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Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Titel: Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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Fluss, und es sind unsere negativen Vorstellungen und Ängste, die zur Ver-unreinigung oder gar Vergiftung führen.
    Leng hatte in jenem Moment an Monika denken müssen, Monika Köhler aus der Nachbarschaft. Sie hatte zwei Häuser weiter gewohnt, war ein Jahr jünger als er und hatte, ohne ihr Wissen, die Säfte bei so manchem Sechzehnjährigen in der Gegend zur Wallung gebracht.
    Monika war dafür verantwortlich gewesen, dass er prompt eine Erektion bekam, sobald er sich mit ihr beschäftigte oder vielmehr mit dem, was er unter ihrem Pulli vermutete. Wen mochte es da überraschen, dass er während eines Zeitraums von fast zwei Jahren mit einem Dauerständer durch die Gegend lief. Erst als sie mit siebzehn die Ehefrau von Paul Wimmer wurde, eines um drei Jahre älteren Anstreichers, verlor er das Interesse an ihr und gewann schließlich seine Freiheit zurück.
    Wenn die Gedanken an Monika es geschafft hatten, einen solchen Einfluss auf seinen Körper zu nehmen und ihn zu einem sabbernden Trottel werden ließen, warum sollten dann nicht alle anderen Gedanken ebenfalls eine Wirkung haben.
    Leng schaute auf die Uhr und schüttelte angewidert den Kopf. Sein Ekel galt nicht der Leiche, sondern der Tatsache, dass er sich nach seinem warmen Bett sehnte. Stattdessen musste er hier draußen in der Kälte stehen, sich den eisigen Wind um die Ohren pfeifen lassen und eine mürrische, erweiterte Ausgabe von Marianne Sägebrecht befragen, die nicht aufhörte, zu nörgeln und sich darüber zu beklagen, Schwierigkeiten mit ihrem Arbeitgeber zu bekommen.
    Die Taschen des Toten, die er durchsucht hatte, bevor der Gerichtsmediziner dem Mann seine ganze Aufmerksamkeit widmen durfte, lieferten Leng keine wirklichen Erkenntnisse. Schlüsselbund, Papiertaschentücher, Mobiltelefon, Geldbörse, Mundspray, Kondome, Za hnstocher, Führerschein und Personalausweis gehörten fast schon zur Grundausstattung des modernen Mannes. Bei dieser Leiche fehlten zwar die Geldbörse und das Mobiltelefon, aber daraus den Schluss zu ziehen, der Tote sei das Opfer eines Raubüberfalls geworden, wäre zu voreilig. Und Leng zog ihn auch nicht. Ungewöhnlicher schien ihm da schon das Leinentaschentuch zu sein, das auf eine sehr akkurate Ehefrau schließen ließ. Er hatte es penibel zusammen gefaltet und noch unbenutzt in der rechten Sakkotasche gefunden. Der Hauptkommissar traute keinem Mann zu, mit einer solchen Akribie ein Stück Stoff zu bügeln, aber vielleicht ging er da zu sehr von sich selber aus.
    Er hatte bei Leichen schon alles Mögliche gefunden: Taschenlampen, Viagra, Nähutensilien, Ersatzsocken, Kokain, Haftpulver für die dritte n Zähne und Manikürsets. Am aufschlussreichsten war ein winziges Tagebuch gewesen, auf das er in der Jacke eines Toten gestoßen war und welches schließlich zur Verhaftung seines Mörders geführt hatte. In ihm hatte der Ermordete in kurzen Stichworten über seine amourösen Abenteuer Protokoll geführt, wobei sich seine Auswahl nicht am Geschlecht orientierte. Männer fanden sich in dieser Liste ebenso wie Frauen. Öffnungsfixiert hatte Lengs Sekretärin Maria diesen Typ Mann genannt. Die sind nicht an Charakteren interessiert, sondern an Höhlen, in denen sie ihren besten Freund versenken können.
    Er widmete sich wieder dem Sägebrecht-Double. Die Frau war durch die Stückelung des Verhörs äußerst irritiert.
    „Sie haben also niemanden in der Nähe des Opfers gesehen?“
    Sie sah ihn an wie jemand, den sie für nicht ganz richtig im Kopf hielt.
    „Nein, ich habe niemanden gesehen“, betonte sie noch einmal mit Nachdruck, um zu unterstreichen, dass er ihr die Frage vor wenigen Minuten bereits gestellt hatte.
    „Manchmal hilft eine Wiederholung der Erinnerung auf die Sprünge“, gab er mit einem Grinsen zurück.
    „Wollen Sie damit behaupten, ich würde Ihnen absichtlich etwas verschweigen?“ Vor Wut bekam ihr Gesicht eine dunklere Farbe.
    „Ich will gar nichts behaupten“, sagte Leng beschwichtigend, „aber in der Aufregung fällt es vielleicht schwer, sich an jedes Detail zu erinnern.“
    „Es gibt keine erinnerungswürdigen Details“, presste sie zwischen ihren Lippen hervor. „Die einzige Person, die ich außer mir in der Nähe der Leiche gesehen habe, war dieser blöde Taxifahrer, und wenn der mich erwischt hätte, gäbe es für Sie jetzt einen weiteren Mordfall.“
    „Na, jetzt übertreiben Sie aber.“ Leng ging die negative Weltsicht seines Gegenübers allmählich auf die Nerven, vielleicht
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