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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben
Autoren: Stefanie Markstoller
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die zeigte ich nicht gerne. Ich mochte die Blicke nicht, nicht seit Kian in der sechsten Klasse damit angefangen hatte, mir lieber auf die Titten zu starren, als mir an den Haaren zu ziehen. Das war der Startschuss zu weiten, unförmigen Klamotten gewesen. Mit zwölf war einem halt noch so einiges peinlich, und als frühreifes Mädchen in einer Klasse mit lauter unreifen Jungs zu sein, hatte mich halt etwas erfinderisch gemacht. Und bis heute hatte ich noch keinen Grund gesehen, etwas an meinen Klamotten zu ändern – wofür mein Vater wohl ziemlich dankbar war, immerhin war ich sein armes, kleines Mädchen, das vor der großen, bösen Männerwelt geschützt werden musste –, obwohl mir meine Cousine Alina immer sagte, dass ich viel mehr aus meinem Typ machen könnte – was auch immer das hieß.

Ich griff nach meiner Haarbürste, um den wilden Flaum auf meinem Kopf ein wenig zu bändigen, und dachte daran, dass niemand auf der Welt, der mich so sah, auf den Gedanken käme, dass ich von adliger Herkunft war. Niemand würde glauben, dass ich in Wirklichkeit eine Prinzessin war – nicht mal ich selber konnte das glauben, obwohl ich als kleines Mädchen immer gerne als Prinzessin zu Fasching gegangen war.

Seufzend legte ich meine Bürste zurück, und machte mich daran mein Zimmer zu verlassen. Wenn meine Mutter erst mal aus dem Bad raus war, und die Küche stürmte, würde für mich nicht viel übrig bleiben, also musste ich ihr zuvor kommen.

Die drei-Zimmer-Wohnung in der wir leben war zwar recht klein, dafür aber sehr gemütlich, und mit warmen und einladenden Farben gestaltet, die man nicht nur bei den Möbeln, sondern auch bei den Wänden fand. Mein Vater hatte alles selbst renoviert, als wir vor knapp sechzehn Jahren hergezogen waren.

Die Düfte aus der Küche schwebten mir genauso entgegen wie die leisen Stimmen, kaum dass ich meine Zimmertür geöffnet hatte. Die Schaschlikspieße meiner Tante waren wirklich die Besten der Welt, auch ohne das mein Vater sich noch mal an ihnen verging – nicht das ich mich beschweren wollte, mein Vater kochte hammermäßig gut, was wohl auch der Grund für überflüssigen Kilos war, die sich an meiner Hüfte festgesetzt hatten, und einfach nicht weichen wollten, egal auf wie viele Gummibärchen ich verzichtete.

Ich trat gerade in den Flur, als mein Vater meine Tante anzischte leiser zu sprechen. „Ich will nicht das Zaira das hört.“

„Ach hör doch auf.“ Ich konnte geradezu vor mir sehen, wie sie abwinkte, und dabei ihre Armreife aneinander klickten. „Wenn deine Tochter an ihrem Spielzeug sitzt, bekommt die doch eh nichts von der Welt um sich herum mit.“

Mein Vater schnaubte. „Du würdest dich wundern, was sie alles mitbekommt.“

Ich blieb ganz still stehen, versuchte sogar das Atmen soweit es ging einzustellen, in der Hoffnung, dass sie mich dann nicht bemerken würden. Wenn mein Vater versuchte etwas vor mir zu verheimlichen, dann konnte das nur mit meiner Erzeugerin und der Welt in der sie lebte zu tun haben. Er versuchte immer alles in dieser Richtung vor mir zu verbergen, weil ich so anders war als all die anderen, weil sie mich dort niemals akzeptieren würden wie ich war, und weil es schlimm enden könnte, wenn anderer herausfanden, wer ich wirklich war.

„Zaira hat schon immer spitze Ohren bekommen, wenn es um die Verborgene Welt ging“, fuhr er fort. Es zischte, er musste etwas in die Pfanne gelegt haben.

„Das ist doch nur natürlich“, warf da meine Mutter ein. Aha, sie war also doch schon aus dem Bad raus. Da konnte ich nur hoffen, dass Tante Amber mein Essen bis zum letzten gegen sie verteidigte, damit nicht nur Reste für mich übrig blieben. „Sie ist neugierig auf ihre Herkunft. Und du machst immer so ein großes Geheimnis daraus, dass sie gar nicht anders kann als neugierig zu sein.“

„Zaria weiß alles was sie wissen muss, den Rest verberge ich aus einem guten Grund vor ihr.“

„Ja, aus dem gleichen Grund, warum du dich mit ihr seit Jahren in einem kleinen Kaff wo es nur Menschen gibt, versteckst“, gab meine Tante unwirsch zurück.

Mein Vater murrte etwas unverständliches, und … „Halt dich da raus, Lalamika! Ich werde meine Meinung bestimmt nicht ändern, nur weil du auch noch deinen Senf dazugeben musst!“

Ah, meine andere Tante machte sich also auch bemerkbar.

Tante Lalamika war … etwas Besonderes. Genaugenommen war wie tot, und spukte seit dem in den Köpfen meiner Eltern herum. Zu Lebzeiten war sie der
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