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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet
Autoren: Thomas Enger
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weiß ich nicht mehr. Alles, was an diesen Tagen und in den Wochen davor geschehen ist, ist aus meinem Gedächtnis gelöscht. Aber ich glaube schon. Ich habe immer abgeschlossen, auch tagsüber. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, ob ich das an diesem Abend auch getan habe.«
    »Hatten Sie keine Rauchmelder?«
    Der Fluss der Fragen und Antworten gerät ins Stocken. Die Pflastersteine starren ihn anklagend an.
    »Ich hatte einen, aber die Batterie war leer, und ich …«
    Henning bemüht sich, den Blick zu heben, während er schwer schluckt.
    »Und die Polizei hat weder Fuß- noch Fingerabdrücke gefunden, keine Situationsspuren, DNA …«
    Henning schüttelt den Kopf.
    »Und dennoch glauben Sie, dass jemand bei Ihnen zu Hause dieses Feuer gelegt hat?«
    »Ja.«
    Ophus lehnt sich auf seinem Stuhl zurück, als das Handy ein drittes Mal klingelt. Henning schaut irritiert auf das Display. Unbekannt .
    »Tut mir leid, ich …«
    »Gehen Sie ruhig ran. Ich hab Zeit.«
    »Ist das in Ordnung? Sind Sie sicher, dass …«
    »Ja. Kein Problem.«
    »Danke, ich werde auch …«
    Henning führt eine wedelnde Bewegung mit der Hand aus, ohne genau zu wissen, was er damit sagen will.
    Ophus nickt verständnisvoll.
    Henning nimmt ab.
    »Henning Juul?«
    »Ja.«
    »Der Journalist Henning Juul?«
    »Das bin ich, ja. Mit wem spreche ich?«
    »Tore Pulli.«
    Henning setzt sich aufrecht hin und sagt Hallo.
    »Erinnern Sie sich an mich?«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Wieso?«
    Pulli antwortet nicht.
    Henning befeuchtet seine Lippen. »Warum rufen Sie mich an?«
    »Ich hätte Ihnen einen Vorschlag zu machen«, sagt Pulli.
    »Aha? Was für einen Vorschlag?«
    »Das kann ich nicht am Telefon sagen.«
    »Okay. Ich unterhalte mich gern mit Ihnen, aber im Moment passt es nicht so gut. Rufen Sie mich doch später noch einmal an. Gerne während der Arbeitszeit.«
    »Ich kann ni…«
    »Gut«, fällt Henning ihm ins Wort. »Danke schön.«
    Er legt auf und lächelt Ophus an, der damit beschäftigt ist, den zunehmenden Verkehr zu beobachten.
    Henning atmet schwer. »Entschuldigung«, sagt er und bekommt als Antwort ein verständnisvolles Lächeln.
    »Zurück zu dem, worüber wir gerade gesprochen haben«, sagt Ophus und nimmt Henning ins Visier. »Ich will Ihnen gegenüber ehrlich sein. Wenn die Ermittlungen in den letzten zwei Jahren nichts ergeben haben, ist nicht mehr viel zu erwarten. Frische Spuren sind da nicht mehr zu finden. Ich gehe davon aus, dass die Wohnung danach abgerissen oder renoviert wurde?«
    »Ja. Es wohnt jetzt jemand anderes dort.«
    »Dann sind definitiv alle Spuren dahin. Und es gibt unzählige Möglichkeiten, in einer Wohnung Feuer zu legen, die nicht unbedingt entdeckt werden. Leider.«
    Henning nickt wortlos.
    Sie sitzen da und sehen sich an, bis Henning mit dem Blick ausweicht. Er muss diejenigen finden, die Feuer in seiner Wohnung gelegt haben, und sie zu einem Geständnis zwingen. Das ist das Einzige, was hilft. Sein Blick schweift über die Ampelkreuzung.
    »Sie glauben also, dass jemand Ihnen schaden wollte? Sie umbringen wollte?«
    »Ja.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Das ist die große Frage. Ich weiß es nicht. Ich habe wirklich keine Ahnung.«
    »Und das geschah vor zwei Jahren?«
    »Ungefähr.«
    Ophus sieht Henning lange an. »Glauben Sie denn nicht, die hätten es noch einmal probiert, nachdem der erste Versuch fehlgeschlagen ist?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ist danach noch einmal ein Mordversuch auf Sie verübt worden?«
    »Nicht dass es mir aufgefallen wäre.«
    Ophus antwortet nicht, aber Henning kann auch so sehen, was er denkt. Wünschst du dir nicht nur, jemand anderes hätte das Feuer gelegt, damit du jemand anderem die Schuld in die Schuhe schieben kannst?
    Sie sitzen da und hören dem Rauschen des Verkehrs zu.
    »Ich glaube, ich kann Ihnen wirklich nicht helfen«, sagt Ophus schließlich.
    »Das habe ich befürchtet«, antwortet Henning tonlos.
    »Sie haben gesagt, dass Sie den Ermittlungsbericht selbst nicht gesehen haben. Möglicherweise steht da ja doch etwas Brauchbares drin? Ich könnte ihn für Sie besorgen, wenn Sie wollen.«
    »Ich weiß nicht, ob das tatsächlich was bringt … Aber warum nicht?«
    »Die sind mir im Präsidium noch den einen oder anderen Gefallen schuldig. Mal sehen, was ich machen kann.«
    »Tausend Dank, damit täten Sie mir einen riesigen Gefallen.«
    Ophus setzt sich etwas gerader hin, aber Henning spürt immer noch seinen Blick auf sich. Er ist nicht in der Lage, ihn
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