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Unternehmen Hongkong

Unternehmen Hongkong

Titel: Unternehmen Hongkong
Autoren: Carter Brown
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nahm und zur Tür ging. Es war mehr ein Schweben als ein
Gehen — vorausgesetzt, man kann schweben und gleichzeitig die Hüften schwenken.
    Unter der offenen Tür blieb sie
stehen und blickte mich einen Moment an.
    »Falls Sie Ihren Entschluß doch
noch ändern sollten«, meinte sie, »können Sie mich im Oriental Hotel erreichen. Dort wohne ich .«
    »Ich glaube nicht, daß ich mich
anders besinnen werde«, erwiderte ich traurig.
    Die Tür schloß sich hinter ihr.
     
    Am nächsten Morgen um halb elf
weckte mich Charlie, mein chinesischer Boy. Ich setzte mich auf und nahm die
Kaffeetasse vom Tablett.
    »Wo, zum Teufel, warst du gestern abend ?« fragte ich ihn.
    »Es war mein freier Abend .« Er grinste verlegen. »Hatten Sie das vergessen, Chef ?«
    »Total vergessen«, bestätigte
ich. »Hier ist ein Mord passiert .«
    Er nickte nachdrücklich. »Das
habe ich gehört .«
    »Nimm den Teppich aus dem
Wohnzimmer und versuch, ihn gegen einen ohne Blutflecken einzutauschen«, befahl
ich ihm.
    »Ja, Chef.«
    »Aber erst etwas anderes. Fahr’
nach Aberdeen und suche Leung Kwan auf. Sag’ ihm, er soll so bald wie möglich
bei mir vorbeikommen .«
    »Ich soll ihn im Auto
herbringen ?«
    »Wer hat was vom Auto gesagt ?«
    »Chef!«
    Ich zahlte Charlie zwar ein
monatliches Gehalt, doch sein ganzer Lebensinhalt war der Wagen, den er mit
Wonne auf jene selbstmörderische Art zu chauffieren pflegte, wie sie bei den
Hongkong-Chinesen üblich ist.
    »Ich hab’ nur Spaß gemacht«,
tröstete ich ihn, und augenblicklich verschwand der Ausdruck tiefster
Bekümmerung von seinem Gesicht. »Natürlich kannst du den Wagen nehmen. Bring
Leung gleich mit zurück, wenn er da ist. Wenn nicht, dann laß ihm meine
Nachricht von den anderen ausrichten .«
    »Natürlich, Chef.« Charlie
steuerte auf die Tür zu.
    »Und sieh zu, ob du Miss Dove
erreichen kannst; ich möchte mit ihr sprechen .«
    Ich trank meinen Kaffee aus,
stand auf und hatte meine erste Zigarette angezündet, als Charlie wieder
auftauchte.
    »Sie ist nicht da, Chef. Ihr
Zimmer gibt keine Antwort .«
    »Okay«, sagte ich. »Dann fahr’
jetzt nach Aberdeen.«
    Als er gegangen war, nahm ich
eine Dusche, rasierte mich und zog mich an. Gerade als ich mir eine zweite
Tasse Kaffee einschenkte, bekam ich Besuch. Es war allerdings nicht die Person,
die ich erwartet hatte, sondern Unterinspektor Cross, der sich offenbar nach
mir sehnte.
    »Guten Morgen«, begrüßte ich
ihn. »Zum zweitenmal . Haben Sie etwas vergessen,
Inspektor? Die Leiche haben Sie mitgenommen, aber falls Sie jetzt wegen der
Blutflecken kommen, dann müssen Sie mir den Teppich bezahlen .«
    Er lächelte. »Guten Morgen, Mr.
Kane — zum zweitenmal . Ich wollte Ihnen nur einige
Fragen stellen. Es macht Ihnen doch nichts aus ?«
    Ich führte ihn ins Wohnzimmer
und machte es mir ihm gegenüber bequem. Er war noch jung, nicht einmal dreißig,
und sein Gesicht wirkte jungenhaft und unschuldig. Doch seine Augen straften
diesen Eindruck Lügen. Sein Akzent verriet noch die englische Schulbildung,
doch nach fünf Jahren in Hongkong war nichts unter der Sonne ihm mehr neu,
inbegriffen Andy Kane.
    »Wir stellen Ermittlungen über
diesen Carter an«, berichtete er mir. »Er ist erst vor zwei Tagen aus Manila
hier eingetroffen. Aus seinen Papieren geht hervor, daß er in Chicago lebte,
deshalb haben wir uns mit der dortigen Polizei in Verbindung gesetzt.
Vielleicht weiß man dort mehr über ihn .«
    »Ihre Logik flößt mir Ehrfurcht
ein, Inspektor«, versicherte ich.
    Sein Lächeln wurde noch höflicher.
    »Wenn man bedenkt, daß er sich
erst seit zwei Tagen hier aufgehalten hat«, fuhr er fort, »scheint es seltsam,
daß jemand einen Grund haben sollte, ihn zu töten. Sie sind ganz sicher, daß
Sie ihn nie zuvor kennengelernt haben, Mr. Kane ?«
    »Ganz sicher«, wiederholte ich.
    »Was immer auch der Grund für
seinen Besuch bei Ihnen gewesen sein mag, er muß von lebenswichtiger Bedeutung
gewesen sein«, meinte er nachdenklich. »Nicht nur für ihn, sondern auch für
seinen Mörder.«
    »Vielleicht haben Sie recht«,
sagte ich.
    »Sie sind in Hongkong bekannt,
Mr. Kane«, stellte Cross ruhig fest. »Sagen wir einmal, als ein Mann, der
gewisse Aufträge ausführt. Ich möchte wissen, ob Sie für Carter einen solchen
Auftrag ausführen sollten .«
    »Möglich.« Ich zuckte die
Schultern. »Ich hab’ keine Ahnung.«
    Er steckte sich eine Zigarette
an.
    »Ich frage mich, ob Carter
wünschte, daß Sie etwas für ihn
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