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und ein Kater mit Koepfchen

und ein Kater mit Koepfchen

Titel: und ein Kater mit Koepfchen
Autoren: Usch Luhn
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geschlossene Hundetasche aus dem Treppenhaus, stellt sie vorsichtig auf mein Bett und zieht den Reißverschluss auf. „Hier“, sagt er und guckt ein wenig schuldbewusst. „Er war vorübergehend bei mir untergeschlüpft. Vermutlich zu viel Action, zu viele quietschende Weiber.“
    Ich beuge mich erwartungsvoll über die Tasche. „Tatze!“, kreische ich in allerhöchster Lautstärke los. „Tatze! Du süßer kleiner Tatze, endlich bist du wieder da!“ Ich zerre den Kater aus der Tasche und quetsche ihn überglücklich an mich.
    Jonas zieht eine Augenbraue hoch – das kann er fast so gut wie Mama – und seufzt. „Siehste. Genau das meine ich. Der kleine Kerl brauchte dringend mal etwas Ruhe.“
    Eigentlich bin ich total sauer, dass Jonas nichts gesagt hat. Andererseits freue ich mich irre, dass Tatze nichts passiert ist. Und noch mehr bin ich erleichtert, dass Jonas wieder mit mir spricht. Deshalb kann ich gar nicht so böse gucken, wie ich es gerne würde.
    „Also, Maxie. Noch mal“, sagt Jonas und hat einen ganz seltsamen Blick, den ich nicht einordnen kann. „War der Rap ernst gemeint?“
    „Häh?“
    Dieses Wort wird einmal in die Geschichte der gemeinsamen Lieblingswörter von Jonas und mir eingehen. Da bin ich ganz sicher. Keine drei Buchstaben drücken besser aus, was man denkt und wie man sich gerade fühlt.
    „Häh?“, wiederhole ich.
    „Krähenfuß“, sagt er schließlich. „Klingelt irgendwas?“
    Mir wird schlagartig heiß und kalt zugleich.
    „Öhm, ja klar. Kein Problem. Dafür musst du dir jetzt gerade aber eine Leiter holen. Herr Schiller ist nach dem heutigen Vormittag ein wenig nervös und hat sich ganz nach oben unter das Dachkreuz verdrückt. Ziemlich wacklige Sache, da hochzuklettern.“ Ich zucke entschuldigend die Achseln und drücke Tatze so fest an mich, dass er genervt seine Krallen ausfährt.
    „Okay“, murmelt Jonas. „Also kein Krähenfuß. Und was ist dann mit dem versprochenen Maxie-Kuss?“
    Atmen, höre ich Kassia in meinem Kopf. Einfach ganz langsam einatmen und wieder ausatmen. Einatmen und wieder ausatmen. Einatmen und wieder … Mir wird schlagartig total schwindlig.
    „Maxie?“, dringt Jonas’ Stimme an mein Ohr. „Ich glaube, wenn du noch mehr Luft holst, kriegst du einen Sauerstoffkoller.“ Sein Gesicht kommt meinem immer näher und sein Mund natürlich auch. „Maxie-Kuss?“, fragt er leise.

    Ich nicke.
    Kurz bevor sich unsere Lippen treffen, mache ich schnell die Augen zu. Sonst wird mir die Sache doch zu peinlich.
    Jonas’ Mund schmeckt weder nach Mama noch nach Linus. Auch nicht nach Himbeeren oder sonst irgendetwas, das ich kenne. Aber ehrlich gesagt: Ich finde ihn total lecker.
    Ich klopfe mit dem linken Fuß den Sekundentakt mit, denn diesmal will ich auf jeden Fall über zehn kommen. Und weil ich nach zehn immer noch nicht raus habe, was mir an dem Kuss mit Jonas so gut gefällt, küsse ich ihn einfach weiter.
    Auch mit der Luft ist das kein Problem und überhaupt ist Jonas zu küssen viel einfacher und schöner, als ich es mir vorgestellt habe.
    Wenn es nach mir ginge, müssten wir nie mehr damit aufhören, na, zum Essen und Trinken vielleicht. Aber Hunger und Durst werde ich erst in hundert Jahren wieder haben. Ganz sicher. Jonas scheint das ähnlich zu sehen.
    Aber dann hören wir etwas sehr Merkwürdiges. Und das bringt uns dermaßen aus dem Takt, dass wir unseren Dauerkuss wenigstens für einen Augenblick unterbrechen.
    Es ist der durchgeknallte Stubentiger. Er schnurrt. So laut, dass man davon Ohrensausen kriegt.
    Irgendwie ist das so verrückt, dass Jonas und ich erst einmal stundenlang lachen müssen. Nach unserer Lachorgie fehlt uns die Luft zum Weiterküssen, aber das ist ja egal. Morgen ist auch noch ein Tag, und dann kommt noch einer und immer so weiter. Ich mag Jonas und er mag mich. Und das ist einfach nur total schön. Ich finde, so könnte es für immer und eine halbe Ewigkeit bleiben.
    Ach so: eine Sache noch. Mit dem Amerika-Plan war nach diesem Kuss Schluss. Erst einmal. Denn momentan findet es Jonas mit der Pfeffer-Buntschuh-Bande mindestens genauso aufregend wie jenseits des Ozeans.

© Foto: privat
    Usch Luhn wuchs in der Steiermark in Österreich auf. Schon als kleines Kind hat sie sich unheimlich gerne Geschichten ausgedacht. Nach dem Abitur zog sie nach Berlin und studierte an der Freien Universität Berlin Kommunikationswissenschaften. Danach arbeitete sie einige Jahre beim Radio und beim Kinderfernsehen.
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