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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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Fidimini-Maus! Dingo! Pingu! Ich bin wieder daha!«, schrie Matilda mit ihrer Kreischkrähenstimme ihren Stofftieren und Puppen zu. Sie hatte wirklich viele davon. Und alle hatten blöde Namen. Auch ihre Tür fiel unsanft ins Schloss.
    »Hallihallo, Anita! Ich bin’s, Ulaya«, flötete Lailis Mutter, die unter Fußkettchen-Geläut ins Wohnzimmer verschwunden war, ins Telefon. Statt das Fenster zu öffnen, zündete sie drei Räucherstäbchen gegen die abgestandene Luft an. Ihr Lieblingsgeruch war Sandelholz. Laili fand, es sollte besser Sandel
stink
heißen.
    »Ja, wir sind wieder da! . . . Ja, es war einfach himmlisch!«, schwärmte Ulrike. »Nein, echt? . . . Das ist ja nicht zu fassen! Erzähl!« Und damit versetzte sie der Wohnzimmertür einen Tritt mit dem Schnabelschuh.
    Laili stand alleine da. Mit einem kratzenden Geräusch zerrte sie ihre hinkelsteinschwere Reisetasche über den Holzboden im Flur zu ihrem Zimmer und schloss ebenfalls die Tür hinter sich.
    Endlich zu Hause. Laili war heilfroh, wieder ihr eigenes Zimmer zu haben – nach drei Wochen Türkei-Urlaub, in denen Papa, Olaf, Mathilda und sie praktisch Tag und Nacht aufeinandergesessen waren. Nur Mama hatte sich abgeseilt und jeden Vormittag an einer Bauchtanz-Fortbildung teilgenommen. Sie war nämlich Bauchtanzlehrerin und hatte unten im Keller ihre eigene kleine Bauchtanzschule.
    Laili riss ihr Fenster auf und ließ sich aufs Bett fallen. Nach der langen Reise erst im Bus, dann im Flugzeug und zuletzt noch im Taxi war sie ziemlich erschöpft. Zufrieden sah sie sich in ihrem kleinen Reich um. Alles war ganz zauberhaft weiß: das Bett, die Tagesdecke, der Schrank, der Schreibtisch, die Wände, der dicke Flauscheteppich, der so schön an den Füßen kitzelte. Ein paar gar zu bunte Bücher in ihrem Regal hatte Laili sogar mit silberweißem Geschenkpapier eingebunden. Das war ihre Art, gegen die kunterbunten Wände in der übrigen Wohnung zu protestieren, die mit noch mehr kunterbunten Tüchern, Spiegeln, Lampions und Lichterketten behangen waren. Sie schleuderte ihre Flipflops von sich und streckte ihre langen Beine mit den langen Füßen mit den langen Zehen aus. Ihre Zehen fand sie voll doof. Die sahen aus wie dürre Finger. Und wie bei Fingern war die mittlere die längste. Ein gefundenes Fressen für ihren Bruder, der sich ständig darüber lustig machte. Genau wie über ihre Haare, die ihr rotbraun und strubbellockig vom Kopf abstanden.
Widerborsten
nannte Papa sie zärtlich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, weil er unheimlich stolz auf sein tolles, selbst ausgedachtes Wort war. Bei Olaf hatten sie ihr den weniger schmeichelhaften Namen
Wischmopp
eingebracht und die Jungen in der Schule sagten manchmal
Struppi
zu ihr. Nur Marvin aus ihrer Klasse hatte noch nie was Blödes gesagt. Dafür guckte er sie immer mit so einem treudoofen Hundeblick an. Fehlte nur noch, dass er hechelte wie Mathilda.
    Im Zimmer war es dunkler geworden. Laili sah auf. Draußen hatten sich dunkle Wolken zusammengeballt. Auf einmal zuckte ein Blitz über den Himmel und streckte seine Krakenarme aus, als wolle er sich etwas packen. Ein Haus? Einen Baum? Dann tat es einen gewaltigen Schlag und gleich darauf prasselte der Regen los. Dicke Tropfen platschten aufs Fensterbrett. Warum musste eigentlich immer so ein mistiges Mistwetter sein, wenn man aus dem Urlaub zurückkam? Laili schloss das Fenster und sah in den Vorgarten hinunter. Dort zwängte Frau Speckfett ihren dicken Hintern hektisch zwischen den Wäscheleinen hindurch und riss ihre Unterhosen-Hauszelte von der Leine. Ja, es war in der Tat ein schlechter Tag für Frau Speckfett – erst kamen die Nachtwehs und dann auch noch ein Gewitter. Papa ging gerade mit der Einkaufstasche durchs Gartentor und spannte seinen Regenschirm auf. Nach drei Wochen Urlaub herrschte im Kühlschrank gähnende Leere. Hinter ihm her schlurfte Olaf, der sich die Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht gezogen hatte. Für Regenschirme war er zu cool. Lieber sich nass regnen lassen. Aber wahrscheinlich ging er sowieso zu Atze, der nur zwei Häuser weiter wohnte. Atze war Olafs bester Freund und hatte während des Urlaubs seine Schlange gehütet. Wenn es nach Laili gegangen wäre, hätte Atze sie gern behalten können. Blödes Giftvieh!
    Laili ging wieder zurück zum Bett und begann, in ihrer Reisetasche herumzukramen. Sie schob TShirts zur Seite, Shorts und Jeans, zerrte ihren Kulturbeutel – oder
Kulburbedeutel
, wie Mathilda dazu
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