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V wie Verrat

V wie Verrat

Titel: V wie Verrat
Autoren: Anna Schwarz
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schön, aber in ihrem Blick finde ich keine Tiefe, keine Reibung. Ohne Gegenwehr, ohne ein einziges Aufblitzen von Kampf lässt sie mich in ihren Kopf. Genau so schmeckt sie auch, schal und leer. Ihr Blut rinnt nichtssagend wie Wasser durch meine Kehle. Ich muss mich beinahe überwinden, sie ganz leer zu saugen.
    Das nächste Mal sollte ich warten, bis ich wirklich Durst habe.

Kapitel 2.
    Mac hatte mich abgesetzt und war ohne ein Abschiedswort wieder losgerast.
    Oben angekommen lief ich der aufgeregten Lin in die Arme, natürlich hatte Toni ihr alles brühwarm erzählt. Es dauerte eine Weile, bis ich sie wieder beruhigen konnte und sie mit dem Rat, Toni reinen Wein einzuschenken, zurück auf ihr Zimmer schickte. Wir würden uns sowieso in Kürze alle zum Essen treffen.
    Das hatte sich zu einer festen Tradition entwickelt, mindestens einmal pro Woche und auch Raphael gesellte sich oft dazu. Ich liebte diese Nächte, wenn sich alle um den großen Tisch versammelten und wir stundenlang redeten und lachten. Heute war mir aber ein klein wenig Bange davor, denn ich ging davon aus, dass Andrew daran teilnehmen würde und Lin sicher auch ihren Toni dabei haben wollte. Das war schließlich ihr gutes Recht.
    Sie hatte so lange gebraucht, um los zulassen und zu begreifen, dass es vorbei war. Vor allem, da er ohne eine weitere Erklärung einfach verschwand und sie mit tausend Fragen zurückließ. Tagelang kam sie nicht aus ihrem Zimmer, ließ noch nicht einmal mich hinein. Wochenlang schlich sie wie ein Geist im Bademantel durch das Haus, wurde immer blasser und dünner. Umso erleichterter war ich, als sie eines Abends frisch geduscht und gestylt im Wohnzimmer erschien und sagte: »Ich hab was von einer Party gehört. Können wir los?«
    Das war meine Lin!
    Sie rappelte sich immer irgendwie wieder hoch, das hatte sie nun schon mehrfach bewiesen. Allein deshalb gönnte ich ihr dieses neue Glück von ganzem Herzen und ich würde Andrew nicht erlauben, daran zu rütteln.

    Als Erstes verstaute ich meine Einkäufe, die Toni mir ins Zimmer gestellt hatte, danach machte ich mich ein wenig frisch, um nach unten zu gehen. Ich sah noch mal in den Spiegel. Andrew sagte die Wahrheit, ich sah gut aus - denn es ging mir gut. Ein paar letzte Bürstenstriche, ein Hauch Lippenstift und Parfüm. Das sollte für heute Abend reichen.
    Als ich aus der Tür trat, hörte ich schon Raphaels sonore Stimme und Lins helles Lachen. Ich war froh, dass er sich die Zeit hatte nehmen können. Seine ruhige, gelassene Ausstrahlung würde hoffentlich manche schwierige Situation heute Nacht in Schach halten können. Sie hatten es sich vor dem Kamin gemütlich gemacht. Tonis Arm lag um Lins Schultern und sie schmiegte sich an ihn. Bei meinem Anblick richtete er sich auf und versteifte sich sichtlich. Als er aber sah, dass ich alleine war und ihm zuzwinkerte, huschte ein erleichtertes Grinsen über sein Gesicht.
    »Raphael. Du untreue Seele. Wie lange warst du jetzt schon nicht mehr hier?«
    Er sprang auf und umarmte mich herzlich.
    »Anna! Liebes! Ich hab dich auch vermisst.«
    Wie jedes Mal, wenn ich ihn ansah, konnte ich nicht fassen, dass er schon Hunderte von Jahren hinter sich hatte. Da Vampire im Vergleich zu uns Menschen extrem langsam alterten, wirkte er wie ein immer noch sehr attraktiver und charismatischer End-Fünfziger. Seine hellgrauen, wachen Augen musterten mich eingehend und schienen mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Der feine Kranz aus Lachfältchen in seinen Augenwinkeln vertiefte sich mehr und mehr.
    »Wie schön, dass es dir gut geht.«
    Er küsste mich auf die Stirn und zog mich neben sich aufs Sofa. Während er mit Lin über Gott und die Welt plauderte und lästerte, wanderten meine Gedanken immer wieder zu Andrew. Raphael warf mir mehrmals einen kleinen Seitenblick zu.
    Nicht schon wieder.
    Auch wenn es nicht ihre Absicht war, manchmal dachten wir einfach zu laut. Dann war es ihnen fast unmöglich wegzuhören.
    Ok, dann übe ich eben doch heute.
    Ich suchte mir den nächsten markanten Gegenstand. Auf dem Tisch stand eine Vase mit einem üppigen Strauss Rosen und genau diesen prägte ich mir bis ins Detail ein. Das tiefe, intensive Rot, das an manchen Stellen der samtigen Blütenblätter so dunkel war, dass es fast schwarz wirkte. Die kräftigen Dornen, so spitz, dass man den Stich schon beim Ansehen fühlen konnte. Der sinnliche, berauschende Duft, der in der Nase kitzelte.
    Ich stellte den Strauss auf einen kleinen runden Holztisch in
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