahlen aussenden
würden.
    Jetzt war die Anhöhe erreicht.
Er presste sich auf den Boden und verfluchte den halben Zentner Übergewicht,
der beim Kriechen noch hinderlicher war als beim Gehen. Das Hemd war
durchgeschwitzt, die Jacke verschmutzt, der Kopf glühte.
    Doch nun sah er sein Ziel:
Marions Ferienhaus. Etwa 200 Meter entfernt, schräg unter ihm. Er hatte sich
von der Rückseite genähert. Der Leihwagen parkte weit entfernt hinter einem
Gebüsch am Rande der Straße.
    Schulten nahm die Ray Ban ab,
schob sie in die linke Jackentasche und zerrte das kleine Fernglas aus der
rechten Tasche. Schultens Sehkraft ließ schon lange zu wünschen übrig. Auf
größere Entfernung sah er alles verschwommen. Er presste das Glas an die Augen
und drehte am Schärfenring.

    Da! Die beiden! Das saubere
Pärchen. Hinter dem Haus. In Liegestühlen. Sonnten sich, aalten sich. Sie trug
ihren weißen Bikini, für den sie nicht mehr schön genug war. Er hatte
Unterhosen an, nein, Shorts mit Streifenmuster. Und er hatte Haare auf der
Brust wie ein Affe.
    Schulten überlegte, was jetzt
zu tun sei. Die Strecke zum Haus bot kein Versteck, keine Möglichkeit zu
unbemerktem Anpirschen. Um sie mit dem Gewehr zu bedrohen, musste er bis in
unmittelbare Nähe Vordringen. Vielleicht schlafen sie ein, dachte er. Oder sie
gehen ins Haus. Oder ich bin falsch auf dieser Seite, muss einen riesigen Bogen
machen und mich von drüben anschleichen. Verdammt! Wenn nur diese Hitze nicht
wäre! Mein Schädel löst sich auf.
    Für einen Moment ließ er das
Fernglas sinken. Er holte sein Taschentuch hervor und legte es sich auf die
Glatze.
    Verschwommen gewahrte er, dass
sich dort unten was rührte. Er starrte durchs Fernglas. Marion war
aufgestanden, dehnte sich und ging langsam ins Haus — durch die hintere Tür,
die genauso aussah wie die vordere. Auch Bernd Riedmeyer erhob sich. Er kratzte
sich links unten am Rücken. Er nahm ein Handtuch vom Liegestuhl und trocknete
den Schweiß in den Achselhöhlen. Er ging ins Haus. Die Tür blieb geöffnet.
    Es dauerte fünf oder sechs
Minuten. Schulten träumte inzwischen von einem kühlen Bier. Marion und Bernd traten
ins Freie. Sie hatten sich angezogen. Buntes Sommerkleid und Sandalen, dazu
einen Strohhut. Bernd trug beige Shorts bis über die Knie und ein schwarzes
T-Shirt mit weißem Aufdruck. Marion schloss ab. Sie stiegen in Marions Touring
und fuhren los — Richtung Dorf. Der Wagen verschwand in einer Kurve, an der
sich
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