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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
Autoren: Ephraim Kishon
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die indiskrete Frage, wie unsere Regierung den explodierenden Schuldenberg zu tilgen gedachte, hatte der Regierungssprecher die beruhigende Antwort parat: »Einmal wird der Messias ja doch kommen.«
    Zur völligen Beruhigung trug dann das statistische Einwohneramt mit der vielversprechenden offiziellen Kunde bei, jedes Baby in Israel käme mit 5000 US-Dollar Auslandsschulden auf die Welt. Da aber andererseits der Fiskus jedem Neugeborenen die gleiche Summe schuldet, war das gesunde wirtschaftliche Gleichgewicht wiederhergestellt.
    Inzwischen hat sich aber glücklicherweise der Tourismus im Heiligen Land zu einer sprudelnden Einnahmequelle gemausert. Historische Gedenkstätten wie die zwei Sündenpfuhle Sodom und Gomorrha sind zu einem überlaufenen Eldorado für Urlauber geworden.
    Da das allein aber die leere Staatskasse nicht füllt, vor allem im Winter, suchte die Regierung nach weiteren vielversprechenden Geldquellen und wurde bei den Parksündern fündig. Dafür gab es zwar genügend Verkehrspolizisten, aber nicht genügend Autos. Es blieb dem Fiskus also nichts anderes übrig, als ein progressives Steuersystem einzuführen, wenn auch mit der Einschränkung, daß keiner mehr bezahlen muß, als er verdient. Der unschätzbare Vorteil dieses Systems war, daß der Staatsbürger keine komplizierten Formulare ausfüllen mußte. Der Steuerbescheid lautete ganz schlicht:
    Wieviel haben Sie in diesem Jahr verdient?
    Überweisen Sie uns diese Summe.
    Landeskundige könnten sich jetzt fragen, wie unter dieser Voraussetzung ein Wirtschaftswunder möglich wurde und niemand pleite ging, außer jenen jüdischen Vätern, die die Hochzeit ihrer Lieblingstochter finanzieren mußten. Es ist nämlich eine unserer schönsten alten Traditionen, daß für jeden jüdischen Papa die Eheschließung seiner Tochter die finanzielle Katastrophe schlechthin bedeutet. Zur Hochzeit wird zwar nur die Hälfte der Bevölkerung eingeladen, aber es kommen mindestens doppelt so viele.
    Man darf nicht vergessen: Unsere Lage wurde dadurch nicht leichter, daß unsere guten Nachbarn in schöner Regelmäßigkeit jedes fünfte Jahr einen neuen Krieg gegen uns führen. Bisher wurden sie zwar immer noch besiegt und gleich darauf von unseren amerikanischen Freunden gerettet, aber durch diese unfreiwillige Ertüchtigung sehen wir bis heute wie eine junge Nation aus, wenn auch nur deshalb, weil in der Armee kurze Haare vorgeschrieben sind.
    *
    Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, kurz in Erinnerung zu rufen, wie der Autor damals Israeli geworden ist.
    Es war im Jahr 1949, als ein ziemlich ramponiertes Sklavenschiff namens »Galiläa«, für 160 Passagiere gebaut und mit 3000 Einwanderern vollgestopft, im Hafen von Haifa vor Anker ging. An Bord drängelte sich auch ein magerer Junge, der trotz seiner meisterhaften Beherrschung saftiger ungarischer Flüche ziemlich verängstigt war.
    Es war Mitternacht, und als wär’s ein Horrorfilm, lag der Hafen dunkel und verlassen da. Zwar hatte die Einwanderungsbehörde der Hafenwache mitgeteilt, daß wieder ein neuer Pulk angeschwommen käme, aber es war keiner mehr da, um uns in Empfang zu nehmen. Der Hafenmeister war angeblich zu seiner ersten Frau nach Jerusalem gefahren und hatte uns dem Schicksal über-
    So blieben Tausende neue Emigranten hilflos an Bord und blickten mit gemischten Gefühlen zum Strand ihrer neuen Heimat hinüber. Sie erinnerten sich nur ungern daran, daß schon Moses das Gelobte Land lediglich aus der Ferne betrachten, aber nicht betreten durfte. Jede Epoche hat offenbar ihren eigenen Hafenmeister.
    So saßen wir verzweifelt auf unseren Koffern und zählten die Stunden. Die ökonomisch Veranlagten unter uns hatten sich auf die Landung sorgfältig vorbereitet. Mein Reisenachbar hatte in Genua noch kurz vor dem Auslaufen zwanzig Kilo Sicherheitsnadeln erworben, nachdem ein italienischer Wohltäter ihn davon überzeugt hatte, daß die Nadeln wegen des bekannten Sicherheitskomplexes der Juden als Mangelware exzellente Handelschancen in Israel hätten.
    Aus einem ähnlichen Grund hatte sich eine polnische Familie mit drei Kisten Weihrauch versorgt. Ich selbst war bei meinem Zwischenaufenthalt auf dem Schwarzmarkt des Wiener Rothschildspitals in den Besitz einer Second-hand-Maschine zur Erzeugung von Bakelit-Knöpfen gelangt, mit einem Produktionsausstoß von vier Knöpfen pro Minute.
    Meine Tante Ilka hatte mir zwar geschrieben, daß man sich zu jener Zeit in Israel nur durch Straßenkehren oder
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