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Verräterisches Profil

Verräterisches Profil

Titel: Verräterisches Profil
Autoren: Marcus Hünnebeck
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Eindruck einer heilen Welt zu vermitteln?
    Plötzlich höre ich ein Geräusch. Rasch schalte ich die Taschenlampe aus und verstecke mich hinter der Couch. Gerade, als ich zu glauben beginne, mich geirrt zu haben, öffnet jemand die Tür zur Diele.
    Der Mann schaltete die Deckenleuchte ein. Da er nun genau vor einem Spiegel stand, betrachtete er sein müde wirkendes Gesicht. Ihm wurde bewusst, dass er langsam auf sein Gewicht achten musste. Er hatte in den letzten Monaten einige Kilos zugenommen, was nicht zuletzt am Hals sichtbar war.
    Seufzend wandte er den Blick ab und ging in die Küche. Dem Kühlschrank entnahm er eine Milchflasche, aus der er einen großen Schluck trank, ehe er sich in sein Arbeitszimmer zurückzog.
    Lauschend warte ich. Das Ticken der Uhr ist mein einziger Anhaltspunkt, wie viel Zeit vergangen ist. Seitdem er ein Zimmer im Erdgeschoss betreten und dessen Tür geschlossen hat, habe ich synchron mit dem Sekundenzeiger bis dreihundert gezählt.
    Ich stehe auf und schleiche durch die Diele. Gedämpft höre ich das Klappern einer Computertastatur. Ich nehme die Pistole, die mit einem Schalldämpfer versehen ist, aus dem Rucksack. In wenigen Sekunden werde ich zum Mörder.
    Während er im Schein der kleinen Schreibtischlampe Anweisungen eintippte, spürte er die Anwesenheit einer Person, die in das Arbeitszimmer getreten war. Seine Frau durfte auf keinen Fall wissen, was er hier trieb. Hektisch wechselte der Mann zu einer vorbereiteten Excel-Tabelle, in die er bedeutungslose Zahlen eingab. Er erwartete, dass sie ihn fragte, warum er um diese Uhrzeit arbeitete. Aber nichts passierte. Also drehte er sich um und rang sich dabei ein Lächeln ab.
    Das Lächeln erstarrt auf seinen Lippen und weicht einem panischen Gesichtsausdruck. Er öffnet den Mund, um etwas Sinnloses zu sagen oder einfach nur zu schreien, was ich nicht zulassen kann.
    Ich betätige den Abzug, die Kugel trifft seine Stirn, rote Flüssigkeit spritzt auf die weiße Wand hinter ihm. Der Körper sackt zusammen und droht vom Stuhl zu kippen. Ich fange ihn auf und lege ihn sanft zu Boden. Dann schaue ich auf den Bildschirm, betrachte eine Tabelle mit Zahlen. Doch nach dem Öffnen der Tür hatte ich das Wechseln der Bildschirmfenster bemerkt. Die Pistole auf den Schreibtisch legend, drücke ich die Kombination aus der Alt- und der Tabulator-Taste. Eine junge Frau rekelt sich auf einem Sofa, hält ihre rasierte Vagina direkt vor die Kamera und spielt an sich herum. Ihre Finger verschwinden in ihrer Möse, lüstern wirft sie den Kopf in den Nacken. Aus den Computerlautsprechern ertönt ihre erotisch hauchende Stimme.
    »Daddy, dein Schwanz fühlt sich so gut an. Spürst du, wie feucht ich bin?«
    Unterhalb des Videobildes befindet sich ein kleines Dialogfeld, in das der Mann offensichtlich Anweisungen eingetippt hat, was die Tastaturgeräusche erklärt. Der letzte, geschriebene Satz seines Lebens lautet ›Beweg deine Finger in dir und stell dir vor, es ist mein harter, dicker Schwanz!‹.
    Erbärmlich!
    Ich stelle mir vor, über diese Schlampe herzufallen. Es bringt mich genau in die richtige Stimmung.
    »Ich habe gerade meinen Saft verspritzt. Bis an die Wand«, schreibe ich ihr.
    »Oh Süßer, stoß weiter zu«, fordert sie mich auf und reibt sich schneller. Anscheinend will sie unsere Sitzung noch nicht beenden.
    »Ich komme dich bald besuchen, dann wirst du mich spüren. Aber jetzt gehe ich zu meiner Frau und mache sie glücklich«, tippe ich ein.
    Ohne den Computer abzuschalten, verlasse ich das Arbeitszimmer.
    Gebe mich meinen Fantasien hin.

1
    Sonnenlicht durchflutete das Kinderzimmer. Der Blick von Kriminalhauptkommissarin Beate Bauer fiel aufs Fenster, das mit einem Bild von einem Teddybären, der fünf Luftballons festhielt und durch die Luft schwebte, beklebt war. Sie dachte an ihre Tochter Anastasia, doch glücklicherweise war dies nicht Anas Raum.
    Beate wandte sich ab und schaute sich um. Das Zimmer, an dessen Wänden diverse Tierposter hingen, war mit weißen Möbeln eingerichtet. Sie trat ans Bett, neben dem ein Plastiksack mit dem Bettzeug stand, das die Kollegen bereits zwecks Untersuchung im Labor verpackt hatten. Man konnte fröhliche, hellrote Mickey-Maus-Bettwäsche erkennen, in der ein totes, sechs Jahre altes Mädchen gelegen hatte. Erstickt mit einem Kissen, auf dessen Bezug Mickey seiner Dauerfreundin Minnie einen Blumenstrauß schenkte.
    Ihr Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass ihr eigenes Kind einem
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