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und ein Kater mit Koepfchen

und ein Kater mit Koepfchen

Titel: und ein Kater mit Koepfchen
Autoren: Usch Luhn
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Nee, heute ist kein Glückstag. Weder für mich noch für alle, die mir begegnen.
    Das hindert mich aber nicht daran, mein Zimmer, also jetzt natürlich Jonas’ Zimmer, zu entern. Er sitzt immer noch genauso versunken am Tisch wie eben und schreibt mit einem Füller etwas in ein dickes Heft.
    „Ich hab dich erwischt!“, brülle ich und hechte in seine Richtung.
    „Spinnst du?“, schreit er erschrocken und presst das Heft an seinen Bauch.
    „Zeig her!“, rufe ich und reiße es an mich. Ja, ja, ich weiß es selbst. Nett ist anders. Aber wie ich schon sagte: Heute ist einfach nicht mein Tag.
    Tagebuch
    steht in einer Schnörkelschrift, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, als Überschrift auf der Seite. Und darunter … ungläubig fange ich an zu lesen.
    „Nee, oder?“, kreische ich los. „Das ist jetzt nicht wahr, oder?“ Ich schmeiße mich auf den Boden, weil ich wie verrückt lachen muss.
    „Das ist der coolste Tagebucheintrag, den ich je gelesen habe“, quietsche ich und wische mir die Tränen aus den Augen. „Damit wirst du direkt eine Klasse zurückversetzt.“
    Unter der Überschrift steht mindestens dreihundertmal dasselbe Wort:
    Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch,
Tagebuch, Tagebuch, Tagebuch.
    Über die ganze Seite.
    „Sehr witzig“, knurrt Jonas ertappt. „Und was hast du so Tolles geschrieben?“
    Ich lege sein Heft mit einem entschuldigenden Blick zurück. Ich hasse es ja selbst wie die Pest, ausgelacht zu werden. „Ganz ehrlich? Gar nichts. Ganz und gar nix. Mir fällt einfach nichts ein. Ich setze bereits Spinnweben an. Beim Nachdenken.“
    Jetzt muss Jonas erst einmal eine ganze Weile lachen. Und dabei macht er ein ziemlich erleichtertes Gesicht.
    „Das ist aber auch wirklich nicht leicht bei uns“, verteidige ich mich. „Ständig stören mich meine Geschwister und dein Vater haut so laut in die Tasten, dass ich gar keinen klaren Gedanken fassen kann. Jetzt spielt er schon mit Herrn Schiller im Duett.“ Ich setze mich auf Jonas’ Schreibtisch und starre aus dem Fenster – zur Abwechslung hinüber zur Villa. Da meine Dachkammer eine Etage höher liegt als dieses Zimmer, kann Jonas von hier aus nicht viel erkennen, stelle ich zufrieden fest.
    „Und was machen wir nun?“, fragt er ratlos. „Auf Sitzenbleiben habe ich echt keine Lust.“
    Ich schüttle energisch den Kopf. „Frag mich mal.“ Ich hole tief Luft. „Also doch die Briefe?“ Jetzt ist es raus.
    Jonas’ Augen werden vor Schreck kugelrund. „Du meinst, im Ernst?“, stöhnt er.
    Ich nicke.
    Jonas denkt eine ganze Weile nach. Dann nickt auch er.
    Wir reichen uns die Hand.
    „Aber die darf echt kein anderer lesen außer Frau Glöckner“, sagt er mit Grabesstimme. „Sonst sind wir geliefert.“
    „Sonst sind wir geliefert“, wiederhole ich. „Sonst denken die anderen womöglich, wir sind ein L…“
    Wir schaudern gleichzeitig. „Und das darf auf gar keinen Fall passieren!“

Gerade als ich wieder aus dem Hexenhaus – also dem Haus der Pfeffers – spaziere, um mit dem ersten Brief loszulegen, taucht unser Briefträger auf. Er winkt mir mit einem dicken Umschlag freundlich zu.
    „Für mich?“, frage ich aufgeregt. Es kommt nicht wirklich oft vor, dass ich einen echten Brief bekomme. Also nicht so ein Gekritzel wie das, was Frau Glöckner Jonas und mir aufgedrückt hat.
    Die meiste Post ist für unsere Mutter – Fachzeitschriften über Kaninchen, Springmäuse und sonstiges Getier. Oder Rechnungen, die sie immer mit einem Seufzer öffnet.
    „Leider nicht!“, antwortet der Briefträger bedauernd. „Ist für deinen Freund Jonas. Direkt aus Amerika. Den gebe ich ihm mal persönlich“, fährt er mit einem skeptischen Blick auf den zugemüllten Briefkasten fort. „Ist vielleicht wichtig.“
    Ich werde knallrot. Nicht wegen des vollen Briefkastens oder weil er gegen das Briefgeheimnis verstößt, indem er mir verrät, wo der Brief herkommt, sondern weil er Jonas als meinen Freund bezeichnet. Erwachsene haben wirklich nicht den Durchblick und vor allem kapieren sie nicht, wann sie peinlich sind.
    „Jonas ist mein Kumpel“, sage ich strafend.
    „Alles
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