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Vergessene Tränen im Regenwetter

Vergessene Tränen im Regenwetter

Titel: Vergessene Tränen im Regenwetter
Autoren: Stephanie Berth-Escriva
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Jahre waren ins Land gegangen. Keine Karte, kein Telefonanruf, nicht einmal ein Mail, Alexander war verschwunden und lebte nur noch in Nathalies Erinnerungen. Yoann hatte sich mit einem Freund verlobt und ein eigenes Modegeschäft für Männer eröffnet. Sonia lebte glücklich verheiratet mit einem reichen Typ auf dem Lande und kümmerte sich um ihren Nachwuchs. Nathalie und ihrem Mann war es schließlich dank künstlicher Befruchtung gelungen, einen kleinen Sohn zu bekommen. Mittlerweile war dieser vier Jahre alt. Sie nahm sich als pflichtbewusste Mutter jeden Mittwochvormittag frei, lieferte ihn dann bei einer Kinderfrau ab und ging zur Arbeit.
Ihr Leben lief ab wie ein vorgefertigter Bildband. Sie hatte alles, um glücklich zu sein. Dank einer Erbschaft hatte ihr Mann eine zweite Wohnung kaufen können, die sie möbliert an gut verdienende Leute vermieteten. Ihr Land steckte in einer Krise, von der sie nichts mitbekam. Nur ab und zu, wenn sie ihren Sohn bei der Kinderfrau untergebracht hatte und auf ihr Taxi wartete, sah sie eine immer länger werdende Schlange wartender Menschen auf dem Bürgersteig gegenüber. Zu bestimmten Zeitpunkten verteilte dort das rote Kreuz Nahrung, ‚populäre Suppe' wurde es genannt. Genauso wie an diesem Tag. Es regnete und sie hatte mal wieder ihren Regenschirm vergessen. Die Autos rauschten an ihr vorbei, bald würde ihr bestelltes Taxi vorfahren, als sie ein Gesicht wiederzuerkennen glaubte. Sein Gesicht müde, mager, mit dunklen Schatten unter seinen graublauen Augen, Alexander wartete in einer anonymen Masse auf eine warme Mahlzeit. Diese Entdeckung erschütterte sie wie ein apokalyptisches Erdbeben, von dem nur sie etwas mitbekam. Er sah sie glücklicherweise nicht, sein verschlossener Blick war in die Ferne gerückt. Nathalies Gesicht wurde vom Regen nass, wobei sie ihre eigenen Tränen nicht bemerkte.
Warum weinte sie auch?
Um sich?
Um ihn?
Nein, um eine Welt, in der Regeln Plätze für Menschen schufen, die denselben blind gehorchten. Um eine Welt, in der es keinen Ort für Poeten gab. Eine Welt, in dem selbst ein Ritter seine Waffen niederlegen musste, wenn er sich weigerte, denen zu gehorchen, die sein Recht zur Existenz bezahlten.

"Mademoiselle!" Der Taxifahrer hatte die Fensterscheibe heruntergekurbelt und wollte sich erkundigen, ob sie es war, die ihn bestellt hatte. Sie blickte ihn befremdet an, stieg ein und nahm ihren elenden Lauf auf, denn sie hatte einen Platz auf diesem verdammten Karussell des Irrsinns. Sie hatte ihr Leben im Griff. Normalerweise war sie froh, wenn sie noch jemand mit ‚Mademoiselle' ansprach, doch heute dachte sie daran, eine Versicherung für ihren Sterbefall abzuschließen. Ihr Mann und sie waren noch nicht so alt, es würde nicht viel kosten ...

Verlag:
BookRix GmbH & Co. KG
Einsteinstraße 28
81675 München
Deutschland

Texte: Stephanie Berth-Escriva
Bildmaterialien: Stephanie Berth-Escriva

Alle Rechte vorbehalten.

Tag der Veröffentlichung: 21.02.2013

http://www.bookrix.de/-steffseinhorn

ISBN: 978-3-7309-1234-8

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