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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht
Autoren: Julia Arden
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dürfte das Defizit im Haushalt der Uni ja nicht ganz unbekannt sein.«
    Damit war eigentlich alles gesagt.
    Karen kehrte von einer Rohbauabnahme zurück. Der Termin hatte sich länger hingezogen als erwartet. Frau Stahmann, die bereits seit vier Jahren das Vorzimmer zu Karens Büro beherrschte und gleichzeitig so etwas wie ein guter Geist war, deutete mit einer vielsagenden Geste auf die offene Tür zu Karens Büro. Das hieß, dass drinnen jemand wartete. Karen zog überrascht die Augenbrauen hoch. Hatte sie einen Termin verpasst?
    »Soll ich Kaffee machen?« fragte Frau Stahmann.
    Karen nickte dankbar und ging hinein. Dort saß Miriam mondän in Karens Sessel hinterm Schreibtisch. Miriams gesamte Erscheinung drückte Noblesse aus – im Bewusstsein ihres bedeutenden Lebens zwischen Designerkleidern, Golfplatz und Publicity, das sie als erfolgreiche Modedesignerin führte.
    Karen lernte sie kennen, als sie das alte Landhaus von Miriams Vater restaurierte. Miriam kam oft zum Grundstück. Karen konnte heute nicht mehr sagen, wie es dazu kam, dass sie zusammen im Bett landeten. Ihre Beziehung währte nicht sehr lange. Zudem war sie sehr stark durch Miriams Besitzansprüche geprägt. Einer der Gründe, warum Karen sich ziemlich schnell wieder von ihr trennte. Das war vor gut fünf Monaten, aber Miriam verfolgte sie immer noch.
    »Hallo, Karen«, begrüßte Miriam sie gelassen.
    »Guten Tag, Miriam. Was führt dich hierher?« Karens Stimme klang reserviert.
    »Hast du deinen Anrufbeantworter gestern nicht abgehört? Ich möchte, dass du mein Atelier umbaust. Wozu hat man schließlich Freundinnen? – Du brauchst keine Angst zu haben. Ich verlange keinen Sonderpreis. Nur gute Arbeit.«
    »Ich habe deinen Anruf gehört. Aber ich halte das für keine gute Idee.« Das Manöver war zu durchsichtig. Miriam plante einmal mehr, sie in ihre Nähe zu ziehen, um dann zu versuchen, an ihre Beziehung anzuknüpfen.
    Entgegen ihrer sonstigen Art mit Absagen umzugehen, blieb Miriam erstaunlicherweise ruhig. »Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Karen. Glaube mir, es tut mir leid, dass ich mich die letzten Wochen so – so unmöglich benommen habe. Ich werde versuchen, deine Entscheidung, dich von mir zu trennen, zu akzeptieren, auch wenn es mir schwerfällt. Und ich möchte, dass wir wieder wie zwei normale Menschen miteinander umgehen.«
    »Das wäre mir natürlich auch viel angenehmer.« Karen blieb vorsichtig. Miriams Nachgiebigkeit war ihr nicht geheuer.
    »Na prima. Dann ist ja alles klar!« trällerte Miriam fröhlich.
    »Was ist klar?« Karen verstand nicht.
    »Du übernimmst den Umbau!«
    Miriams unerschütterliches Selbstbewusstsein zog keine Ablehnung in Erwägung. Was Karen anfangs noch faszinierte, weil sie es für Stärke hielt, entpuppte sich ziemlich schnell als kaum zu überbietende Arroganz und Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen.
    »Ich bin gerade in einem neuen Projekt stark eingebunden. Aber ich kann meinen Stellvertreter Ralf Gregor beauftragen«, bot Karen an.
    »Du gehst auf Distanz zu mir?«
    Karen seufzte. »Miriam, du kannst Gefühle nicht erzwingen. Weder so noch so.«
    Miriam nickte. »Schon gut. Wie du willst. Ich bin einverstanden. Ich hoffe nur, er bringt die entsprechenden Voraussetzungen mit. Du weißt, es ist nicht leicht, mich zufriedenzustellen.«
    Das Telefon klingelte. »Entschuldige.« Karen griff zum Apparat. »Candela«, meldete sie sich. Am anderen Ende war ein Moment Stille. Dann hörte Karen Sylvias Stimme.
    »Sylvia! Wie geht es Ihnen?« Karen fühlte, wie sie unter Miriams aufmerksamem Blick rot wurde. Doch dann widmete sie sich dem, was Sylvia ihr erzählte.
    »Elf Monate!? Das halte ich für absolut unrealistisch . . . Natürlich kann ich dem Argument folgen, aber, entschuldigen Sie, ich halte nicht so viel von derartigen politischen Entscheidungen. Das Ganze entwickelt sich zu einer Schleife ohne Ende: Hat man einmal das Unmögliche wahr gemacht, wird es immer wieder von einem verlangt. Aber damit sage ich Ihnen sicher nichts Neues. . . . Wir machen am besten schnellstmöglich einen Termin, und dann schauen wir uns die Sache gemeinsam an. . . . Morgen schon?« Karen blätterte in ihrem Terminkalender. »Sechzehn Uhr? Ja, das geht. . . . Gut, bis dann.« Karen legte auf.
    Miriam hatte Karen während des ganzen Gespräches aufmerksam beobachtet, und ihr war nicht entgangen, dass Karens Gesichtszüge plötzlich einen sanften Ausdruck angenommen hatten. Wer war diese
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