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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition)
Autoren: Brian Keene
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zugestopft – schimmerten matte Lichter. Bei vielen der Häuser fehlten Dachziegel, und die Außenmauern wiesen dort, wo Ziegel abgebröckelt oder Bretter abgefallen waren, Lücken auf. An einigen prangten Graffiti von Straßengangs, die Kerri nicht einordnen konnte. Keines der Häuser besaß einen Vorgarten, es sei denn, man zählte die kluftigen Bürgersteige, aufgebrochen von den Wurzeln längst abgestorbener Bäume, dazu, aufgesprengt durch heiße Sommer und frostige Winter. Kakerlaken und Ameisen krabbelten auf dem abgesackten Beton zwischen Crack-Ampullen, Zigarettenstummeln und glitzernden Glasscherben umher. An den Randsteinen standen aufgerissene Müllsäcke, die ihren verrotteten Inhalt auf die Straße ergossen.
    Die Bürgersteige und Hauseingänge präsentierten sich verwaist, abgesehen von einer mürrisch wirkenden Gruppe Jugendlicher an einer Straßenecke etwa einen Block entfernt. Kerris Blick verharrte kurz bei ihnen, bevor er weiterwanderte. Die einzigen Geschäfte in der Straße waren eine Pfandleihe, ein Schnapsladen und ein Zeitungsstand. Alle hatten bereits geschlossen, schwere Stahlgitter verriegelten die Eingänge. Auch an den Wänden der Läden gab es überall Graffiti. Dasselbe galt für einige der Schrottkarren am Straßenrand. Ein paar der Fahrzeuge wirkten verlassen – zerschlagene Windschutzscheiben, ohne Reifen auf Zementblöcken aufgebockt, die Karosserien rostig und verbeult, die Stoßstangen herabhängend oder eingedrückt.
    Sie drehte sich in die andere Richtung, wo die Straße in einer Sackgasse zu enden schien. Im Anschluss an die Reihenhäuser folgte von Geröll übersäter Asphalt, als habe man die Gebäude in diesem Abschnitt abgerissen. Dort leuchtete das Mondlicht heller und die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos beleuchteten die Szene. Betonbrocken und verbogene Metallträger ragten aus den Trümmern. Dahinter stand ein einziges Gebäude, wesentlich größer als die übrigen Reihenhäuser. Der Architektur nach vermutete Kerri, dass es mindestens 100 Jahre alt sein musste. Wohl eines der ursprünglichen Gebäude in diesem Viertel, das schon dort stand, bevor man die Slums errichtet hatte. Vermutlich irgendwann mal ein echtes Schmuckstück. Mittlerweile glich es einer verkommenen Ruine, die sich in noch schlimmerem Zustand als die Reihenhäuser befand. Das Bauwerk schien am Ende der Straße zu lauern und sie bedrohlich zu beherrschen. Dahinter gab es ein leeres Grundstück, überwuchert von Unkraut und Gestrüpp, an das ein hoher, rostiger Maschendrahtzaun angrenzte. Kerri starrte das Haus an. Trotz der Hitze schauderte sie, als sie der unheimliche Eindruck ereilte, das verlassene Gebäude beobachte sie regelrecht.
    Tyler fluchte und schlug mit den Knöcheln gegen das Auto. Kerri lenkte die Aufmerksamkeit zurück auf ihre Freunde. Dabei fiel ihr auf, dass keinerlei Verkehr mehr auf der Straße herrschte. Sie waren plötzlich völlig allein.
    »Vielleicht sollten wir doch Stephs Eltern anrufen«, schlug Brett vor. »Es ist schon ziemlich spät und wir sind in einer üblen Gegend.«
    Tyler schaute zu ihm auf, öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, starrte dann stattdessen über Bretts Schulter. Kerri bemerkte, dass sein Gesicht zuckte. Sie und die anderen drehten sich um, weil sie sehen wollten, was seine Aufmerksamkeit erregte.
    Die Gruppe schwarzer Jugendlicher, die Kerri kurz zuvor gesichtet hatte, kam langsam auf sie zu. Die Jungen schienen etwa im selben Alter wie sie zu sein. Die meisten trugen entweder Sporttrikots oder Trägerhemden. Die nur von engen Gürteln und den Laschen der Basketballstiefel gestützten Hosen hingen ihnen fast bis zu den Kniekehlen hinab und entblößten die Boxershorts darunter. Ringe und Halsketten aus Gold vervollständigten die Aufmachung. Ein paar von ihnen trugen verkehrt herum aufgesetzte Basecaps. Der Vordermann trug ein schwarzes Tuch um den Kopf und funkelnde Goldringe in beiden Ohren. Er erinnerte Kerri an einen Piraten.
    »Oh Scheiße«, flüsterte Brett. »Was zum Geier wollen die?«
    Stephanie wimmerte leise. »Die werden uns ausrauben.«
    Brett nickte. »Das ist übel. Das ist echt verdammt übel.«
    »Beruhigt euch gefälligst«, meldete sich Javier zu Wort. »Geht ihr automatisch davon aus, dass sie uns ausrauben wollen, nur weil es Schwarze sind?«
    »Sieh sie dir doch an«, beharrte Brett. »Jedenfalls machen sie nicht den Eindruck, als wollten sie uns Pfadfinderplätzchen verkaufen.«
    Javier warf ihm einen finsteren Blick zu
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