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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Autoren: Gerhard Seyfried
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See gewesen wäre. Als er von seiner vorletzten Australienfahrt zurückkam, fand er einen Brief vor, in dem sie ihm ihre Verlobung mit einem Lieutenant der Horse Guards mitteilte. Er verdrängt sie aus seinen Gedanken, konzentriert sich wieder auf das Spiegelbild der Marinebuchhandlung, aber dort rührt sich noch immer nichts. Wenn er zu lange hier stehenbleibt, wird es auffallen. Er bummelt ein Haus weiter, ein Naval and Military Tailor hat hier sein Geschäft, rote Uniformröcke im Schaufenster, Mützen, ein Tropenhelm. Daneben ein Kunstblumenhersteller, dann folgt ein Laden mit Straußenfedern. Langsam wandert er vor bis zur Charing Cross Road, wobei er ein paarmal über die Schulter blickt, um seinen Mann nicht zu verpassen. An der Ecke zieht er sein Jackett aus, es ist weiß Gott warm genug, nimmt die Mütze ab und stopft sie in die Brusttasche. So verändert, schlendert er zurück, bleibt vor dem Fenster von Watkins Esoteric Bookshop stehen, wundert sich über die seltsamen Titel und kehrt schließlich zu dem Geschäft mit den Filmapparaten zurück, um von hier aus seine Beobachtung der Buchhandlung fortzusetzen.
    Ein paar Minuten später bewegt sich dort etwas hinter der Glastür, jemand hängt von innen ein Schild hin. Er bleibt noch eine Weile stehen, dann wendet er sich ab und geht in Richtung St. Martin’s Lane, wobei er einen Blick auf das Schild hinter der Glastür wirft. Closed, steht darauf und darunter: Back by 1 p. m. Beim Salisbury an der Ecke bleibt er stehen und notiert Uhrzeit und Adresse in sein Büchlein. Dazu vermerkt er : BS hop 10 min nach betreten von v geschlossen. Ungewöhnlich an einem Freitagvormittag. Anscheinend will man nicht gestört werden. Was gibt es dort drin zu bereden, das niemand hören soll?
    London, Petermans Bookshop, 5. Juli 1911, Mittwoch
    Punkt neun Uhr betritt Adrian Seiler den Bookshop im Cecil Court. Keine Kunden im Laden, auch Peterman scheint nicht da zu sein, aber aus dem Keller ruft eine Mädchenstimme: » Coming! One minute, please!«
    Seiler will antworten, aber auf einmal ist ihm die Kehle wie zugeschnürt, zugleich spürt er, wie ihm Röte warm in Wangen und Ohren steigt. Petermans Tochter! Seiler räuspert sich, um zu zeigen, daß er gehört hat. Aber sie kommt schon die Treppe herauf, flink und leichtfüßig, und als sie ihn sieht, lächelt sie und sagt: » Oh! It is you, Sir!« und fährt auf deutsch fort: » Der Herr von der deutschen Botschaft, nicht wahr? Sie möchten die Bücher für Herrn Kapitän Widenmann abholen?«
    » Yes, indeed«, erwidert Seiler, » ich meine, ja«, und stottert: » Ich wußte nicht, daß Sie, also, daß Sie auch Deutsch sprechen.«
    Sie erinnert sich an mich, denkt er freudig überrascht, dabei hat sie mich doch erst einmal gesehen! Ob sie dasselbe empfunden hat wie ich, vorgestern, als sich unsere Blicke begegnet sind?
    Sie lacht ihn an: » Aber ja! Mein Vater ist doch auch Deutscher. Er ist nur schon so lange hier, da merkt man es ihm kaum mehr an.« Sie deutet einen Knicks an: » Ich heiße Vivian.«
    Seiler verbeugt sich militärisch knapp, klappt die Hacken zusammen und erwidert steif: » Sehr erfreut! Adrian Seiler, Oberleutnant zur See in der Marine Seiner kaiserlichen Majestät, vorübergehend an die Londoner Botschaft kommandiert.« Er fühlt sich furchtbar verlegen. Er hätte sich natürlich zuerst vorstellen müssen, so verlangt es die Etikette. Seine Ohren glühen, und der steife Kragen schnürt ihm auf einmal die Luft ab. Zum Teufel mit diesen Zivilklamotten! In Uniform würde er eine bessere Figur machen und sich auch entschieden sicherer fühlen. Aber in diesem grauen Anzug? Und die dämliche Melone, die er unter den Arm geklemmt hat, als wäre sie seine Offiziersmütze. Macht man das mit einem zivilen Hut? Bestimmt nicht.
    Hübsch ist sie. Große, blaugrüne Augen in einem schmalen, blassen Gesicht unter den braunen Haaren, ein zartes Gesprenksel von Sommersprossen um die Nase. Seitlich über dem Nasenflügel hat sie einen kleinen roten Punkt, vielleicht ein Muttermal. Heute trägt sie einen blaßgrünen Rock, der sich eng um ihre Hüften schmiegt, und eine weiße Bluse mit hohem Spitzenkragen. Die Ärmel hat sie bis über die Ellbogen hochgekrempelt.
    » Ich bin auch sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Seiler«, lächelt sie mit einem spitzbübischen Zug um den Mund und wischt sich eine Haarsträhne aus der Stirn, » Falls Sie meinen Vater sprechen wollten, müßten Sie aber am Nachmittag
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