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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie
Autoren: Charlaine Harris
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Hexen abgibt«, erwiderte Carmichael. »Sie war noch nie in der Lage, ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht vollständig jedenfalls. Ich habe Erkundigungen über ihre ›Freunde‹ eingezogen, sehr diskret natürlich.« Er seufzte, und jetzt klang er nicht mehr nur wütend, sondern auch entnervt. »Ich weiß, dass diese Kräfte existieren. Und inzwischen glaube ich sogar, dass die Hexen sie wirklich haben. Wenn auch widerwillig. Aber wozu haben sie diese Kräfte genutzt? Die Mächtigste unter ihnen wohnt in einer Baracke .« Carmichael klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. »Meine Tochter könnte eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft dieser Stadt spielen. Sie könnte für mich arbeiten und alle möglichen wohltätigen Dinge tun, doch stattdessen lebt sie in ihrer eigenen kleinen Welt, zusammen mit ihrem Freund, diesem Loser. Genauso wie ihre Freundin Sookie. Aber das werde ich nicht auf mir sitzen lassen. Wie viele machtvolle Freunde kann eine Kellnerin schon haben?«
    Der Teufel sah nach links hinüber. Zwei Tische weiter saß ein kugelrunder Mann mit dunklem Haar ganz allein an einem mit Essen beladenen Tisch. Der Kugelrunde sah dem Teufel direkt in die Augen, ohne mit der Wimper zu zucken oder den Blick abzuwenden – das gelang nur wenigen. Nach einem sehr langen Augenblick nickten die beiden Männer einander zu.
    Carmichael starrte den Teufel wütend an.
    »Ich schulde Ihnen nichts mehr für Tyrese«, bemerkte der Teufel. »Und Sie sind auf ewig mein. Bei dem Kurs, den Sie zurzeit einschlagen, werde ich Sie vielleicht sogar früher als erwartet bekommen.« Er lächelte, dass es einem trotz seiner gelassenen Miene kalt den Rücken hinunterlief. Und dann stand er von seinem Stuhl auf und ging.
    Carmichael wurde sogar noch wütender, als er auch noch den Whiskey des Teufels bezahlen musste. Den Kugelrunden hatte er überhaupt nicht bemerkt. Der Kugelrunde ihn aber sehr wohl.

Kapitel 1
    Am Morgen, nachdem ich meinen Boss von den Toten auferweckt hatte, sah ich ihn nach dem Aufstehen halb angezogen in meinem Garten im Liegestuhl sitzen. Es war ungefähr zehn Uhr vormittags an einem Tag im Juli, und die Sonne hatte den Garten schon in strahlende Hitze getaucht. Sams wirre Locken leuchteten rotgolden. Er öffnete die Augen, als ich die Verandastufen hinunterstieg und durch den Garten auf ihn zuging. Ich war noch im Nachthemd und wollte lieber gar nicht daran denken, wie mein eigenes Haar aussah. Es war so ziemlich eine einzige wilde Mähne.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte ich ganz leise. Meine Kehle war heiser vom Schreien in der Nacht zuvor, als ich Sam im Garten des Farmhauses, das Alcide Herveaux von seinem Vater geerbt hatte, verblutend auf dem Boden liegen sah. Sam zog die Beine an, damit ich mich zu ihm auf den Liegestuhl setzen konnte. Seine Jeans war übersät von Spritzern seines eigenen getrockneten Bluts. Sein Oberkörper war nackt; das Hemd war wohl einfach zu widerlich, um es noch mal anzuziehen.
    Sam gab lange keine Antwort. Obwohl er mir stillschweigend erlaubt hatte, mich zu ihm zu setzen, schien ihm meine Gegenwart nicht willkommen zu sein. Schließlich sagte er: »Keine Ahnung, wie ich mich fühle. Irgendwie nicht wie ich selbst. Es ist, als hätte sich in mir was verändert.«
    Ich schauderte. Genau das hatte ich befürchtet. »Ich weiß … das heißt, mir wurde erzählt … dass die Magie immer ihren Preis hat«, sagte ich. »Ich dachte allerdings, ich würde diejenige sein, die dafür zahlt. Tut mir leid.«
    »Du hast mich ins Leben zurückgeholt«, stellte er emotionslos fest. »An den Gedanken muss ich mich wohl erst mal gewöhnen.« Er lächelte nicht.
    Ich rückte unbehaglich hin und her. »Wie lange bist du denn schon hier draußen?«, fragte ich. »Möchtest du einen Orangensaft oder einen Kaffee? Frühstück?«
    »Ich bin schon ein paar Stunden hier draußen«, erzählte er, »und habe auf dem Erdboden gelegen. Ich musste wieder Kontakt aufnehmen.«
    »Womit?« Ich war anscheinend doch noch nicht ganz so wach, wie ich gedacht hatte.
    »Mit meinem angeborenen Naturwesen«, sagte er langsam und bedächtig. »Gestaltwandler sind Kinder der Natur. Weil wir uns in so viele Geschöpfe verwandeln können. Das ist unsere Legende. Lange bevor wir uns mit den Menschen vermischten, so wurde erzählt, erschuf die Mutter alles Irdischen uns, weil sie sich ein Geschöpf wünschte, das so vielseitig ist, dass es jedes aussterbende Lebewesen ersetzen könnte. Und dieses
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