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Verfemte des Alls

Verfemte des Alls

Titel: Verfemte des Alls
Autoren: Andre Norton
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wird, auch wenn alle, die ihn fortgebracht haben, dann längst tot und vergangen sein werden, und er wird auf die Rückkehr warten, dort, wo er jetzt steht.«
    Die Lippen des Priesters bewegten sich nicht mehr. Zwei seiner Begleiter breiteten eine Matte vor ihm aus, und der Priester kniete nieder, die Hände auf der Brust gekreuzt.
    Jetzt kam vom Tor her ein kleiner Wagen über das Feld, machte einen großen Bogen um den knienden Priester und näherte sich der LYDIS.
    »Unsere Starterlaubnis.« Lidj erhob sich von seinem Sitz. »Ich hole sie. Je eher wir hier wegkommen, desto besser.«
    Da der Start jetzt mit Sicherheit bald erfolgen würde, begaben wir uns alle auf unsere Posten, bereit, uns anzuschnallen. Ich half Maelen auf ihre obere Koje und band das Schutznetz fest, was sie mit ihren Pfoten nicht tun konnte. Dann legte ich mich auf meine eigene Koje und wartete auf das Signal. Ich mußte an den knienden Priester denken. Wenn wir nicht noch eine zweite Reise unternahmen, um noch mehr Fracht zu befördern, würde er lange warten müssen. Und was war, wenn wir tatsächlich zurückkehrten, nachdem wir unsere erste Lieferung auf Ptah gelassen hatten?
    »Laß uns erst zurückkehren …«, empfing ich Maelens Gedanken.
    Das Startsignal durchschnitt unseren Kontakt. Maelen verschloß ihre Gedanken, so wie ein anderer seinen Mund verschließt. Wir lagen da und warteten auf das vertraute Unbehagen, als die LYDIS abhob und in den Raum hinausstieß – nicht zu den Sternen diesmal, sondern zum vierten Planeten des Systems, jetzt sichtbar als blasser Halbmond am westlichen Himmel.
    Da wir für eine so kurze Reise nicht auf Hyper gingen, schnallten wir uns los, sobald wir gleichbleibende Geschwindigkeit erreicht hatten. Außerdem befanden wir uns jetzt in freiem Fall, ein Zustand, der niemals angenehm ist – obwohl wir praktisch fast von Geburt an daran gewöhnt sind. Maelen mochte das ganz und gar nicht und zog es vor, diese Perioden in ihrem Startnetz zu verbringen. Ich vergewisserte mich, daß sie es so bequem wie möglich hatte, und begab mich dann zu Lidjs Quartier.
    Dort sah ich zu meinem großen Erstaunen, daß mein Vorgesetzter nicht allein war. Obgleich er nicht die Robe und das Cape seines Standes trug, verriet der geschorene Kopf des Mannes, der auf der Koje des Lademeisters lag, daß es sich um einen Priester handelte. Wir waren nicht auf einen Passagier vorbereitet gewesen – oder zumindest hatte man mich nicht davon informiert. Und es kam so selten vor, daß ein Freies Handelsschiff einen Fremden an Bord nahm, daß ich Lidj fragend ansah. Der Priester selbst lag schlaff und reglos unter dem Schutznetz; offenbar war er bewußtlos.
    Lidj bedeutete mir, die Kabine zu verlassen und folgte mir. Er schloß die Schiebetür hinter sich.
    »Ein Passagier?«
    »Er hatte Befehle, die wir akzeptieren mußten«, erklärte Lidj. Ich konnte sehen, daß ihm die Sache wenig gefiel. »Er überbrachte nicht nur die Warnung, so rasch wie möglich abzuheben, sondern auch eine Vollmacht des Hohenpriesters, unsere Fracht zum Zielort zu begleiten und dort zu übernehmen. Ich weiß nicht, was da geschehen ist, aber unsere Auftraggeber wollten uns so schnell wie möglich weghaben. Und solange er nicht weiter mitfliegt als bis Ptah …«

 
3
 
Maelen
     
    Ich lag auf dem mir zugewiesenen Platz in diesem Schiff und kämpfte wieder einmal meinen einsamen Kampf aus, diesen Kampf, den ich mit keinem anderen teilen konnte, nicht einmal mit diesem Fremden, der seinerzeit einen ähnlichen Kampf ausgefochten hatte. Ich, die einstmals Maelen, die Mondsängerin, war und (wie ich jetzt weiß) viel zu arrogant in meinern Stolz auf Worte und Taten. Ich, die ich glaubte, allein Schicksal spielen zu können und daß alles nach meinem Wunsche gehen würde.
    Wohl tun wir Thassa daran, uns der Waagschalen Molasters zu erinnern, in denen die Taten unserer Körper, die Gedanken unseres Geistes und die Wünsche unseres Herzens gewogen werden gegen Wahrheit und Recht!
    Denn ich war also gewogen und für zu leicht befunden worden, und nun lebte ich in einer anderen Hülle, in der meiner kleinen Freundin Vors. Und Vors hatte mir bereitwillig ihren Körper gegeben, als mein eigener mich im Stich ließ. Deshalb durfte ich das große Opfer, das sie mir gebracht hatte, nicht schmälern oder vergeuden. Und so zwang ich mich, mein Schicksal zu ertragen – um diesen Kampf nicht einmal, sondern wieder und wiedc auszufechten.
    Als Mondsängerin, die lernen muß,
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