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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein
Autoren: Roman Rausch
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K. noch fünf weitere Frauen bestialisch tötete. Das waren zumindest die, von denen die Ermittlungsbehörden wussten und die sie mit ihm in Verbindung bringen konnten. In allen Fällen folgte auf die Vergewaltigung die Verstümmelung der Opfer und schließlich der finale Machtbeweis, Herr über Leben und Tod zu sein. Das erregte diesen Menschen, machte ihn Gott gleich. Das war stärker als jede andere Droge – und barg eine hundertprozentige Rückfallquote in sich.
    Levy drückte die Stopp-Taste des Aufnahmegerätes und legte es neben das Keyboard. Auf dem Computerbildschirm wartete der Cursor auf die Eingabe der neuen Erkenntnisse, die Levy im Zuge seiner Forschungsarbeit an Serientätern in Deutschland sammelte. Er zögerte.
    Fügte sich die zwanghafte Tötung des Opfers als eigentlicher Höhepunkt der Vergewaltigung in das bekannte Profil von Sexualstraftätern nahtlos ein, oder übersah er etwas? Er machte es sich nicht leicht, ging vorsichtig mit den Selbstbeweihräucherungen von Serienstraftätern in den Interviews um, wägte Aussage und Bewertung gegeneinander ab.
    Doch für eine klare, zweifelsfreie Diagnose war es mittlerweile zu spät. Er hatte die Nacht durchgearbeitet und spürte, dass seine Konzentration nachließ. Der Morgen kroch zu ihm herauf ins elfte Stockwerk, einem zweihundert Quadratmeter großen Loft. Es war überaus geräumig, wies aber nur die allernotwendigsten Möbel auf. In derMitte eine Computeranlage. Sie diente ihm als Arbeitsplatz und als Kommunikationskanal zwischen ihm und der Welt draußen. Ansonsten standen im Raum nur noch ein Bett, ein Schrank, ein Tisch und zwei Stühle.
    Levy schloss das Programm und schaltete den Rechner in Standby. Er trank das Glas zur Neige. Der Alkohol hatte ihn wach, ruhig und arbeitsfähig gehalten. Jetzt war Feierabend, jetzt brauchte er nur noch ein Bad, um sich von der Gewalt und dem sinnlosen Töten zu reinigen. Das Gefühl, von den Worten und Taten der Serientäter beschmutzt zu sein, ließ sich anders nicht beseitigen.
    Während das Wasser einlief, steckte er seine Kleidung in die Waschmaschine und füllte viel Waschmittel ein, das der Kleidung einen frischen, unverbrauchten und vor allen Dingen reinen Duft geben sollte. Als die Maschine in den Hauptwaschgang schaltete und in das monotone, aber beruhigende Drehen verfiel, lag Levy bereits im Wasser und entspannte sich.
    Jede Drehung der Trommel entfernte ihn ein Stück mehr von Mord und Totschlag, reinigte Leib und Seele. So wie eine Mutter ihr Kind wäscht, trockenreibt und eincremt, bevor sie es zu Bett bringt.
    Doch Levys Mutter war nicht mehr da, genauso wenig wie sein Vater oder seine Geschwister. Er war mit zwölf Jahren Waise geworden. Seine Eltern waren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Aufgewachsen war er in Internaten, als Mündel eines Rechtsanwaltes. Die Erzieher hatten alles Mögliche versucht, um dem stillen und traurigen Jungen ein Heim und eine Heimat zu bieten. Levy schätzte sie dafür, wenngleich sie es nicht geschafft hatten, ihm die Traurigkeit auszutreiben. Heute waren die Stille und eine allzeit präsente Melancholie seine Wegbegleiter. Er hatte sich mit ihnen arrangiert.
    Kurz bevor er sich ausreichend bettschwer fühlte, riss ihn der Computer aus seinem Dahindämmern. Der Bildschirm, den er durch die Badezimmertür von der Badewanne aus sehen konnte, zeigte die Nummer eines Anrufers, den er lange nicht mehr gesprochen hatte. Er kämpfte mit sich, ob er dieser Stimme aus der Vergangenheit folgen sollte.
    Seine Neugier gewann die Oberhand. Er stieg aus der Wanne, nahm ein Handtuch und ging hinüber zum Kommunikationsterminal.
    «Was willst du?», fragte er, bemüht, den aufkeimenden Widerwillen zu unterdrücken.
    Der Anrufer zeigte sich diplomatisch. «Ich würde nicht anrufen, wenn es nicht wichtig wäre.»
    Levy setzte sich auf den Stuhl, beugte sich vor, hatte jetzt das Computermikro direkt am Mund. «Du hast nichts, was für mich wichtig ist», flüsterte er.
    «Ich denke schon», widersprach der Anrufer.
    Levy antwortete nicht, wartete, was noch kommen würde. Als die Pause sich streckte, löste er die Spannung. «Also dann, rede.»
    «Er ist wieder da.»
    «Wer,
er

    «Unser Mann mit den Eingeweiden.»
    Levy horchte auf. «Woher willst du wissen, dass er es ist und nicht ein anderer?»
    «Es ist wie früher. Was am Fundort rumliegt, ist identisch mit dem von damals. Außerdem befindet sich der Fundort an einem Flusslauf. Exakt so wie damals.»
    Damals
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