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Venus und ihr Krieger

Venus und ihr Krieger

Titel: Venus und ihr Krieger
Autoren: Susan Hastings
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glockenhelle Stimme, als sie ihn rief. Er folgte ihr, ahnend, dass sie sich irgendwo im Dickicht versteckte. Dort, wo die Bäume wieder lichter standen, wuchs hoher Farn. Ganz sicher hockte seine hübsche Hirschkuh unter dem grünen Dach. Da! Der Ruf einer Eule! Das war Sigrun. Doch wieso schnaubte hinter ihm ein Pferd? Als er sich umwandte, sah er ein breites, kurzes Schwert niedersausen. Es traf ihn wie Zius Blitz an der Schulter. Im Fallen krallte er sich an den Stamm eines Baumes. Ein zweiter Hieb nahm ihm die Besinnung.
    Sigrun! Wo ist Sigrun? hämmerten seine Gedanken. Mühsam versuchte Helfgurd sich aufzurichten. Er blickte sich um. Es dunkelte bereits.
    »Sigrun!«
    Seine Stimme klang kratzig. Er lauschte. Doch nur der Wind rauschte in den hohen Wipfeln der Tannen. Ächzend erhob er sich. Die grässliche Wunde in seiner Schulter schmerzte und blutete stark.
    »Sigrun!«
    Das Schweigen des Waldes verriet ihm, dass er allein war. Er taumelte aus dem Wald und lief den Abhang hinunter, wobei er mehrfach stürzte. Mit letzter Kraft schleppte er sich ins Haus.
    Im Wohntrakt feierten Sigmund, Eisenhard, Naiax und die Knechte den erfolgreich verhandelten Ehevertrag. Sie hatten dem Met und dem Sauerbier kräftig zugesprochen, es ging laut und heftig zu.
    Als erste erblickte Hertha den blutüberströmten Helfgurd. Sie stieß einen spitzen Schrei aus. Jetzt wurden auch die Zecher aufmerksam. Eisenhard sprang auf und fing Helfgurd in seinen Armen auf.
    »Was ist geschehen?«, fragte er fassungslos. »Sigrun«, stammelte Helfgurd. »Sigrun!«
    »Was ist mit Sigrun?«
    »Entführt! Römer!« Helfgurd verlor das Bewusstsein.
    Sigmund war aufgesprungen, ebenso Naiax. Die Knechte griffen zu den Waffen. Sie stürzten zur Tür hinaus in die Dunkelheit. Das Tal lag in friedlichem Schweigen. Naiax fuchtelte mit seiner Lanze durch die Luft.
    »Rache!«, schrie Sigmund. »Rache den Römern!« Dann stürzte er der Länge lang hin und blieb lallend liegen.
    Es war zuerst der eigenartige Geruch, den Sigrun bemerkte. Sie versuchte, die Augen zu öffnen. In ihrem Kopf dröhnte es, und ihre Augen schmerzten heftig, als sie das Licht erblickte. Es war heller Tag. Um sie herum vernahm sie Stimmengewirr, Lachen und Pferdeschnauben. Metall rasselte, Waffen klirrten. Erschrocken wollte sie aufspringen und fiel sogleich zurück. Ihre Beine waren mit Ketten an eine Mauer gefesselt! Sie blinzelte gegen das helle Licht. Jetzt erkannte sie römische Soldaten, die geschäftig hin und her liefen. Sie übten auf einem freien Platz unter Anleitung eines Fechtmeisters. Andere versorgten Pferde, die in einem umzäunten Gatter standen. Auf der Wiese standen einige runde Zelte. Langsam begriff Sigrun, dass sie in einem römischen Soldatenlager gefangen war!
    Niemand kümmerte sich um sie. Erst jetzt bemerkte sie, dass noch andere Gefangene an diese Mauer gekettet waren; Männer, junge Frauen, Kinder. Sie atmete tief durch – und jetzt wusste sie auch, woher der eigenartige Geruch kam, den sie zuerst wahrgenommen hatte. In einer provisorischen Bretterbude war eine Garküche untergebracht. In einem riesigen Kessel kochte Fleisch. Sigruns Magen knurrte, gleichzeitig wurde ihr übel. Sie war gefangen, Gefangene der Feinde! Sie brauchte nichts mehr zu essen. Sie würde sich selbst töten. Sofort! Denn eine solche Schmach konnte keine freie Germanin ertragen. Die Freiheit war ihr höchstes Gut. Wurde ihr dies genommen, war der Tod eine Erlösung, ein Weg, dieser Schmach zu entgehen. Der einzige Weg!
    Sigrun setzte sich auf. Ihr Kopf schmerzte immer noch, doch sie unterdrückte diese Empfindung. Es war kein Problem für sie, körperliche Schmerzen zu vergessen. Nicht vergessen konnte sie die Schmach, die ihr die Römer angetan hatten: Sie hatten ihr die Freiheit genommen!
    Sigrun blickte sich um. Wie konnte sie ihrem Leben ein Ende setzen? Womit? Ihre Füße waren mit Eisen gefesselt, ebenso die Hände. Auch um den Hals trug sie eine eiserne Fessel. Die Ketten waren schwer und zogen sie zu Boden. Sie konnte sich kaum bewegen. Sie lag auf losem Stroh, das an die Wand geschüttet worden war. Keine Waffe, kein Messer, keine Rute, die sie hätte benutzen können, um ihrem Leben ein Ende zu setzen!
    Ein römischer Soldat beugte sich zu ihr herunter. Er reichte ihr eine Schüssel mit Suppe. Ein verführerischer Duft stieg Sigrun in die Nase, und sogleich meldete sich ihr knurrender Magen. Sie blickte dem Soldaten ins Gesicht. Er lächelte. Dieser Mann lächelte, weil
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