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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben
Autoren: Stefanie Markstoller
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Naja, die war halt wie meine Mutter.
Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein Seufzen. „Willst du das wirklich durchziehen?“
„Ja.“ Kurz und bündig. „Ich will sie endlich kennenlernen, und jetzt weiß ich auch, wo ich suchen muss.“ Endlich, nach so langer Zeit, und der ständigen Geheimnistuerei meines Vaters.
„Willst du nicht lieber noch mal mit deinen Vater reden?“
„Das habe ich bereits getan. Vor einer halben Stunde um genau zu sein.“ Ich schob die Brille auf meiner Nase ein wenig hör, da sie sich mal wieder verabschieden wollte. „Ich wollte ihm noch eine letzte Chance geben, aber er hat wieder nein gesagt, und jetzt muss er mit dem Ergebnis leben.“
Einen kurzen Moment blieb es ruhig. „Ich finde aber immer noch nicht, dass das eine gute Idee ist.“
„Willst du etwa kneifen?“ Das wäre voll negativ. Kian war der einzige mit einem Auto in meinem Bekanntenreis, der mich zum Bahnhof fahren konnte, ohne meine Entscheidung zu hinterfragen. Obwohl, eigentlich tat er das ja gerade doch.  
„Nein, natürlich nicht.“ Wieder ein Seufzen. „Ich fürchte nur, dass dein Vater mich umbringen wird, wenn er von meiner Beteiligung bei dieser Sache erfährt.“
„Er wird es nicht erfahren“, versicherte ich ihm. „Also, was ist nun, Steinbruch?“
„In zwanzig Minuten treffen wir uns dort“, war seine Antwort, dann war die Leitung auch schon tot. Kian machte nie mehr Worte, als unbedingt nötig. Das wusste ich schon lange, daher war ich auch nicht beleidigt, wie manch anderer es in diesem Moment vielleicht gewesen wäre.
Ich steckte den halben Keks, den Flair noch nicht verdrückt hatte, zurück in die Schachtel, klemmte mir meinen Hund unter den Arm, und marschierte ins Wohnzimmer, wo meine Eltern sich immer noch in den Haaren lagen. „Hier“, sagte ich, und hielt meinem Vater, einem sehr großen Mann, mit kurzen, schwarzen Haaren, und Kinnbärtchen die Schachtel unter die Nase.
Zwei helle, eisblaue Augen richteten sich auf mich. Sein Mund klappte zu, und er fixierte mich mit einem Blick, der andere sofort in die Flucht geschlagen hätte.
Mein Vater war durchtrainiert, und trotz seines Alters von … äh … naja, Uralt eben, noch ein ansehnlicher Kerl – zumindest wenn man den Blicken der Frauen auf den Straßen trauen konnte. Er war schon ein schmucker Kerl, was hauptsächlich von seinen Augen herrührte. Sie verrieten auch, was er war. Nein, ich habe mich nicht falsch ausgedrückt, ich meine was ich sage. Mein Vater war ein Vampir, und seine Augen verrieten das.
„Siehst du, ich hab doch gesagt, ich habe sie nicht“, kam es von meiner Mutter. In all den Jahren, die sie nun schon mit meinem Vater zusammen war, hatte sie den afrikanischen Akzent, der ihre Herkunft beschrieb, nicht abgelegt. Sie war eine zierliche, kleine Frau mit dunkler Haut, und einer noch dunkleren Haarpracht, die so manchen sicher neidisch machte. Aber das besondere an ihren Haaren, waren die Flecken darin. Meine Mutter war auch kein Mensch. Nein, sie war auch kein Vampir, so wie mein Vater. Meine Mutter war eine Werkatze, die sich bei Lust und Laune in einen Leoparden verwandeln konnte. Und eigentlich war sie auch nicht meine Mutter, sondern die Lebenspartnerin meines Vaters. Aber sie war die Frau, die mich seit meinen vierten Tag auf diesem Planeten erzog – so mehr oder weniger jedenfalls –, und sich damit den Titel meiner Mutter mehr als verdient hatte.
Bevor mein Vater mir noch eine Standpauke wegen der Kekse halten konnte, wandte ich mich bereits ab, und steuerte die Wohnungstür an. „Ich bin dann weg.“
„Was? Nein, Moment.“ Mein Vater – oder besser gesagt, mein Gefängniswärter und Zuchtmeister – war bereits bei mir im Flur, bevor ich auch nur die Türklinke runtergedrückt hatte. „Wo willst du bitte hin?“
„Ich treffe mich mit Kian.“
Er kniff leicht die Augen zusammen. Laut meiner Mutter hatte ich mal die gleiche blasblaue Farbe gehabt, aber mit den Jahren waren meine Augen dunkler geworden. Nun war das einzige spezifische Merkmal, dass ich als Vampir besaß, meine Zähne. Nur an ihnen konnte man noch erkennen, was ich zu einem Teil war.
„Und wann bist du wieder da?“
Wenn alles klappen würde – wovon ich nun einfach mal ausging –, dann frühstes in ein paar Tagen. Natürlich sagte ich ihm das nicht. „Irgendwann heute Abend, schätze ich.“ Ich schob meine Brille zurück auf meine Nase. Das machte ich schon ganz automatisch, ohne es zu merken, weil sie ständig
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