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Verräterisches Profil

Verräterisches Profil

Titel: Verräterisches Profil
Autoren: Marcus Hünnebeck
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einer möglichen Vorliebe für Teenager in kriminelle Machenschaften verstrickt hatte.
    Sie stand von der Couch auf und schüttelte diese Gedanken ab. Bedächtig inspizierte sie in den folgenden zwanzig Minuten nochmals die einzelnen Räume und versuchte sich vorzustellen, wie die Taten abgelaufen waren. Denn je eher sie seine Handschrift verstand, desto schneller würde sie den Mörder einkreisen können.
    ***
    Nachdem sie die Vorbereitungen für den kommenden Tag im Präsidium abgeschlossen hatte, fuhr Beate müde nach Hause. Vier Monate vor Anastasias Geburt waren sie und ihr drei Jahre jüngerer Mann Sebastian in ein Eigenheim gezogen, welches jenem der Familie Konrads glich. Auch ihre Schlafräume lagen in der oberen Etage, während sich das Familienleben tagsüber im Erdgeschoss abspielte. An die neue Umgebung hatten sich beide rasch gewöhnt, doch die Elternrolle bereitete ihnen unerwartete Schwierigkeiten. Ihr Mann hatte kurz nach dem positiven Schwangerschaftstest den Vorschlag gemacht, dass sie mit dem Ende des Mutterschutzes wieder arbeiten gehen könnte und er sich um Ana kümmern würde. Er hatte weniger Geld als Beate verdient, war chronisch unzufrieden in seinem Job gewesen und hoffte auf den Durchbruch als Schriftsteller. Diese Lösung schien ideal zu sein.
    Aber von einem Idealzustand waren sie mittlerweile weit entfernt. Beate litt darunter, nur so wenig Zeit mit ihrer Tochter verbringen zu können. Außerdem gab es noch immer keinen Morgen, an dem sie länger als bis sechs Uhr schlafen durfte – für einen Morgenmuffel wie sie ein unangenehm frühes Erwachen. Wenn sie abends heimkehrte, kümmerte sie sich erst einmal um ihr Kind, ohne die Geschehnisse des Tages vollständig verarbeitet zu haben. Ihr schlechtes Gewissen Anastasia gegenüber war ständig präsent. Sobald das Mädchen im Bett lag, fiel Beate erschöpft auf die Couch und quälte sich später ins Schlafzimmer. In sexueller Hinsicht herrschte derzeit Funkstille zwischen ihr und Sebastian, da sie viel zu selten Gelegenheit fanden, ihre Beziehung zu pflegen.
    Und mit diesem Fall, fürchtete Beate, würde sich die Situation nicht verbessern.

2
    Knapp achtzehn Stunden später betrat Beate hinter ihrem Partner Robert Vetter als letzte den kleinen Besprechungsraum. Neidisch hatte sie bei seinem Eintreffen im Büro festgestellt, wie gut erholt er nach dem zweiwöchigen Urlaub aussah. Die mallorquinische Sonne hatte seine Haut stark gebräunt und seine angegrauten Haare aufgehellt, was die blauen Augen intensiver hervorhob. Er war ein sehr attraktiver Mann, zudem besaß er einen ausgesprochen guten Geschmack, was seine Kleidung anbelangte. Sowohl während des Dienstes als auch in seiner Freizeit legte er Wert auf modische Anzüge. Beate trug bei der Arbeit meist Hosenanzüge, bevorzugte nach Feierabend allerdings Jeanshosen und legere Blusen. Trotz seiner Ausstrahlung hatte sie in Robert nie mehr als einen fantastischen Kollegen und verlässlichen Freund gesehen, der mit seiner Lebensgefährtin Annette oft bei ihnen zu Besuch war. Sie bedauerte aufrichtig, dass sie ihm direkt einen Teil der Urlaubserholung mit den Fakten des aktuellen Mordfalls ruiniert hatte.
    In dem Raum befand sich eine u-förmig angeordnete Tischreihe mit zwölf Stühlen. An einer Wand hingen ein aktuelles Fahndungsplakat und Mitteilungen der Polizeigewerkschaft, in denen die schlechte Besoldung und die permanenten Überstunden angeprangert wurden. An der gegenüberliegenden Wand war ein Whiteboard angebracht. Beate sah sich kurz um, während Robert bereits an dem Tisch Platz nahm, der für die Verantwortlichen der Mordermittlung freigehalten worden war. Acht weitere Frauen und Männer hatten sich hier eingefunden, die alle persönlich von Beate begrüßt wurden. Den Gerichtsmediziner Schneider bedachte sie mit einem dezenten Kopfnicken, Stefan Meier schenkte sie ein Lächeln, und auch die anderen hieß sie im Team willkommen und vermittelte ihnen damit das Gefühl, eine wichtige Rolle in dieser kurzfristig gebildeten Sonderkommission zu spielen. Eine Kollegin hatte sich vor der Besprechung telefonisch entschuldigt, würde jedoch im Anschluss an ihren Außentermin zu ihnen stoßen.
    Zunächst erteilte Beate Schneider das Wort. Er hatte am wenigsten Zeit, weil eine Leiche obduziert werden musste.
    Der grauhaarige Mann sah die Anwesenden über seine bis zur Nasenspitze heruntergerutschte Nickelbrille hinweg an und informierte sie zunächst über Wilhelm Konrads. In knappen
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