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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman
Autoren: Iris Kammerer
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Als Lagerpraefect war er zwar für Beurlaubungen nicht verantwortlich, allerdings oblag ihm die Aufsicht über sämtliche Wachen und andere Dienste; allzu viele Fehlzeiten verhinderten einen reibungslosen Ablauf. Die zurückgebliebenen Gemeinen nahmen es ihren Befehlshabern übel, wenn sie sich zu oft zur Wache eingeteilt glaubten, weil ganze Einheiten freigestellt worden waren.
    Ein Klopfen weckte ihn aus seiner missmutigen Grübelei, und in der geöffneten Tür stand Gaius Caelius Caldus, der vornehme junge Legionstribun der Achtzehnten, hinter ihm ein Gefreiter, der einen Stapel großer Doppeltafeln trug. Noch mehr Unterlagen, bemerkte Ceionius und stöhnte leise. Caldus’ schmale Lippen umspielte ein winziges Lächeln.
    »Ich komme wegen der Anordnungen für die kommenden Tage«, sagte er.
    Nickend richtete Ceionius sich auf, deutete einladend auf die zweite Kline. Das Lächeln auf dem Gesicht des Tribunen wurde heller, er setzte sich auf die Liege, während der Gefreite dem Lagerpraefecten die mitgebrachten Tafeln reichte. Ceionius nahm die Tafeln nacheinander vom Stapel, klappte sie auf, um die säuberlich geführten Listen zu überfliegen.
    »Das hat alles seine Ordnung«, murmelte er und winkte den Gefreiten hinaus, während ein herbeigeeilter Sklave dem Tribun die Stiefel auszog. »Dafür hättest du nicht selbst kommen müssen.« Mit einer knappen Geste gab er dem Sklaven zu verstehen, er wünsche etwas zu trinken.
    »Was führt dich wirklich zu mir?«, fragte er, kaum dass sie allein waren.
    Der junge Mann strich sich durch die kurzen Locken, die die Farbe reifer Kastanien hatten, und schaute Ceionius so lange an, bis dieser aufmunternd nickte. »Der Zustand der
einheimischen Hilfstruppen beunruhigt mich, Sextus Ceionius.«
    Verwundert hob der Lagerpraefect die Brauen. »Der Zustand der einheimischen Hilfstruppen? Ich wäre froh, wenn die Legionäre ihren Pflichten ebenso bereitwillig und gewissenhaft nachgingen, anstatt uns mit Urlaubsanträgen zu bestürmen. In diesen Tagen zeigen die Barbaren beileibe mehr soldatische Disziplin als unsere eigenen Leute!«
    »Praefect, das ruhige Verhalten der Barbaren widerspricht allem, was ich über sie erfahren habe«, setzte der junge Tribun nach. »Und das stimmt mich argwöhnisch.«
    Schmunzelnd nahm Ceionius den silbernen Henkelbecher aus der Hand des herbeigetretenen Sklaven und hob das Gefäß, um den Inhalt mit der Nase zu prüfen. Ein feiner Falerner lag golden im Becher, im rechten Maße verdünnt. Er kostete daran, schmeckte die Süße der Trauben, aber auch das lehmige Wasser. Der junge Tribun ihm gegenüber verzog kaum merklich das Gesicht.
    »Es ist das hiesige Wasser. Ich wünschte, wir befänden uns in bergigeren Gebieten mit besseren Quellen.« Ceionius setzte den Becher ab und fasste den Tribun ins Auge. »Was genau treibt dich zu mir, Gaius Caelius?«
    Der Angesprochene drehte dünn lächelnd den Becher in den Händen, nahm dann einen großen Schluck. »Die in der Germania ausgehobenen Hilfstruppen wurden während des Aufstandes in der Pannonia mit besonders harten Einsätzen betraut. Sie brannten die Felder nieder, raubten und schlachteten das Vieh und machten ganze Dörfer dem Erdboden gleich, um den Widerstand zu brechen. Das gelang ja auch, und den Germanen wurden zum Dank große Donationen, Urlaub und Beförderungen in Aussicht gestellt. Aber diese Versprechen wurden bislang nicht eingehalten.«

    »Und nun mutmaßt du, dass es unter den Barbaren heimlich gärt?«
    »Wie sollte das ausbleiben bei Männern, die zu derartig rohen Taten fähig sind und zugleich so großen Wert auf Ruhm und Ehre legen?«
    »Sie waren wilde Tiere und wurden gezähmt und an die Kette gelegt«, erwiderte Ceionius. »Jetzt dienen sie uns wie treue Hunde.«
    »Es sind keine Hunde, Praefect Ceionius, sondern Wölfe, und auch der treueste Hund wird heimtückisch, wenn die dargebotenen Leckerbissen immer wieder im Rachen des Herrn verschwinden.«
    Ceionius lachte leise. »Sie gehorchen ja vor allem ihren eigenen Anführern, und die wiederum sind uns treu ergeben. Hast du vergessen, wie sehr Arminius sich auf diesen Feldzügen hervortat? Er erhielt so viele Beuteanteile und Sonderzahlungen, dass ihm das den Eintrag in die Listen des Ritterstandes einbrachte. Aufgrund seiner Verdienste wurde er schließlich zum ritterlichen Tribun befördert, was andere, ebenso tüchtige Offiziere erst in weitaus höherem Alter erreichen.«
    »Aber ob sein Ehrgeiz dort endet?«
    Der
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