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Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)

Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)

Titel: Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
Autoren: Eileen Dreyer
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geladen hatte, er würde nicht zulassen, dass dieses Kind in die Schlacht geschickt wurde, um zu sterben. Jedenfalls nicht an diesem Tag.
    Der Junge warf stirnrunzelnd einen Blick über die Schulter, wo die Briten in ihren roten Uniformen langsam aus dem Nebel auftauchten. Er wirkte verwundert. Doch schließlich nahm er den Zettel entgegen. Dann salutierte er und rannte Richtung Nachhut davon.
    Der Captain wartete, bis der Junge aus der Schusslinie war, und strich seinen blauen Rock mit den roten Manschetten glatt. Noch einmal fuhr er über die Uniform, für die er so hart gearbeitet hatte, und setzte entschlossen den Tschako auf.
    »Also dann«, rief er den Männern zu, während er die Pistole zog. »Steht nicht herum wie Schafe. Der Feind ist im Anmarsch!«
    Gemeinsam machte die Truppe von Scharfschützen kehrt und lief im Gleichschritt durch den Nebel, der sich allmählich lichtete. Trompeten ertönten auf der Ebene. Auf den großen Pauken wurde der pas de charge gespielt. Tausende von Stimmen fielen laut in den Rhythmus ein: » Vive l’empereur! « Die Reihen von Soldaten setzten sich in Bewegung. Die Schlacht bei Quatre Bras hatte begonnen.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als anzugreifen.
    Gott, steh mir bei.
    Im Laufschritt folgte er seiner zerlumpten Truppe blau gekleideter Soldaten. Auf der Anhöhe wurde eine Linie von roten Uniformen sichtbar. Er hob die Pistole und feuerte.
    Ein Soldat in Blau bäumte sich auf und fiel.
    Er warf seine Pistole weg, hob seine Muskete und feuerte erneut.

Kapitel 1
    Brüssel
23:00 Uhr, Donnerstag, 15. Juni, 1815
    Jedes Beutetier weiß, wie wichtig eine gute Tarnung ist. Olivia Grace, die am Rand des überfüllten Ballsaals saß, wusste das besser als die meisten anderen. Aufmerksam wie eine Gazelle, die sich einem Wasserloch näherte, sah sie sich um.
    Olivia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Wasserlöcher. Sie hatte eindeutig zu viele Naturkundejournale gelesen. Nicht, dass es hier keine Raubtiere gegeben hätte. Es war beinahe unmöglich, sie zu übersehen mit ihrem leuchtenden Gefieder, den scharfen Krallen und dem aggressiven Verhalten. Und das waren nur die Mütter.
    Olivia hielt sich jedoch gut vor ihren Blicken verborgen. Getarnt in praktischem Grau, hatte sie vor der gemusterten Tapete an der Wand Platz genommen – eine von vielen anderen anonymen Anstandsdamen, die ihre Schützlinge im Auge behielten, während diese tanzten.
    Der Ballsaal, eine umgebaute Remise neben dem Haus, das der Duke of Richmond angemietet hatte, war sehr gut besucht. Soldaten in roten Uniformen wirbelten mit lachenden jungen Frauen in weißen Kleidern herum. In Rotbraun oder Aubergine gewandete Witwen, die alles im Blick hatten, zerrissen sich die Mäuler über die Anwesenden. Herren in schwarzer Abendgarderobe standen in Grüppchen am Rande der Tanzfläche und unterhielten sich über die bevorstehende Schlacht. Olivia war sogar die Ehre zuteilgeworden, den Duke of Wellington höchstpersönlich erblicken zu dürfen, als er in den Ballsaal gekommen war. Sein brüllendes Gelächter hatte sogar die Musik des Orchesters übertönt.
    Es schien, als wäre ganz London in den vergangenen Monaten nach Brüssel gekommen. Die Soldaten aus guten Familien waren natürlich aufgrund der neu erwachten Stärke Napoleons hier. Olivia war bereits auf die Lennox-Jungs, die Söhne des Dukes of Richmond, sowie den gut aussehenden, jungen Lord Hay in seiner roten Gardistenuniform hingewiesen worden. Der kräftige William Ponsonby trug die grüne Uniform der Dragoner, und der beeindruckende Diccan Hilliard hatte sich, wie es für Diplomaten üblich war, für einen schwarzen Anzug entschieden.
    Mit all den heiratsfähigen jungen Männern hier war es absurd anzunehmen, dass die Familien ihre hoffnungsfrohen Töchter zu Hause gelassen hätten.
    An diesem Abend hatte Olivias Dienstherrin darauf bestanden, sich selbst um ihre Küken zu kümmern. Olivia blieb also nichts anderes übrig, als vom Rand aus zuzusehen. Und genau das tat sie – sie sog alles in sich auf, die Farben, den Prunk, um ihrer lieben Georgie daheim in England später davon berichten zu können.
    »Ach, da ist ja auch Uxbridge, dieser Teufel«, flüsterte die Dame neben ihr und lächelte anzüglich. »Wie er es wagen kann, sich hier blicken zu lassen, nachdem er mit der Schwägerin von Wellington durchgebrannt ist …«
    Olivia hatte gehört, dass Uxbridge aus dem Exil zurückbeordert worden war, um die Kavallerie in die bevorstehende
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