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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht
Autoren: Karin Slaughter
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Department, danke für Ihre Geduld. Was kann ich für Sie tun?«
    » Marla, Jeffrey hier.«
    » Oh, hallo, Chief«, sagte sie. » Tut mir leid, Sie gestört zu haben. Es gab einen blinden Alarm bei einem der Geschäfte im Zentrum.«
    » In welchem?«, fragte er. Er musste an die Klagen denken, die er gerade erst von Betty Reynolds gehört hatte, der Besitzerin des Kramladens.
    » Die Reinigung«, sagte sie. » Der alte Burgess hat den Alarm aus Versehen selbst ausgelöst.«
    Jeffrey wunderte sich über Marla, die weit über siebzig war und dennoch Bill Burgess einen alten Mann nannte, ging aber nicht weiter darauf ein. Er fragte: » Sonst noch etwas?«
    » Da soll was im Diner gewesen sein, das Brad gemeldet hat, aber keiner hat etwas gefunden.«
    » Was hat er denn gemeldet?«
    » Hat nur gesagt, dass er dachte, etwas gesehen zu haben, mehr nicht. Sie wissen doch, wie Brad ist. Der meldet doch seinen eigenen Schatten.« Sie lachte glucksend. Brad war der Benjamin des Reviers, ein einundzwanzigjähriger Mann, dessen rundes Gesicht und dünnes, stets zu Berge stehendes Haar ihn eher wie einen kleinen Jungen aussehen ließen. Die älteren Kollegen machten sich regelmäßig einen Spaß daraus, Brads Dienstmütze zu stehlen und sie an diversen markanten Orten in der Stadt zu drapieren. Gerade in der letzten Woche hatte Jeffrey sie auf dem Kopf der General-Lee-Statue vor der Highschool gesehen.
    Jeffrey dachte an Sara. » Frank hat heute Abend Dienst. Piepen Sie mich höchstens an, wenn es eine Leiche gibt.«
    » Zwei Fliegen mit einer Klappe«, sagte Marla und gluckste wieder. » Coroner und Chief mit einem Anruf.«
    Er rief sich ins Gedächtnis zurück, dass er von Birmingham nach Grant County gezogen war, weil er in einer Kleinstadt leben wollte, in der jeder seinen Nachbarn kannte. Dass dadurch auch jeder über sein Privatleben Bescheid wusste, war die Konsequenz. Jeffrey wollte Marla gerade eine strenge Antwort geben, als er hörte, dass jemand auf dem Parkplatz laut kreischte.
    Er blickte um die Ecke, und im selben Moment schrie ein Mädchen: » Leck mich doch, du elender Wichser!«
    Marla sagte: » Chief?«
    » Moment«, flüsterte er. Bei dem zornigen Klang der Mädchenstimme verkrampfte sich sein Solarplexus. Er wusste aus Erfahrung, dass ein völlig durchgeknalltes, wütendes Mädchen an einem Samstagabend ein echtes Problem sein konnte. Die Jungs kriegte er in den Griff, bei denen ging es letztlich um Imponiergehabe, und fast alle jungen Männer wollten eigentlich davon abgehalten werden, sich zu prügeln. Junge Mädchen hingegen mussten schon äußerst gereizt worden sein, um in derart blinde Wut zu geraten, und dann war es höllisch schwer, sie wieder zu beruhigen. Eine ausgerastete Dreizehnjährige machte ihm Angst, vor allem, wenn sie eine Pistole in der Hand hielt.
    » Ich knall dich ab, du perverses Arschloch«, schrie sie einen der Jungen an. Dessen Freunde gingen schnell auf Distanz und bildeten einen Halbkreis. Der Junge stand allein da, und die Waffe war auf seine Brust gerichtet. Kaum anderthalb Meter trennten das Mädchen von ihrem Ziel, und Jeffrey sah, dass sie noch einen Schritt vortrat und den Abstand weiter verringerte.
    » Mist«, zischte Jeffrey. Als ihm wieder bewusst wurde, dass er ein Telefon in der Hand hatte, befahl er: » Schicken Sie Frank und Matt sofort hierher zu Skatie’s.«
    » Die sind drüben in Madison.«
    » Dann Lena und Brad«, sagte er. » Leise Anfahrt. Auf dem vorderen Parkplatz befindet sich ein bewaffnetes Mädchen.«
    Jeffrey legte den Hörer wieder auf die Gabel und spürte, wie angespannt er war. Seine Kehle war wie zugeschnürt, und seine Halsschlagader trat hervor wie eine pulsierende Schlange. Tausend Dinge gingen ihm rasend schnell durch den Kopf, aber er verscheuchte seinen Gedanken, zog sein Jackett aus, schob das Clipholster nach hinten und atmete tief durch. Jeffrey hielt die Arme seitlich ausgestreckt, als er auf den Parkplatz hinausging. Das junge Mädchen sah zu ihm hinüber, als er in ihr Blickfeld geriet, zielte aber weiterhin auf den Jungen. Die Mündung war leicht abwärts auf dessen Unterleib gerichtet, und als Jeffrey näher kam, sah er, dass ihre Hand zitterte. Glücklicherweise hatte sie noch keinen Finger am Abzug.
    Jeffrey näherte sich parallel zum Gebäude. Das Mädchen hatte der Rollschuhbahn den Rücken zugekehrt, Parkplatz und Highway lagen vor ihr. Er hoffte, dass Lena so viel Voraussicht walten ließ, Brad von der Seite des Gebäudes
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