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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück
Autoren: dtv
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begriffen hatte, dass er sein Auto heute nicht mehr auslösen konnte, tat
     er mir schon fast ein bisschen leid.
    Ziemlich ratlos hing er den Hörer ein. »Die sagen, es ist jetzt nach sechs, da ist keiner mehr auf dem Gelände. Was mach ich
     denn jetzt?«
    Ich konnte es mir nicht verkneifen. »Das hätten Sie sich vielleicht eher überlegen müssen, wenn Sie ihre Karre so einfach
     im Weg stehen lassen.«
    Sofort wurde er wieder zum arroganten Arschloch. »Klar, typisch Frau, muss immer noch darauf rumhacken.«
    »Ich kann dann ja gehen«, sagte ich zuckersüß. »Ru fen Sie sich ein Taxi, lassen Sie sich in ein Hotel bringen, und morgen früh kriegen Sie dann Ihr Auto wieder undkönnen zurück an die Waterkant fahren. Moin, moin, wie der Norddeutsche sagt.«
    »Aber ich hab alles in meinem Auto«, gestand er, »mei ne Kreditkarten, mein Gepäck   …«
    »Pech für Sie.«
    »Und meine Medikamente   …«
    Verflixt. Hätte er doch nicht die Medikamente erwähnt. Schließlich war er heute hier im Krankenhaus gewesen. Im Augenblick
     sah er auch recht mitgenommen aus. Ich konnte ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen, zumal Tante Paula mich lynchen
     würde, wenn sie das mitkriegte. Wenn er morgen wegen der fehlenden Medizin im Koma lag, wäre das meine Schuld   …
    »Also gut«, seufzte ich, »dann kommen Sie mit. Ich nehm Sie mit nach Hause, Sie können bei mir übernachten, und mein Nachbar
     ist Apotheker, mit dem können wir gleich sprechen.«
    »Vielen Dank«, sagte er, wieder ganz manierlich, »ich wusste doch, dass Sie ein gutes Herz haben.«
    »Wer weiß«, brummte ich. »Vielleicht ist es auch nur eine weiche Birne.«
     
    Wovon ich kurze Zeit später schon wieder überzeugt war. Nicht nur, weil sich der eingebildete Herr Mäderle darüber mokierte,
     weshalb ich so eilig nach Hause musste und nicht bereit war, unterwegs noch an diversen Geschäften vorbeizufahren, wo er sich
     behelfsmäßig ausstatten wollte. Ein bisschen Bares hatte er offensichtlich doch bei sich.
    Ich versicherte ihm, dass ich eine Zahnbürste für ihn hätte, aber jetzt zuhause einen Termin wahrnehmen müsste.
    »Fußpflege? Sie muten mir zu, in meiner Unterwäsche zu schlafen, weil Sie eine Fußpflegerin bestellt haben?«
    »Von mir aus können Sie einen Schlafanzug von meinemSohn haben«, fauchte ich. »Aber wenn meine Podologin mich gleich nicht antrifft, dann kriege ich so schnell keinen Ersatztermin.
     Und ehrlich gesagt, mir reicht schon die Schramme an meinem Auto. Ich habe keine Lust, Ihretwegen auch noch wochenlang mit
     einem Hühnerauge rumzulaufen.«
    Er knurrte etwas, das wie »zoologisches Wunder   – Zicke mit Hühneraugen« klang, aber er war nicht bereit, es zu wiederholen, weil wir gerade an einer Kreuzung halten mussten
     und er vermutlich befürchtete, ich würde ihn aus dem Auto werfen. Schweigend fuhren wir zu mir nach Hause, wo wir zeitgleich
     mit der Fußpflegerin ankamen, die zu jung war, um den berühmten Jan Hörnum zu erkennen. Ich zeigte ihm kurz, wo sich Gästezimmer,
     Bad, Küche und Fernseher befanden, schnappte mir das schnurlose Telefon und überließ mich erst mal den kundigen Händen von
     Frau Mertens.
    Während sie meine Fersenhornhaut reduzierte, rief ich meinen Nachbarn Klaus an. Er war noch in der Apotheke und ganz Ohr,
     als ich ihm mein Anliegen schilderte.
    »Du hast Jan Hörnum bei dir zu Gast? Er übernachtet freiwillig in deinem Gästezimmer?«
    Das klang, als sei mein Gästezimmer eine Guantanamo-Zelle. »Ganz freiwillig vielleicht nicht, aber ich hab ihn auch nicht
     als Geisel genommen. Können wir gleich noch vorbeikommen wegen der Medikamente, die er braucht?«
    »Im Prinzip ja«, sagte Klaus. »Aber wenn Romy hört, dass ich Jan Hörnum bedient hab, ohne dass sie ihn zu sehen gekriegt hat,
     dann könnte das das Ende unserer Ehe sein. Also kommen wir lieber gleich eben rüber und klären das bei dir. Ich bringe auch
     eine Flasche Wein mit.«
    Das klang nicht schlecht, zumal ich dann nicht gezwungen war, den Abend mit diesem Blödmann alleinzu verbringen. Überhaupt verstand ich jetzt schon nicht mehr, wie ich dazu gekommen war, ihn zu mir einzuladen. Normalerweise
     tu ich so was nicht. Es musste damit zusammenhängen, dass ich mich in Tante Paulas Krankenzimmer so überflüssig gefühlt hatte.
     So hatte ich wenigstens mal aktiv was getan. Mehr oder weniger entspannt steckte ich meine Füße in das Fußbad, das Frau Mertens
     für mich bereitet hatte, und versuchte
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