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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition)
Autoren: Brian Keene
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alten Manns. »Ja, als ich anrief, sagten sie, sie wären bereits unterwegs. Wir sollten besser verschwinden, Mr. Watkins, finden Sie nicht?«
    Angel runzelte die Stirn, als er den anschwellenden Lärm aus dem Haus hörte. »Was zur Hölle ist das?«
    »Rufen Sie die Notrufzentrale an.« Perry nahm dem Besitzer der Autoschieberwerkstatt den Schneidbrenner ab und ging zurück in das Gebäude. »Sagen Sie denen, dass wir die Feuerwehr auch brauchen.«
    Perry regelte die Flamme herunter und zündete sich damit die Zigarette an. Er schloss die Augen und inhalierte tief.
    »Ah, herrlich.«
    »Sind Sie verdammt noch mal verrückt?«, brüllte Dookie. »Kommen Sie da raus, Mr. Watkins.«
    Perry schenkte ihm keine Beachtung. »Geht und tut, was ich sage. Ruft bei der Notrufzentrale an. Die sollen Feuerwehrwagen herschicken.«
    Ohne ein weiteres Wort regelte Perry die flackernde blaue Flamme höher und hielt sie an die Wand. Wie er vermutet hatte, fing sie trotz der hartnäckigen Feuchtigkeit in der Luft rasch Feuer. Perry versuchte, nicht an die verschwundenen Teenager zu denken. Der Zustand des Mädchens ließ befürchten, dass keiner von ihnen mehr lebte. Vermutlich hatte man sie auf ähnliche Weise abgeschlachtet wie Markus, Chris und Jamal.
    »Sie müssen tot sein«, flüsterte er an der Zigarette vorbei. »Sie müssen tot sein.«
    Im Versuch, sein Gewissen zu beruhigen, wiederholte er den Satz immer und immer wieder. Es musste einfach getan werden. Wie viele Jahre geißelte das Haus dieses Viertel bereits und hatte seine giftigen Wurzeln durch Beton und Stahl ausgebreitet? Wie viele Menschen waren im Lauf der Jahre darin verschwunden? Das musste ein Ende haben. Falls die Kids noch lebten – und das bezweifelte er stark –, würden sie seine letzten Opfer sein.
    Perry bückte sich und setzte den Läufer und den Holzboden in Brand. Er verspürte ein Gefühl tiefen Friedens, als sich die blutfleckigen Bretter erst schwärzten und dann Feuer fingen. Dichter Rauch stieg zu ihm auf. Das Prasseln des Feuers übertönte die Schritte und das Knurren. Perry erhaschte einen flüchtigen Blick auf etwas am oberen Treppenabsatz – eine kleinwüchsige, nackte Gestalt, grauenhaft entstellt. Dann wurde sie vom Qualm verhüllt. Er trat zurück und fuhr mit der Flamme des Schneidbrenners den gesplitterten Rahmen der Eingangstür entlang. Als er damit fertig war, gab er ihn Angel und Dookie zurück und scheuchte sie von der Veranda.
    »Ich dachte, ich hätte euch gesagt, ihr sollt die Feuerwehr rufen. Na ja, spielt wohl keine Rolle mehr. Ist sowieso das Beste, wenn wir den Kasten bis auf die Grundmauern niederbrennen lassen. Danach können wir immer noch anrufen.«
    Angel starrte ihn verdutzt an. Dookie schüttelte den Kopf und grinste.
    »Sie sind ein echt harter Motherfucker, Mr. Watkins.«
    »Danke. Aber hüte deine Zunge, Söhnchen. Gibt keinen Grund, meine Mutter da mit reinzuziehen.«
    Erst, als sie die Straße erreicht hatten und er Lawanda in den Armen hielt, drehte sich Perry um. Aus dem aufgebrochenen Eingang quoll dichter schwarzer und weißer Rauch. Die Flammen züngelten bereits in die Höhe, leckten über das Dach der Veranda und kletterten auf das obere Stockwerk zu. Er rechnete damit, dass das Feuer innerhalb von wenigen Minuten das gesamte Gebäude erfasste. Kurz glaubte Perry, am Eingang mehrere deformierte Schatten auszumachen, die sich verschwommen im wirbelnden Qualm abzeichneten, aber als er noch einmal hinschaute, waren sie verschwunden.
    Perry schob Lawanda und Dookie durch die Menge und ignorierte sämtliche Fragen, selbst die seiner Frau. Als sie bei Leo und dem Mädchen eintrafen, betrachteten sie das Inferno zu fünft.
    »Sie haben es angezündet?«, fragte Leo. »Werden die Bullen nicht rausfinden, dass Sie das gewesen sind, Mr. Watkins? Eine Menge Leute haben Sie dabei beobachtet.«
    »Mag sein«, erwiderte Perry und lächelte traurig. »Aber ich vermute, dass sie es für sich behalten werden. So läuft das hier.«
    »Stimmt«, pflichtete Dookie ihm bei. »Außerdem wird niemand den Schuppen vermissen.«
    »Wenn mich einer fragt«, sagte Perry, »behaupte ich einfach, dass ich nicht weiß, wer den Brand gelegt hat. Wir schiebenʼs auf einen der Mörder. Überhaupt ist das ein uralter und verrotteter Kasten gewesen. Eine echte Feuerfalle.«
    »Ja«, meinte Leo. »Das stimmt.«
    »Wie heißt es so schön?« Dookie kicherte. »Manchmal läuft’s einfach scheiße.«
    Plötzlich versteifte sich das Mädchen,
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