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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet
Autoren: Thomas Enger
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Durchgänge später klingt sein Grunzen bereits aggressiver.
    Holte hält seinen Rücken gerade und sorgt für einen sicheren Stand, ehe er seine Hände unter die Stange legt, jederzeit bereit, ihm zur Seite zu stehen. Er sieht zu Grønningen, der nickt und einen Schritt näher kommt. Aus der Anlage hämmert jetzt der harte Anfangsriff von »Dyers Eve«.
    Heggelund schließt die Augen und mobilisiert seine Kräfte für den nächsten Durchgang, aber die Stange bewegt sich nicht. Er öffnet die Augen.
    Holtes Hände sind plötzlich nicht mehr unter, sondern über der Stange, und auch Grønningen steht mit einem Mal dicht neben der Bank und setzt sich dann schwer auf Heggelunds Bauch. Ein tiefes Stöhnen kommt aus dem Hals des Mannes. Holte drückt die Stange über Heggelunds Adamsapfel. Blanke Panik spricht aus seinen Augen.
    »Was … was ?«
    »Wie lange bist du schon hier?«, fragt Grønningen. »Zwei Monate? Zweieinhalb, vielleicht?«
    Heggelund versucht, etwas zu sagen, doch er braucht all seine Kräfte, um die Stange von seinem Hals fernzuhalten.
    »Hältst du uns eigentlich für blöd?«, fragt Holte und starrt ihn kalt an. »Glaubst du wirklich, wir lassen jedes Arschloch mit uns trainieren, ohne vorher abzuchecken, was das für ein Kerl ist?«
    Heggelund bringt nur noch ein Gurgeln über seine Lippen.
    »Du hast uns verarscht«, sagt Holte durch zusammengebissene Zähne. »Hast versucht, uns zu verarschen. Glaubst du, wir wissen nicht, dass du im Herbst auf der Polizeischule anfangen willst?«
    Heggelund reißt seine Augen noch weiter auf.
    »Was hast du eigentlich vor? He?«, fragt Grønningen. »Du hast wohl zu viel ferngesehen? Wolltest du deine Karriere mit einem Undercover-Knaller starten?«
    »Aber daraus wird nichts«, übernimmt Holte. »Das gelingt niemandem!«
    »Bitte!« , fleht Heggelund mit zitternden Armen.
    Holte drückt die Stange nach unten, bis sie Hautkontakt bekommt. Aus seinen Augen sprühen Funken.
    »Du lässt dich hier nicht noch einmal blicken, verstanden?«, kommandiert Grønningen.
    Heggelund kneift die Augen zusammen und versucht zu nicken. Auf seinem Gesicht mischen sich Tränen in den Schweiß.
    »Und du erzählst niemandem davon!«, faucht Holte.
    Wieder versucht Heggelund, den Kopf zu bewegen.
    Grønningen mustert ihn ein paar Sekunden, ehe er von dessen Körper steigt und Holte zunickt.
    Heggelund schafft es durchzuatmen, aber Holte nimmt die Stange noch nicht weg.
    »Das reicht«, sagt Grønningen.
    Holte antwortet nicht.
    »Petter!«
    Widerwillig hebt Holte die Stange an, unterstützt von Heggelunds letzten Kräften. Die Stange knallt metallisch auf das Stativ. Holte dreht sich um, schnappt sich das Handtuch und schnaubt verächtlich.
    Grønningen nimmt ihn auf die Seite. »Mann, du hättest ihn fast umgebracht«, flüstert er.
    Holte antwortet nicht, sondern starrt nur auf Heggelund, der keuchend Luft zu holen versucht. Tränen laufen über seine Wangen, und seine Augenlider wirken angeschwollen.
    »Genug ist genug«, sagt Grønningen. »Hast du alles verlernt, was wir von Tore gelernt haben?«
    Holte antwortet nicht, sondern tritt ein paar Schritte zurück.
    Heggelund setzt sich langsam auf, während James Hetfields Stimme immer noch aus der Anlage dröhnt.
    Grønningen dreht sich um, geht einen Schritt auf Heggelund zu, der seine Hände noch immer um seinen Hals gelegt hat. Grønningen wartet, bis er Augenkontakt hat, ehe er mit dem Kopf in Richtung Tür deutet.
    Heggelund rappelt sich auf und taumelt zur Tür, von der ihm der Name des Studios in blutroten Buchstaben entgegenleuchtet: Kraft & Respekt .
    3
    Das grelle Licht lässt Henning blinzeln. Er reibt sich den Schlaf aus den Augen, es fühlt sich wie Sandpapier an, und er spürt die Schmerzen in seinem Rücken. Dann richtet er sich langsam auf. Die Cola auf dem Tisch ist warm geworden, er trinkt aber trotzdem einen Schluck, lässt sie im Mund schäumen und schmeckt den schwarzen Zucker auf der Zunge. Er sieht aus dem Fenster. Der Himmel lockt mit seinen zahllosen Schattierungen von Blau. Er lässt den warmen Sommerwind durch das Fenster in das Wohnzimmer strömen. Eine Schwalbe pfeift, bekommt aber keine Antwort. Über dem Haus auf der anderen Straßenseite rasiert ein gelber Baukran die Baumwipfel.
    Henning stapft ins Schlafzimmer, nimmt zwei Tabletten aus der Dose, die auf dem Nachtschränkchen liegt, und schluckt sie ohne Wasser, bevor er weiter in die Küche geht und einen Blick auf den chaotischen Haufen von
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