Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verlangen

Verlangen

Titel: Verlangen
Autoren: Sylvia Day
Vom Netzwerk:
Schläfen hinunter, während er seine Glefe schwang, doch trotz der späten Stunde war er noch nicht ermüdet. »Du hattest recht.«
    »Die Nachricht über unseren neuen Auftrag verbreitet sich schnell.« Connor Bruce blieb nicht weit entfernt von ihm stehen, mit verschränkten Armen, die den hervortretenden Bizeps und die muskelbepackten Unterarme betonten. Der blonde Riese hatte nicht die Geschwindigkeit und auch nicht die Wendigkeit, durch die sich Aidan auszeichnete, doch das machte er durch reine, rohe Gewalt wett.
    »Ich weiß.« Aidan unternahm einen Ausfall gegen einen imaginären Gegner und folgte seinem Schwert bei einem vorgetäuschten Todesstoß.
    Er und Connor waren schon seit Jahrhunderten Freunde, seit der Zeit, als sie im Wohnheim der Elite-Akademie ein Zimmer miteinander geteilt hatten. Während sie ihre Tage damit zugebracht hatten, sich mit zahlreichen Kursen herumzuplagen, und sich in den Nächten Frauen gegönnt hatten, war ein starkes Band geschmiedet worden, das all die Jahre unbeschadet überdauert hatte.
    Die Lehrgänge an der Akademie waren rigoros, mit einer extrem hohen Verschleißquote. In harten Zeiten hatten sich Aidan und Connor gegenseitig angestachelt durchzuhalten. Von den zwanzig Studenten, die gemeinsam mit ihnen begonnen hatten, waren nur drei Absolventen übrig geblieben, darunter sie beide.
    Diejenigen, die die Ausbildung nicht abschlossen, wandten sich anderen Berufen zu. Sie wurden Heiler oder Spieler. Manche entschieden sich, Meister zu werden und zu lehren. Das war ein lohnenswertes Ziel. Meister Sheron, Aidans Mentor, war eine Schlüsselfigur in seinem Leben gewesen, und selbst nach all diesen Jahren erinnerte er sich noch mit Bewunderung und Zuneigung an den Wächter.
    » Ich merke dir an, dass die Entscheidung der Ältesten dich nicht glücklich macht«, sagte Connor trocken. »Aber in letzter Zeit bist du sowieso unzufrieden mit allem, was sie tun.«
    Aidan blieb stehen, und sein Schwertarm fiel an der Seite hinunter. »Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht weiß, was zum Teufel sie überhaupt tun.«
    »Jetzt hast du wieder diesen Gesichtsausdruck«, murmelte Connor.
    »Welchen Gesichtsausdruck?«
    »Deine Hundert-Fragen-Miene.«
    Meister Sheron hatte diese scherzhafte Bezeichnung für Aidans nachdenkliche Miene erfunden. Das war nur eines von vielen Dingen, die der in der Ausbildung zum Ältesten begriffene Lehrmeister ihm vermacht hatte, und es war bis zum heutigen Tag an ihm haften geblieben.
    Aidan vermisste die Stunden, die er mit seinem Mentor an dem steinernen Tisch unter dem Baum im Innenhof der Akademie verbracht hatte. Dort hatte er unzählige Fragen gestellt, und Sheron hatte ihn mit lobenswerter und unendlicher Geduld aufgeklärt. Kurz nach dem Abschluss hatte Sheron die Weihe erhalten, die ihn zu einem vollwertigen Ältesten gemacht hatte, und Aidan hatte ihn seitdem nie wiedergesehen.
    Jetzt hob Aidan die Hand und betastete den Anhänger, den er um seinen Hals trug, einen Stein, den ihm Sheron am Tag seiner Abschlussprüfung geschenkt hatte. Er trug ihn immer, als greifbare Erinnerung an jene Zeiten und an den eifrigen Jugendlichen, der er einst gewesen war.
    »Fragst du dich nie, warum jemand den Wunsch haben könnte, einer der Ältesten zu werden?«, fragte er Connor. Ja, die Möglichkeit, Antworten zu finden, war verlockend, doch durch das Zeremoniell veränderten sich Wächter auf eine Art, die Aidan alarmierend fand.
    Sherons Erscheinungsbild war jugendlich gewesen, mit dunklem Haar, dunklen Augen und gebräunter Haut. Jetzt würde er aussehen wie die anderen Ältesten – weißhaarig, mit blasser Haut und ausgeblichenen Augen. Für eine nahezu unsterbliche Rasse musste eine derart drastische Veränderung etwas bedeuten, und Aidan war verdammt sicher, dass es kein gutes Zeichen war.
    »Nein, das frage ich mich nicht.« Connors Mundpartie nahm einen sturen Zug an. »Sag mir, wo gekämpft wird. Das ist alles, was ich wissen will.«
    »Du willst nicht wissen, wofür wir kämpfen?«
    »Quatsch, Cross. Es ist dasselbe, wofür wir immer gekämpft haben – die Albträume in Schach zu halten, während wir nach dem Schlüssel suchen. Wir sind eben die einzige Barriere zwischen ihnen und den Menschen. Und da wir Mist gebaut und die Albträume eingelassen haben, müssen wir so weitermachen, bis wir eine Möglichkeit finden, sie fernzuhalten.«
    Aidan stieß die Luft aus. Im Gegensatz zu klügeren Parasiten, die wussten, woher sie ihre Nahrung bezogen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher