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Und fuehre mich nicht in Versuchung

Und fuehre mich nicht in Versuchung

Titel: Und fuehre mich nicht in Versuchung
Autoren: Vera Bleibtreu
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möglich ist. Das ist kein Leben mehr. Das ist Quälerei, Folter, kaum noch Existenz zu nennen. Wenn jetzt einer käme, der das Opfer rächen wollte? Es wäre eine Erlösung, das Ende des Elends. Doch es kommt keiner. Niemand scheint die Stimme zu hören, niemand erkennt das Elend, die Hoffnungslosigkeit. Niemand erbarmt sich.

    * * *
    «Er sucht nach dem Mörder.» Arne trommelte mit den Fingern einen Tusch auf den Schreibtisch. «Wir hören sein Telefon ab, ich bin mir ziemlich sicher, er ahnt das, aber er macht kein Hehl aus seinen Bemühungen. Er spricht verschlüsselt, aber es ist klar, daß er alte Kontakte reaktiviert.»

    Tanja biß sich auf die Unterlippe. «Wen ruft er an?» fragte sie. «Das sind alles ausländische Handynummern. Es wird mindestens eine Woche dauern, bis wir herausgefunden haben, wer hinter den Nummern steckt, wenn wir es überhaupt rauskriegen. Ich wette mal, die Hälfte gehört Leuten von der CIA. Er fragt immer nach einer Person, es könnte aber auch eine Gruppe sein. Er fragt nach Salomon, aber, wie gesagt, das ist bestimmt ein Deckname. Und da er sich überhaupt keine Mühe macht, uns auszutricksen, sehe ich unsere Chancen, diesen Code zu knacken, im Bereich von unter 0,1 Prozent.» Tanja seufzte. «Glaubst du, er ist in Gefahr?» Arne zuckte mit den Schultern. «Jemand wie Jacobi lebt, glaube ich, immer gefährlich. Aber im Moment dürfte es schon brenzlig sein. Ich telefoniere zwar nicht täglich mit der CIA, aber ich glaube, solche Telefonate sind  nicht unbedingt gesundheitsfördernd.» Tanja sprang auf.
    «Wir müssen ihn daran hindern!» schrie sie. Arne schaute irritiert. «Spinnst du? Seit wann ist in der BRD telefonieren verboten? Jacobi bewegt sich völlig im legalen Bereich, jedenfalls soweit wir das verfolgen können. Es war schon schwer genug, den Antrag auf Überwachung seines Telefons durchzukriegen, mehr ist überhaupt nicht drin. Und ich glaube auch nicht, daß wir seine Anschlüsse noch lange überwachen können. Warum regt dich eigentlich die ganze Sache so auf? Der Mann ist erwachsen, wenn er unbedingt russisches Geheimdienst-Roulett spielen möchte, dann ist das doch seine Sache! Und wenn er uns auf die Spur unseres Mörders bringt, dann um so besser! Schließlich hat er die Kontakte, nicht wir.» Tanja stand immer noch mitten im Raum, sie fühlte sich wie eingefroren, völlig bewe-gungsunfähig. Arne starrte sie beunruhigt an. Sie spürte, wie sie rot wurde. «Du hast ja recht», sagte sie lahm und nahm vorsichtig wieder Platz. Möglicherweise könnten ihre Beine abbrechen oder ihre Arme. Sie hatte nicht mehr den Eindruck, Herrin über ihren Körper zu sein. «Und Wiebke Steinmann?» fragte sie, um irgend etwas zu sagen und von Jacobi abzulenken, sie konnte es gerade nicht noch einmal ertragen, seinen Namen zu hören, geschweige denn auszusprechen. «Die telefoniert auch», antwortete Arne. «Aber das weiß ich von ihr und nicht, weil wir ihr Telefon abhören, um die Genehmigung hab ich erst gar nicht nachgefragt.» Er lachte unfroh. «Den Anschluß des Ministers abhören, ich kann mir richtig vorstellen, was der Richter zu dem Antrag gesagt hätte. Aber es ist auch nicht nötig. Die eiskalte Lady ruft brav selbst an und fragt nach Neuigkeiten. Ihr Gatte ist allerdings aus dem Rennen. Zur fraglichen Zeit war er in Ruanda und hat sich über die ört lichen Fortschritte in Sachen Demokratie informiert. Er hätte natürlich auch einen Schergen anheuern und die schmutzige Arbeit für ihn erledigen lassen können, und Ruanda war dann das willkommene Alibi, aber obwohl ich Lobschütz nicht leiden kann: das kommt mir doch zu unwahrscheinlich vor. Und der Gattin auch, denn sie ruft nicht an, um den Ehemann ans Messer zu liefern, sondern um als erste zu erfahren, wenn wir den Mörder ihres Liebsten fassen. Wahrscheinlich möchte sie ihn unmittelbar schockfrosten.» «Sehr geschmackvoll, Arne.» – «Wieso?
    Ach ja, Vogel war ja auch eingefroren. Okay, dann eben nicht schockfrosten. Obwohl es bei ihr reichen müßte, daß sie den Täter mit ihren grünen Augen anschaut.» «Arne, du bist ekelhaft», sagte Tanja. «Und dir kann man heute überhaupt nichts recht machen», entgegnete Arne beleidigt. «Weißt du was, du kannst jemand anders mit deiner schlechten Laune nerven.» Wütend stand er auf und knallte vernehmlich die Tür hinter sich zu. «Blöder Affe!»
    sagte Tanja laut, aber sie wußte, daß Arne recht hatte. Sie war wirklich schlecht gelaunt und unerträglich.
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