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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt
Autoren: Freda Warrington
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wie sollten sie an einem so weitläufigen Ort ihren Schatz finden?
    »Wohin jetzt?«, flüsterte sie.
    Matthew antwortete ihr mit lauter Stimme: »Du brauchst nicht zu flüstern. Da ist keiner zu Hause.«
    »Pst!«, keuchte sie erschrocken. »Woher willst du das wissen?«
    »Spürst du das denn nicht? Sonst würde man doch Musik oder einen Fernseher oder Leute sich unterhalten hören. Aber nichts dergleichen.«
    Seine Stimme hallte. »Sei still!«, zischte sie. »Der Anhänger wird in seinem Schlafzimmer sein. Dort würde ich ihn jedenfalls verstecken.«
    »Da ist eine Treppe«, sagte Lucas und zeigte darauf.
    Die breite Holztreppe knarrte unter ihren Schritten. Rosie spürte überall um sich herum das frostige Flüstern des feindseligen Reiches, wie die Schattenreiche, aber grausam und kalt. Aus dem Augenwinkel sah sie einen vierfüßigen Schatten neben ihnen einherschreiten; die Wahrnehmung war so deutlich, dass sie sich entsetzt nach ihm umdrehte – und dort nichts sah.
    »Was war das?«, flüsterte Matthew sinkenden Muts.
    Oben schien das Haus nur noch aus Korridoren zu bestehen, arktisches Licht auf Steinwänden. Wie sollten sie jemals das Schlafzimmer des Diebs finden? Sie würden hier gefangen bleiben, bis sie starben. Dies war ein fürchterliches Haus und es hasste sie.
    Sie bogen um eine Ecke in einen weiteren Durchgang ein, der sich endlos vor ihnen auszudehnen schien. Rosies Angst, Sam hier zu treffen, wurde zur Qual. Die Angst überstieg alles, als würden sie hier auf ein grausames Geistwesen stoßen und nicht auf einen Menschen. Wieder erhaschte sie einen undeutlichen Blick auf die Schattenwesen, die sie umgaben. Lucas griff nach ihrer Hand. Seine war eiskalt.
    »O Mist«, keuchte Matthew, der seine Angst nun nicht mehr verbergen konnte. »Das gefällt mir nicht. Wir müssen hier raus.«
    Noch nie hatte sie ihn derart verängstigt erlebt. Sein Entsetzen war ansteckend. Von oben drang ein schwaches Geräusch zu ihnen, wie das Kratzen von Klauen und ein schwaches animalisches Stöhnen. Dann hörte man am Ende des Korridors jemanden husten oder weinen. Sie blieben wie angewurzelt stehen, als eine Gestalt aus einer Tür trat und sie stechend ansah. Lucas jaulte vor Schreck kurz auf.
    Es war eine Frau. Eine Wahnsinnige, wie Rosie bemerkte, sobald sie sich ihnen zu nähern begann. Ihr Gesicht war bleich, ihre Augen funkelten bedrohlich und voller Zorn. Kräftiges, welliges schwarzes Haar ergoss sich über ihre Schultern. Sie war schwarz gekleidet: ein langer Rock unter einem weiten Mantel. In einer Hand trug sie einen Koffer, der ebenfalls bedrohlich wirkte, als enthielte er Folterinstrumente.
    Als die Erscheinung sie erreicht hatte, fiel ihr der Koffer aus der Hand und landete mit lautem Knall auf dem Boden. Offenbar hatte sie ihr Entsetzen bemerkt. Sie schien sich daran zu laben, wie Rosie fand, es zu genießen. Wäre da nicht das entsetzliche kalte Leuchten in ihrem Gesicht gewesen, hätte man sie als schön bezeichnet.
    »Weißt du denn, wo du hier bist, Kind?«, sagte sie und starrte dabei Rosie an. »Ist es die Spirale, das Elfenland, das Land der Feen? Oder das Traumreich, der Kristallring? Oder Dumannios, das Reich der Dämonen? All diese Kreise überlappen sich hier. Früher einmal nannte ich es mein Zuhause.« Ihr Blick schweifte über die Galerie. »Sieh nur, wie kalt dieses Königreich ist. Was da von den Balken fällt, ist kein Staub, es ist Eis. Geht, solange ihr noch könnt. Lasst euch nicht aufsaugen, sonst behält er euch hier, bis euch das Blut in den Adern gefriert.«
    Rosie sah ganz deutlich vier durchsichtige schwarze Schatten an ihrer Seite, große Hunde, Greifen, Löwen? Details waren keine auszumachen, es waren nur dunkle Gestalten, geisterhaft und bedrohlich. Der Augenblick zog sich in die Länge, wie ein Pfad, der ins Reich unbegreiflichen Wahnsinns führte. Diese Frau mit der bleichen Haut und den schwarzen Haaren war wie eine Zauberin, die Kinder mit Bonbons und Freundlichkeit lockte … bis der Schein verpuffte und ihr wahre Grausamkeit aufblitzte.
    Der Blick der Zauberin wanderte von Rosie zu Matthew und Lucas. Es war der Blick einer Irren. Ihre grünen Augen glänzten hell und glasig. Rosie spürte, wie der sich an sie klammernde Lucas zitterte.
    Dann schüttelte die Frau den Kopf und sagte: »Seid ihr gekommen, um meine Jungs zu besuchen?« Ihre Stimme war rau. »Tut mir leid, sie sind nicht hier. Sie sind wieder zur Schule zurück.«
    Als sie sie daraufhin verdutzt
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