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Verkaufen mit dem inneren Schweinehund

Verkaufen mit dem inneren Schweinehund

Titel: Verkaufen mit dem inneren Schweinehund
Autoren: Hermann Marcus von u Scherer Muenchhausen
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laviert, argumentiert, um seinen Abschluss kämpft. Je mehr sie das Gefühl haben, am längeren Hebel zu sitzen – schließlich entscheiden sie ganz allein, ob und wo sie ihr Geld ausgeben – und je schlechtere Erfahrungen sie bereits mit anderen Verkäufern gemacht haben, desto ruppiger gehen sie mit ihm um: »Ihre Produkte brauchen wir nicht«, heißt es da barsch, oder: »Wenn Sie uns mit dem Preis nicht entgegenkommen, können wir unser Gespräch auch gleich beenden.« Mancher Kunde lässt den Verkäufer auch gerne zappeln: »Rufen Sie doch später wieder an«, heißt es dann, oder: »Das überlege ich mir noch einmal.«
    |17| Verkäufer brauchen ein dickes Fell, um diese Reaktionen an sich abprallen zu lassen. Vielen gelingt das nicht so einfach – und so verinnerlichen sie im Laufe ihrer Berufsjahre ein negatives Selbstbild: Sie erleben sich selbst als Bittsteller, oder, wenn sie im Außendienst tätig sind, als »Klinkenputzer«. Ihre inneren Schweinehunde retten, was sie retten können: Sie lassen ihre Herrchen über die dreisten Kunden schimpfen, über die unfähige Entwicklungsabteilung oder den ruinösen Wettbewerb. Und gelegentlich schicken sie einen Außendienstler auch mal ins Freibad.

    Verkaufen im Verdrängungsmarkt

    Tatsächlich wird der Wettbewerb immer erbarmungsloser. Allein die Zahl der Artikel, die in den Supermarkt-Regalen stehen, ist rapide in die Höhe geschnellt: In den 1980er Jahren waren es rund 6 000, heute sind es über 40 000 Produkte. Für den Verkauf im Supermarkt bedeutet das eine extrem gestiegene Komplexität: Tausende Produkte müssen sinnvoll präsentiert, nachbestellt, nachgefüllt und auf ihren Erfolg hin kontrolliert, gegebenenfalls |18| ausgelistet und ausgetauscht werden. Für den Außendienstler der Hersteller heißt das: Sein Portfolio umfasst heute eine viel größere Zahl von Waren, die er kennen und verkaufen muss. In immer kürzeren Abständen bekommt er zusätzlich Innovationen ins Gepäck (die oftmals nicht mehr als kleine Varianten bereits erfolgreicher Produkte darstellen), für die er das Interesse der mit Informationen bereits völlig überfrachteten Marktleiter wecken soll.
    Es gibt kaum einen Verkäufer, der sich über die Annehmlichkeiten eines Verteilermarktes freuen kann: Wer verkauft heute noch Produkte, die sonst niemand liefert, und die gleichzeitig von vielen Kunden nachgefragt werden?
    Nein, die meisten Vertriebsmitarbeiter agieren in Verdrängungsmärkten : Jeden Kunden, den sie gewinnen, müssen sie einem anderen Anbieter abspenstig machen. Warum? Es gibt viele gute und günstige Angebote, die Nachfrage ist bescheiden, die Märkte wachsen kaum oder schrumpfen sogar, oft tobt ein ruinöser Preiskampf.
    |19| Unter solchen Bedingungen gerät der Vertrieb fast zwangsläufig unter Druck: In Hochgeschwindigkeit müssen Aufgaben und Strukturen den sich wandelnden Marktbedingungen angepasst werden. Den Mitarbeitern bleibt nichts anderes übrig, als sich immer wieder auf neue Produkte, neue Kunden, neue Entscheidungswege und neue Marketingstrategien einzustellen. Möglicherweise wird der gesamte Vertrieb auch outgesourct, mit der Mannschaft eines anderen Unternehmens zusammengelegt oder unverhofft durch ein neu geschaffenes Callcenter »unterstützt«. Kurz: Dass es im Vertrieb knirscht, ist heute ganz normal. Und wo es knirscht, da laufen die inneren Schweinehunde zur Höchstform auf. Denn nichts mögen sie weniger als schnelle Veränderungen, Hektik und Stress.
    Andererseits: Wenn sich der Vertrieb nicht permanent auf die neuen Rahmenbedingungen einstellt, übernehmen die inneren Schweinehunde erst recht das Ruder – wie in folgendem Beispiel:
    Ein Konsumgüter-Hersteller verfügt über ein Außendienst-Team, das für höchste Kontinuität steht: Das Durchschnittsalter liegt bei |20| 50 Jahren, die meisten sind seit 20 Jahren dabei. Manche kennen die heutigen Marktleiter noch aus der Zeit, als diese mit dem Dreirad zwischen den Regalen herumkurvten. Einerseits ist so ein gutes Vertrauensverhältnis entstanden, andererseits haben sich Marotten eingeschlichen, die nach einer Analyse durch den neuen Vertriebsleiter ans Licht kommen: Niemand hatte sich die Mühe gemacht, optimale Fahrtrouten auszuarbeiten – man fuhr einfach drauflos. Die Außendienstler besuchten hauptsächlich ihre Lieblingskunden und verbrachten dort viel Zeit. Marktleiter, die sie nicht so mochten, oder auch kleinere Märkte ließen sie links liegen. Außendienst-Termine wurden weder
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