Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unterwirf dich

Unterwirf dich

Titel: Unterwirf dich
Autoren: Molly Weatherfield
Vom Netzwerk:
Auszeit gewissermaßen, weißt du? Ich glaube, wir müssen reden. Unsere Erlebnisse teilen.«
    »Urlaub«, wiederholte sie. »Du meinst, richtig Ferien, eine Zeit ohne Regeln, ohne Bestrafungen, ohne Hilfsmittel …?«
    »Wenn du meinst, dass du es noch etwas aushalten kannst.«
    Er lächelte über den Blick, den sie ihm zuwarf.
    »Ja«, sagte sie. »Das halte ich aus.«
    Carrie
    Ich glaube, mir wäre es doch lieber gewesen, er hätte mir meine Rechte vorgelesen. Auszeit, das klingt sicher gerecht und gut, aber auch gefährlich.
    Nun, ich bin gerne mit ihm zusammen. Rede mit ihm, lache mit ihm, erzähle ihm triviale Dinge über mich. Teile mit ihm die Bedeutung, die Wörter für mich haben – hier, ich zeichne dir eine Karte meines Gebiets, das macht es so viel leichter für dich, mich mit deinen Truppen einzunehmen. Alle meine Botschaften entziffert, keine private Bedeutung mehr, keine Safe Words mehr.
    Trotzdem, er hat Recht, so sollten wir es machen. Ich sollte es als Experiment betrachten. Meine wissenschaftliche Ausbildung scheint in der dritten Klasse geendet zu haben, aber ich habe es geliebt, wenn wir Eisenspäne auf ein Blatt Papier geschüttet und beobachtet haben, wie sie sich im magnetischen Feld nach dem positiv und negativ geladenen Pol ausrichteten. Und so können wir die Stärke der Anziehungskraft testen. Ich gehe, wenn ich weiß, dass ich es kann, und ich bleibe, wenn ich weiß, dass ich es muss. Und ich weiß, was davon die Wahrheit ist – oder, wie ich meinem Sitznachbarn im Zug heute früh erklärt habe, ich werde wissen, wenn ich es weiß.
    Als wir uns eine Stunde später verabschiedeten, gaben wir uns darauf die Hand. Eigentlich wäre eine andere Geste passender gewesen für die Intimität, die auf der kurzen Reise zwischen Paris und Avignon entstanden war. Er war ein guter, mitfühlender Zuhörer, ruhig und überraschenderweise durch nichts aus der Fassung zu bringen, wie jemand, der ein Buch gelesen hat, lange bevor er den zugehörigen Film sieht. Er war der perfekte Fremde, in Ermangelung eines besseren Ausdrucks, der mich an der Grenze nur zögernd verließ. Und mich ermunterte, so tapfer zu sein, wie ich sein musste. Mach es richtig, drängte er mich mit den Augen. Sei gewiss.
    »Okay«, sagte ich in Erinnerung an den Handschlag am Morgen. »Klar.«
    Und plötzlich musste ich lachen: Wollten wir ewig hier stehen und verschlüsselte Botschaften austauschen? Dabei war doch der nächste Schritt so idiotisch einfach. »Urlaub klingt großartig, Jonathan. Aber er beginnt in deinem Hotelzimmer. Im Bett. Jetzt.«

    Jonathan
    Ein Teil von mir hätte auch am liebsten gelacht, vor allem bei ihrer Miene – oder vielmehr ihren vielen Mienen, da sie zwischen Selbstgefälligkeit und Ängstlichkeit hin und her schwankte. Ich nickte freundlich, als ob sie die Aussicht oder das Wetter gepriesen hätte, wobei ich mich angestrengt bemühte, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Oder das Unbehagen, das ihr augenblicklich folgte; wie lange hatte ich diese anderen, gefährlich drängenden Signale schon ignoriert?
    Still saßen wir im Taxi, eine kleine Distanz zwischen uns, beide gleichermaßen erstaunt über ihren Schritt. Wir berührten einander kaum. Ich meine nicht, dass wir uns nicht berührten; ab und zu überwand eine Hand diese kleine Distanz. Aber wir berührten uns selten. Wir warteten. Das Hotel hatte keinen Aufzug – umso besser, es hätte nicht funktioniert, wenn wir uns in einen dieser engen französischen Käfige gequetscht hätten.
    Wir stiegen die drei Stockwerke hinauf und betraten schweigend das Zimmer. Sie trat ans Fenster, öffnete es weit und blickte hinunter in den Hof, in dem die Geranien tiefrot und blassrosa in Kübeln blühten. Vögel zwitscherten, zwei junge Frauen nahmen die Bettwäsche von der Leine, die sie am Morgen aufgehängt hatten. »Nett«, sagte sie.
    Ich trat neben sie und zog die Vorhänge zu. Sie drehte sich zu mir um, und ich blickte auf ihren Hals. Sie trug keinen Büstenhalter – ihre weiße Bluse war so weit und undurchsichtig, dass man es nicht sofort sah. Aber ich wusste es natürlich. Ich blickte auf ihren Ausschnitt, auf den Spalt zwischen ihren Brüsten. Beinahe hätte ich die Hand ausgestreckt, um den Knopf zu öffnen. Aber dann hatte ich eine bessere Idee.
    Ich zog mein Jackett aus und warf es auf einen Stuhl. Pullover und Hemd folgten. T-Shirt. Ihre Mundwinkel zuckten ein wenig, als ich aus meinen Schuhen schlüpfte und meine Socken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher