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Velvet Haven Paradies der Dunkelheit

Titel: Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
Autoren: Renwick Sophie
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Schulterblättern tief ins Fleisch gedrungen.
    Immer wieder lief es auf die gleiche Weise ab. Nacht für Nacht. In seiner Vision starb er jedes Mal aufs Neue, andauernd begegnete ihm sein eigener Tod, ohne ihm jemals etwas preiszugeben. Er durchlebte seinen Tod, verursacht durch eine unbekannte Hand, an einem Ort, der ihm fremd vorkam.
    Die Sekunden der Leblosigkeit schienen stillzustehen, begannen dann sogar zu schwinden. Bald schon strömte wieder Luft und Leben durch seine Lungen und in seine Venen hinein. Doch er kämpfte dagegen an. Er war noch nicht bereit, in das Reich der Lebenden zurückzukehren.
    Bran wollte den Bastard zurücklocken, kämpfte mit aller Kraft dagegen an, aus dem Zustand der tiefen Trance, in dem ihm sein Schicksal in aller Deutlichkeit vor Augen stand und der ihn und den Tod aneinanderfesselte, hinauskatapultiert zu werden.
    Der Tod hatte ihn zum allerletzten Mal in einen Hinterhalt gelockt.
    Indem er seine Knie gegen den kühlen, moosbewachsenen Boden presste, verankerte sich Bran in der Erde und schickte die überschüssige Energie der Elemente in den Untergrund, damit sie sich dort verteile. Dann öffnete er die Augen, konzentrierte sich mit aller Macht auf die schwarzen Kerzen und inhalierte tief den Geruch von Weihrauch, während sich der Tod seinem eisernen Griff zu entwinden suchte. Doch Bran war stärker, und es gelang ihm, den Tod so lange festzuhalten, bis sich die Dunkelheit erneut über ihn herabsenkte und er ein weiteres Mal starb.
    Endlich. Denn dieser Teil seiner Vision war ihm vollkommen neu. Eine Vielzahl sinnlicher Reize brach über ihn herein. Ein Duft. Der Geruch von weiblicher Erregung, vermengt mit dem Parfüm der Tollkirsche und von männlichem Moschus. Ein Klang. Das heisere Stöhnen einer Frau, sein eigener, schwerer Atem. Eine Berührung. Dieses Gefühl war überall, bedrängte ihn von allen Seiten. Die Sigillen, die seine Haut an der Brust, den Armen, am Nacken und den Schläfen zierten, pulsierten von der unglaublichen Kraft, die ihn wie ein Kokon umschloss. Doch spürte er zugleich auch eine Schwäche in sich. Sie laugte ihn sogar aus, machte ihn verletzlich. Und dennoch quälte ihn ein Verlangen, eine grenzenlose Begierde nach dieser unvergesslichen Berührung, die ihn gleichermaßen schmerzte wie erregte.
    Ein Anblick. Er versuchte etwas zu erkennen, bemühte sich, tief in das flackernde Leuchten der Kerzen hineinzublicken. Er wollte nach dem Tod greifen, seine Kraft nutzen, um noch der letzten Mosaikteilchen seiner Vision habhaft zu werden.
    Und dann geschah es. Für den Bruchteil einer Sekunde schien vor seinen Augen alles zu zerfließen – und sein Blick wurde wieder klar. Die Pupille seines rechten Auges weitete sich, dann wurde ihm eine Aussicht in seine eigene Welt gewährt. Annwyn lag friedlich da. Stille. Seine linke Pupille richtete sich währenddessen auf das Reich der Sterblichen. Auch dort war dieselbe beunruhigende Stille wahrzunehmen. Doch ehe er das Portal verschließen konnte, wurde er von den flehentlichen Schreien einer Frau abgelenkt. Rote Farbtupfer flackerten vor seinen Augen. Der beißende Gestank nach verbranntem Fleisch drang ihm in die Nase, während sich ein monotoner Gesang beschwörend in sein Gehör wand.
    Ein verschwommenes Bild folgte, das einer zarten und blassen Hand, die den Schaft seines Athames umschlossen hielt. Eine weibliche Hand. Er wollte nach der Vision greifen, doch seine Finger durchpflügten nichts als graue Nebelschwaden. Dann war das Bild wieder verschwunden, es hatte sich in feinste Rauchschleier aufgelöst. Der Anblick, der Duft und der Klang der Vision wurden geradezu aus ihm herausgesaugt, nämlich so, als stellte sie eine separate Daseinsform dar, und er blieb ausgelaugt und heftig keuchend zurück und rätselte, was er da soeben erlebt haben mochte.
    Denn diese Vision war ihm noch nie zuvor erschienen. Und sie hatte etwas Dunkles, Drohendes an sich gehabt. In seinen vorherigen Visionen war er immer nur gestorben. In dieser jedoch hatte es auch viel Leid und Schmerz gegeben – und eine Frau.
    Der Tod, so schien es, spielte ein grausiges Spiel mit ihm.
    Mit hängendem Kopf bemühte sich Bran, seine Atmung zu verlangsamen, während sein Körper von der Lebenskraft, die ihn umgab, unverändert pulsierte. Immer noch trug er den schweren Duft einer Frau, wie er sie kurz vor dem Orgasmus umgab, in der Nase. Seine
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